Kommentar von Thomas Weber,
Herausgeber von Biorama und Buchautor.
Die deutschen Bauernproteste würden von weiten Teilen der Bevölkerung mitgetragen, viele wären mit den Anliegen solidarisch, war immer wieder zu hören. Ich möchte das hier anzweifeln. Es stimmt schon: Viele Bauern sind mit ihrem Unbehagen nicht allein. Mittlerweile halten sich alle für ausgebremst, irgendwie ausgenutzt, benachteiligt. Sie meinen, der Rest der Welt wäre ihnen etwas schuldig. Die Unzufriedenheit ist groß, fast ein/e jede/r sieht sich diskriminiert oder bevormundet. In diesem Gefühl treffen sich plötzlich sogar Transgender-Aktivist:innen (die um Sichtbarkeit in unserer Sprache ringen, weil sie sich an den Rand gedrängt fühlen), mit denen, die sich vom Wandel bedroht fühlen. Dabei geht es um weit mehr als um unseren Sprachgebrauch; eher um Furcht vor Veränderung ganz generell (ob es nun das Binnen-I ist oder „Laborfleisch“, das man glaubt einfach verbieten zu können). Das Problem: Angst und Wut mögen ein Antrieb sein. Solidarisch machen sie nicht.
Dagegen hat die Roadshow der oft sündteuren Traktorfuhrparke auf Deutschlands Straßen wohl eher Neid geschürt. Denn die Allgemeinheit weiß wenig über bäuerliche Lebenswelten und Produktionsbedingungen. Gemüsebauern, höre ich immer wieder, hätten ohnehin das halbe Jahr Urlaub; auch wären Bauern Großgrundbesitzer, würden gefördert – und trotzdem nur jammern. Freilich wissen alle, die das hier lesen, wie die Realität aussieht. Die Bevölkerung weiß wenig Bescheid, wie Bauern wirtschaften (müssen). Wie sich das ändern lässt? Am besten durch Aufklärung, persönliche Gespräche, durchs Aufeinanderzugehen.
- Bildquellen -
- Weber Thomas: Michael Mickl