Jetzt ist die Stimmung zuhause so gut und entspannt wie die Luft nach einem reinigenden Sommergewitter”, so hat mir ein Jungbauer seine Eindrücke nach einer Konfliktlösung beschrieben. In Bauernfamilien wird verhältnismäßig wenig über die gegenseitigen Erwartungen, Ziele und Wünsche gesprochen. Dabei sind Betrieb und Familie so eng miteinander verwoben. Dieses Ineinandergreifen von den unterschiedlichen Lebensbereichen ist einerseits eine Stärke der Familien-betriebe, andererseits Potenzial für “dicke Luft”, Missverständnisse und Konflikte bis hin zum Nährboden für schwierige Hofübergaben. Der Bauernhof ist zudem oft der gemeinsame Wohnbereich. Mit dem Wunsch nach mehr Wohnqualität und Privatsphäre spielen nicht selten als letzten Ausweg so manche Jungbäuerinnen und Jungbauern mit dem Gedanken vom Hof wegzuziehen. Bezeichnend dafür war die Aussage einer Bäuerin zu ihrem Sohn: ” Ja Bua, wieso sagst du denn nie was?”, bei einem Mediationsgespräch als das zukünftige Jungübernehmerpaar ihre unbefriedigende Wohnsituation geschildert hat, da sie keinen eigenen Platz am Hof haben und nicht noch Jahre bis zur Hofübergabe mit dem Umbau ihrer Wohnräume warten wollen.
“Durchs Redn kemman d‘Leit zam”
Viele Kleinigkeiten, meist nur Störfaktoren, stauen sich bei den Betroffenen an und werden in Summe als unerträglich empfunden. “Dann war‘s dann schließlich zu viel.” – ein Satz, den ich als Mediatorin häufig zu hören bekomme. Wie in vielen Lebensbereichen gilt ganz im Besonderen auf unseren Bauernhöfen diese Weisheit: “Durchs Redn kemman d‘Leit zam.” Wichtig dabei sind ein respektvoller, wertschätzender Umgang und die Gesprächsbereitschaft aller Beteiligten. Viele Bäuerinnen und Bauern waren nach einer Mediation erstaunt, wie schnell und sachlich viele Themenbereiche des Zusammenlebens und Zusammenarbeitens mit einem neutralen Mediator besprochen wurden und Lösungen erarbeitet, die von allen umgesetzt und gelebt werden. Auch sorgen die Mediatoren dafür, dass keine Themen unter den Tisch fallen sowie alle Ergebnisse schriftlich festgehalten werden.
Tipps aus der Praxis mit Bauernfamilien
- Klarheiten über die Mitarbeit am Hof schaffen. Wichtig ist, offen über die gegenseitigen Erwartungen zu sprechen. In vielen Fällen kann sogar eine Regelung mit Einbezug der betrieblichen Arbeitsspitzen zu Freizeit, Wochenende und Urlaubsmöglichkeiten erreicht werden.
- Wer trifft die Entscheidungen am Hof beim Alltagsgeschäft, bei größeren Investitionen und der Betriebsausrichtung? Offene Gespräche über Kompetenzen sorgen für Klarheit und Verständnis.
- Aufgaben und Verantwortlichkeiten an den Nachfolger aufzuteilen, bedeutet auch jemand etwas zuzutrauen. Dadurch steigert sich auch die Motivation und Freude bei der täglichen Arbeit.
- Rechtzeitig Gespräche über eine zukünftige Hofübernahme führen. Auf keinen Fall soll dies auf die lange Bank geschoben werden oder gar ein Konkurrenzdruck zwischen den potenziellen Hofübernehmern geschürt werden.
- Nicht außer Acht lassen sollte man bei diesen Gesprächen auch Bereiche wie die Gartenbenützung. Hier können schon im Vorfeld mögliche Konflikte vermieden werden.