„Wir stehen den Bäuerinnen und Bauern zur Seite“

Im Interview mit der Bauernzeitung spricht Landeshauptmann Anton Mattle über seine Erwartungen für 2024, das erhöhte Landwirtschaftsbudget und Bauernproteste in Brüssel.

Immer noch selbst als Landwirt aktiv: LH Anton Mattle mit Kalb „Gerlinde“, das im Jänner auf die Welt kam.

Das Jahr 2024 wird ein Superwahljahr. Die Tiroler Landtagswahl ist mittlerweile eineinhalb Jahre her, aber zu tun gibt es genug.  

BZ: Herr Landeshauptmann, Du bist seit eineinhalb Jahre Landeshauptmann. Geht sich das mit deiner Landwirtschaft noch aus?

MATTLE: Viele schauen ganz ungläubig, wenn ich ihnen von meiner kleinen Landwirtschaft erzähle. Genau genommen betreibe ich schon seit vielen Jahren mit einem Freund eine Kuh-WG mit fünf Stück Fleckvieh und vier Kälbern in Mutterkuhhaltung sowie zwei Haflingern. Ich gehe fast jeden Morgen in den Stall, das ist sozusagen mein Morgensport. Also ja, diese Zeit nehme ich mir auch als Landeshauptmann, weil es ein gewisser Ausgleich zur Politik ist.

In Europa gibt es vermehrt Bauernproteste, kannst Du nachvollziehen, dass Landwirte auf die Straße gehen?

Wenn man selbst aus Überzeugung eine Landwirtschaft betreibt, dann kennt man auch die Sorgen und Herausforderungen. Ich habe bei einer Brüssel-Reise selbst die Bauernproteste miterlebt. Während ich im Europäischen Parlament in Sachen Transitverkehr verhandelt habe, haben draußen tausende Bäuerinnen und Bauern ihren Ärger kundgetan. Den Unmut einiger Landwirte in Staaten wie Deutschland kann ich nachvollziehen, in Europa gibt es hier aber sicher große Unterschiede. Wir in Tirol haben mit unserer kleinstrukturierten Alm- und Landwirtschaft ein gutes Fundament und vor allem ein gutes Miteinander. Mit Josef Geisler und mir haben die Tiroler Bäuerinnen und Bauern zwei Verbündete in der Regierung. 

Apropos Brüssel: Die Europäische Kommission hat angekündigt, den Schutzstatus des Wolfes überdenken zu wollen. Bestätigt das den Tiroler Weg im Umgang mit Großraubtieren?

Tirol hat mit der Novelle des Jagdgesetzes einen wichtigen und mutigen Schritt gewagt und ich bin froh, dass sich die EU-Kommission nun auch bewegt. Unser Druck Richtung Brüssel zeigt endlich Wirkung, wird dürfen aber nicht lockerlassen. Auch wenn diese Signale den Tiroler Weg in Sachen Großraubtiere bestätigen, wartet auf uns eine Europawahl, die auch in dieser Frage die Karten neu mischen kann. Schad- und Problemwölfe müssen entnommen werden können. Zum Schutz unserer Weidetiere, zum Schutz unserer Alm- und Landwirtschaft und damit zum Schutz aller Tirolerinnen und Tiroler.

 2024 ist ein Superwahljahr. Mit welchen Erwartungen blickst Du auf die kommenden Wahlgänge?

Innsbruck-, Europa- und Nationalratswahl – hier sind wir alle gefordert. Es geht darum, dass Tirol und die Volkspartei stark vertreten sind. Gerade für die Landwirtschaft ist es entscheidend, ob wir wieder eine Tiroler Vertretung im EU-Parlament haben werden. Mit Sophia Kircher haben wir ein starkes Angebot, sie hat parlamentarische Erfahrung und kennt sich in Brüssel bereits aus. Mit Bundesminister Norbert Totschnig haben wir für die Nationalratswahl einen verlässlichen und kompetenten Vertreter aus der Landwirtschaft, der weiß, wo die Tiroler Interessen liegen.

 Was die Vertretung der Landwirtschaft am Verhandlungstisch betrifft: Wie ist es um Tirols Landwirtschaftsbudget bestellt?

Durch die Ko-Finanzierung des Landes gelingt es uns, jährlich rund 10 Millionen Euro an Zahlungen für die Tiroler Landwirtschaft zu lukrieren. Schwerpunkte liegen im Budget unter anderem auf dem Tierwohl, hier ist beispielweise die Milchkuhprämie erhöht worden, und der Förderung einer umweltgerechten Landwirtschaft. Denn die Bäuerinnen und Bauern wissen selbst am besten, wie wichtig die Tiroler Natur für unseren Lebensraum und unsere Zukunft ist. Im Zuge eines Impulsprogrammes für die heimische Landwirtschaft ist es Bundesminister Norbert Totschnig zudem gelungen, für die Jahre 2024 bis 2027 jährlich zusätzlich 90 Millionen Euro für Maßnahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zur Verfügung zu stellen. Die kleinstrukturierte Berglandwirtschaft in Tirol profitiert von der Budgetaufstockung des Bundes besonders.

 Zuletzt wurde viel über den Landesenergieversorger diskutiert. Wie geht es mit der TIWAG weiter?

Die strukturelle, inhaltliche und personelle Neuaufstellung der TIWAG hat begonnen. Ich habe die TIWAG-Satzung ändern lassen. Erstmals in der 100-jährigen Geschichte der TIWAG ist künftig ein kostengünstiger Strom und der Versorgungsauftrag für alle Tirolerinnen und Tiroler niedergeschrieben. Wichtige Positionen, darunter die des Vorstandsvorsitzenden, sind neu ausgeschrieben. Mit neuen Köpfen ergeben sich auch neue Möglichkeiten, neue Akzente und neue Wege, die die TIWAG dringend braucht. Es muss und wird sich im Auftritt, im Verständnis und der Kommunikation der TIWAG vieles ändern. Tirol hat gemeinsam mit Vorarlberg weiterhin den besten Strompreis aller Landesenergieversorger, Mitte des Jahres werden die Preise weiter sinken. Zudem bin ich froh, dass wieder ein gemeinsamer Weg zwischen TIWAG und Arbeiterkammer möglich ist und sich der Landesenergieversorger wieder verstärkt der Energiewende widmen kann.

Herr Landeshauptmann, was wünscht Du dir für 2024?

Für Land und Leute wünsche ich mir, dass die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt. Dafür braucht es auch eine starke Landwirtschaft, einen starken ländlichen Raum und regionale Produkte.

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AUTORRed. HP
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