Brexit: Verkraftbar für den EU-Agrarhaushalt

Vor allem die Börsen und das Selbstverständnis der führenden Europapolitiker werden durch die Abstimmung in Großbritannien für einen Austritt aus der Europäischen Union gründlich durchgerüttelt. Die Auswirkungen auf den EU-Agrarhaushalt sin

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Rund 52 Prozent der Bewohner des Vereinigten Königreichs haben sich vergangene Woche für einen Austritt aus der Europäischen Union ausgesprochen. “Es ist ein trauriger Tag für Europa”, kommentierte Vizekanzler Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner das Ergebnis des Referendums.

Britenrabatt

Rein finanziell sollte der Austritt für den Agrarhaushalt jedoch verkraftbar sein. Die Briten finanzieren zehn Prozent des EU-Gesamthaushalts. Am Budget für die Landwirtschaft haben sie aber nur einen Anteil von fünf Prozent. Das liegt am “Britenrabatt”. In Zahlen ausgedrückt, zahlt Großbritannien 14 statt 20 Mrd. Euro in den EU-Agrarhaushalt ein und bekommt sieben Mrd. Euro an Direktzahlungen und Fördermitteln für die Zweite Säule heraus. Der Austritt schafft also eine Finanzierungslücke von sieben Mrd. Euro in der EU. Der Brexit habe dramatische Folgen für den britischen Agrarsektor, aber überschaubare für die Gemeinsame Agrarpolitik, schätzt Luc Vernet von Farm Europe, einem multikulturellen Think-Tank. Laut AMA-Daten machte der gesamte agrarische Außenhandel Österreichs mit dem Vereinigten Königreich 2015 beim Export 198 Mio. Euro und beim Import 117 Mio. Euro aus. Das entspricht rund zwei bzw. einem Prozent unseres gesamten agrarischen Außenhandels.

Zögern der Briten

Sobald die Briten offiziell den Rat ihren Austrittswunsch mitgeteilt haben, hat die EU innerhalb von zwei Jahren über dessen Bedingungen zu verhandeln. Schwierig werden die Gespräche vor allem über den Zugang zum EU-Binnenmarkt. Die EU verknüpft damit eine Freizügigkeit für Arbeitnehmer, die die Briten eher ablehnen.
Der britische Premierminister David Cameron hat mit seinem verzögerten Rücktritt in Brüssel für zusätzlichen Ärger gesorgt. Sein Nachfolger soll nun bis Anfang September bestimmt werden. Er wird wohl erst die Austrittsverhandlungen führen.
Möglichst rasche Verhandlungen fordern zahlreiche Europa-Parlamentarier. Auch Landwirtschaftminister Andrä Rupprechter ist für klare, schnelle Konsequenzen: “Austritt heißt Austritt. Es muss nun so rasch wie möglich und mit aller Konsequenz verhandelt werden. Es ist jetzt unsere Pflicht, das Friedensprojekt Europa zu stärken und intensiv an gemeinsamen Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit zu arbeiten.”

Vereinigtes Königreich: Die wichtigsten Schritte zu einem EU-Austritt

Laut EU-Vertrag Artikel 50 kann jeder Mitgliedsstaat freiwillig aus der EU austreten. Ein EU-Land, das auszutreten beschlieöt, muss dem Europäischen Rat seine Absicht mitteilen. Bis zu Redaktionsschluss ist dies nicht passiert und rein rechtlich soll die britische Regierung auch nicht an den Ausgang des Referendums gebunden sein. Nach Verständigung durch den Austrittwerber legt der Europäische Rat Leitlinien für den Abschluss eines Abkommens über die Einzelheiten für den Austritt dieses Landes vor. Die derzeitigen Verträge mit der EU würden für Groöbritannien ab dem Tag des Inkrafttretens des Austrittsabkommens oder spätestens zwei Jahre nach der Mitteilung an den Rat keine Anwendung mehr finden. Der Rat kann beschlieöen, diese Zwei-Jahres-Frist zu verlängern
Quelle: eur-lex.europa.eu

Michael Stockinger

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