Raus aus dem Krisenmodus

Kommentar von Conrad Seidl,
Redakteur “Der Standard”

Was die österreichische Politik derzeit bewegt? Die Nachricht, dass der Rechnungshof die Buchhaltung der ÖVP nachrechnen will.
Die Veröffentlichung von Chats aus denen – Überraschung, Überraschung! – hervorgeht, dass Politiker Posten gerne mit Leuten besetzt sehen, denen sie vertrauen können. Und dann auch noch die ziemlich nicht vorhergesehenen Rücktritte von zwei Landeshauptleuten.
Das alles trifft eine Volkspartei, an der in der medialen Berichterstattung ein Skandalimage anhaftet, das sich inzwischen auch in Umfragen niederschlägt. Als neutraler Beobachter muss man anerkennen, dass die Opposition da ganze Arbeit geleistet hat. Und man muss auch feststellen, dass die ÖVP verdammt wenig tut, um aus dieser Nummer wieder herauszukommen. Es hilft nichts, sich gegen die Vorwürfe zu wehren. Als Regierungspartei müsste die ÖVP jetzt Führungsstärke zeigen: Themen setzen. Klare Ansagen machen. Reformen zügig angehen. Bürger entlasten. Ökosoziale Projekte durchziehen. Erfolge breit kommunizieren – und diese für den Kanzler und seine Partei reklamieren.
Ein bisserl Herumschrauben an der kalten Progression wird da nicht reichen. Versteht nämlich keiner.
Wenn man aber in der ÖVP bloß bange hoffend darauf wartet, dass bei korrekter Abarbeitung der Vorwürfe rechtlich nichts übrig bleiben wird, dann verfestigt sich bei der Bevölkerung der Eindruck, dass es in der Politik nur um Skandale und deren Aufarbeitung ginge.
Und dass Österreich ein korruptes Land wäre. Das ist es nicht. Aber das muss man auch zeigen.

conrad.seidl@gmx.at

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