Vorrang für regionale Lebensmittel

Durch eine besser koordinierte öffentliche Beschaffung soll die regionale Lebensmittelversorgung in öffentlichen Großküchen und Kantinen ausgebaut werden. Die Vorteile für die Küchenbetreiber, Landwirtschaft und Gesellschaft liegen auf der Hand. Eine mehrfache Win-Win-Lösung wird im Rahmend der LK NÖ-Initiative "Ja zu Nah" herbeigeführt.

Um die Beschaffung regionaler Lebensmittel für Großküchen attraktiver zu machen, hat die LK NÖ eine rechtliche Toolbox erarbeitet. Am Bild: Landesrat Ludwig Schleritzko, Rechtsanwältin Lisa Rebisant, RLK-Geschäftsführerin Elfriede Schaffer und Landwirtschaftskammer NÖ-Präsident Johannes Schmuckenschlager.

Lebensmittel müssen erzeugt, transportiert, verteilt und gelagert werden. Das Problem ist, dass eine unnötig große Menge an Waren quer über den Kontinent transportiert werden. Darunter leidet oftmals die Frische und Qualität der Produkte, aber auch aus Sicht des Tiers- und Klimaschutzes sind gleichwertige Waren aus der näheren Umgebung sinnvoller.

Nicht nur Konsumenten, sondern auch unsere Bäuerinnen und Bauern sowie immer mehr Küchenchefs fragen sich, ob es nicht besser geht. Die Landwirtschaftskammer Niederösterreich (LK NÖ) liefert auf diese Fragen regionale Antworten – und zwar mit der vor rund zwei Jahren gestarteten Initiative “Ja zu Nah”, im Rahmen derer nun eine rechtliche Toolbox für die Beschaffung regionaler Lebensmittel in Großküchen entwickelt wurde. Dieser Leitfaden soll dazu beitragen, den Anteil an Lebensmitteln aus der Region in Großküchen zu erhöhen.

“2,2 Millionen Mittagessen pro Tag werden außer Haus konsumiert”

In Österreich werden täglich rund 2,2 Millionen Essen in Großküchen und Kantinen konsumiert. Das ist rund ein Viertel der Bevölkerung, das zumindest einmal pro Tag dort verpflegt wird. Die Bedeutung und damit der Anteil der Verpflegung in Großküchen wird noch weiter zunehmen, da von einer steigenden Arbeitsquote auszugehen ist.

Derzeit erfolgt die öffentliche Beschaffung zum überwiegenden Teil über österreichweit oder gar europaweit tätige Großhändler mit einem oft sehr eingeschränkten regionalen Sortiment. Mit der Lückenschlussverordnung und der ab 1. September 2023 geltenden Herkunftskennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung ist bereits ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Regionalität gelungen.

Landesrat Ludwig Schleritzko freut sich über die gemeinsame Initiative und hält fest: „Gerade als öffentlicher Auftraggeber wollen wir als Land Niederösterreich die regionale und somit nachhaltige Beschaffung von Lebensmitteln noch weiter in den Vordergrund rücken. Wir werden den Beschaffungsprozess unserer Großküchen weiterentwickeln. Dafür müssen wir sowohl unsere Bäuerinnen und Bauern, als auch die Beschaffer Seite bestmöglich miteinander vernetzen und die besten Rahmenbedingungen für den regionalen Verkauf und auch Einkauf bieten.“

“10 Prozent mehr österreichische Lebensmittel erhalten 500 Bauernhöfe”

Johannes Schmuckenschlager, Präsident der Landwirtschaftskammer NÖ, sieht großes Potential in der öffentlichen Beschaffung: „Wenn wir den Anteil an österreichischen Lebensmitteln in den Großküchen um 10 Prozent erhöhen, werden dadurch 500 landwirtschaftliche Betriebe abgesichert.“

Mit der Initiative “Ja zu Nah” – unter dem Dach der „Regionalen Lebensmittelkooperationen GmbH“ (kurz RLK) – baut die Kammer einen neuen Absatzweg für die heimischen Bäuerinnen und Bauern zu den Großküchen auf. “Ja zu Nah” ist ein digitaler Lebensmittel-Marktplatz, mit dem Großküchenleiter regionale und saisonale Produkte verschiedener bäuerlicher Betriebe aus der Region zusammengefasst beziehen können.

Eine wichtige Rolle, die Regionalität in diesem Bereich zu steigern, kommt öffentlichen Auftraggebern zu, die Großküchen betreiben. Um die regionale Beschaffung direkt von den bäuerlichen Familienbetrieben für öffentliche Auftraggeber attraktiver zu machen und insbesondere zu erleichtern, hat die LK NÖ daher die Erarbeitung einer rechtlichen Toolbox für die Beschaffung regionaler Lebensmittel in Großküchen initiiert.

Rechtliche Toolbox für öffentliche Beschaffung

Der Leitfaden soll dazu beitragen, den Anteil an Lebensmitteln aus der Region in Großküchen zu erhöhen. „In der Landwirtschaftskammer beschäftigen wir uns schon längst mit neuen Möglichkeiten der Vermarktung von landwirtschaftlichen Produkten. Wir wissen, dass nicht nur Endverbraucher, sondern auch Großküchen einen zunehmenden Bedarf an gesichert regionalen Lebensmittel haben. Allerdings sind deren Anforderungen beim Einkauf völlig andere als von Privathaushalten“, betont Schmuckenschlager und sagt weiter: „Mit der rechtlichen Toolbox haben wir einen Mosaikstein mehr in der Hand, um einen Schulterschluss zwischen Landwirtschaft und Großküchen zu schaffen und damit gemeinsam regionale Versorgungssicherheit, Krisenvorsorge und Klimaschutz weiter zu fördern.“

Die Geschäftsführerin der Regionalen Lebensmittelkooperationen GmbH“ (kurz RLK) Elfriede Schaffer erklärt: „Für die Bäuerinnen und Bauern entstehen damit neue, langfristige Absatzmöglichkeiten mit mehr Wertschöpfung, Großküchen beziehen transparente, klimafreundliche Lebensmittel aus der Region. Das ist eine Win-Win-Situation für alle – für die Landwirtschaft, die Großküchen und deren Kundschaft.

Rechtsanwältin Lisa Rebisant von der Schiefer Rechtsanwälte GmbH betont: „Öffentliche Auftraggeber, die Beschaffungsvorgänge nach den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes abwickeln, können öffentliche Ausschreibungen gezielt einsetzen, um den Anteil regionaler Lebensmittel in Großküchen zu erhöhen. Insbesondere kann durch die entsprechende Gestaltung von Eignungs- und Zuschlagskriterien ein bedeutender Einfluss auf die Einbeziehung diverser Regionalitätsaspekte bei der Vergabe von Lieferaufträgen für Großküchen genommen werden.

Der Leitfaden „Rechtliche Toolbox für die Beschaffung von regionalen Lebensmitteln für Großküchen“ steht zum Download bereit: Schiefer Toolbox Beschaffung Regionale Lebensmittel

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- Bildquellen -

  • Toolbox für die Beschaffung regionaler Lebensmittel: LK NÖ/Philipp Monihart
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AUTORArtur Riegler
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