„Des Bauern Liebling in der heißen Pfanne“

Anders als wir benutzen die Chinesen für ihre Speisen meist keine konkreten Beschreibungen wie „Schweinsbraten mit Knödel“, sondern benennen ihre Gerichte blumig, mit oft wundersamen lukullischen Namensbasteleien. Eigentlich egal, Hauptsache der süß-saure Saurüssel oder die scharfe Leber stammen künftig vermehrt aus Österreich. Möglich, dank des dieser Tage in Peking unterzeichneten „Schweinefleischprotokolls“.

Als wahre Delikatessen gelten in China auch Teile vom Schwein, die in Österreich oder in der EU nur noch selten bis kaum verwertet werden.

Die chinesische Küche kennt acht Richtungen, unterteilt nach den Provinzen Sichuan, Hunan, Kanton, Shandong, Jiangsu, Anhui, Fujian und Zhejian. Jede hat ihre eigenen Geschmacksrichtungen. Die Sichuan-Küche etwa ist bekannt für ihre Schärfe. Grob gesagt gilt: Der Osten isst sauer, der Westen scharf, der Süden liebt es süß, der Norden salzig. 

Überall in die Töpfe und später auf die Teller kommt jedenfalls Schweinefleisch. Und dabei nicht nur die Edelteile wie Filets, Bauchfleisch oder Schinken. Als Delikatessen gelten auch sämtliche Innereien, der Rüssel, die Ohren, Haxen, Klauen sowie Teile, die in Österreich oder der EU wenn überhaupt als Tierfutter verwertet oder mangels Abnehmer entsorgt werden müssen.

Alles unterliegt der nationalen Sicherheit

Für solche Teile vom Schwein zahlen chinesische Kunden sogar Höchstpreise oder immerhin weit mehr, als andere asiatische Abnehmer aus Thailand, Vietnam oder Südkorea dafür bereit sind zu berappen. Von den Behörden in Peking aber auch die Erlaubnis zu erhalten, agrarische Rohstoffe (oder gar verarbeitete Lebensmittel) nach China zu verbringen, bedarf indes vieler Anstrengungen sowie politisches Verhandlungsgeschick. Denn in der Volksrepublik unterliegt alles den Auflagen der nationalen Sicherheit. Und die ist für Chinas Machthaber oberstes Gebot.

Daher ziehen sich Verhandlungen rund um Abkommen zur Importerlaubnis von Fleisch oder Milch samt notwendiger Audits für liefernde Betriebe oft über Jahre hin. 2015 gelang es Österreich unter dem damaligen Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter, mit China das „Schweinefleischprotokoll I.“ für Edelteile zu erwirken. Genau zehn Jahre ist es her, dass Österreich von China auch im Milchbereich „grünes Licht“ für Exporte erhalten hat. 

Quelle: BML
Nach monatelangen Vorarbeiten wurde in Peking das Schweinefleischprotokoll II. unterfertigt. Es soll die Exporte nach China wieder ankurbeln.

29.500 t Schweinernes, 15.000 t Milchprodukte

Im Laufe der Jahre wurden diese Absatzmöglichkeiten durchaus kräftig genutzt. So steigerten einige wenige Schlachthöfe ab 2018 die Exportmengen von Schweinefleisch bis ins Jahr 2020 auf 29.500 Tonnen. Auch mehr als zwei Dutzend Milchverarbeiter fanden für ihre Produkte (allen voran H-Milch, Premium-Käse für die Hotellerie und lange Zeit auch für Baby-Milchpulver), mit Absatzmengen von bis zu 15.000 Tonnen pro Jahr, hinter der chinesischen Mauer Abnehmer zu guten Preisen. 

Pandemie stoppte die guten Geschäfte

Die Pandemie und der damit verbundene extrem lange wie strenge Lockdown der Chinesen gegenüber dem Ausland beendete vor vier Jahren allerdings die guten Geschäfte. Zuletzt waren die Ausfuhren von Schweinefleisch nach China auf 5.000 Tonnen eingebrochen, die Milchexporte hatten sich auf 7.000 Tonnen halbiert. Künftig können wieder mehr Teile vom Schwein nach China exportiert werden, kündigte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig vergangene Woche bei seiner Arbeitsreise nach Peking an. Am 29. Februar unterzeichnete er mit dem zuständigen Minister für das Zollwesen, Yu Jianhua, ein weiteres Protokoll, welches es Österreich erlaubt, künftig auch Nebenprodukte aus der Schweineschlachtung – die bereits angeführten Spezialitäten für Chinas Küchen – zu liefern. 

Intensive Vorarbeit von BML und BMSGPK

Den Unterschriften waren intensive Vorbereitungen des Landwirtschafts- wie auch des Gesundheitsministeriums vorangegangen. Es braucht für solche Lieferungen von tiefgefrorenem Schweinernen in Containern auch ein spezielles Veterinärabkommen. 

Vor gut einem Monat traf Totschnig auf der „Grünen Woche“ in Berlin Chinas Vize-Agrarminister Ma Youxiang, der sich wiederum wenige Tage später auf Betrieben in Österreich umsah. In Peking kam es zudem zu einem Austausch zwischen Totschnig und seinem Amtskollegen Agrarminister Tang Renjian. Denn auch im Milchbereich wurde die Exporterlaubnis erweitert: um Schaf- und Ziegenmilchprodukte. Zwei Betriebe stehen dafür in den Startlöchern.

Quelle: Bernhard Weber
Norbert Totschnig und Ulrich Herzog mit dem neuen Abkommen.

Zur Unterzeichnung eigens angereist waren auch die zuständigen Sektionsleiter der beiden Ministerien, Johannes Fankhauser und Ulrich Herzog. Bei einem Empfang in der Österreichischen Botschaft in Peking wurde das neue Schweinefleischprotokoll II. im Beisein von chinesischen Partnern und auch von Fleischlieferanten wie Johann Kaufmann vom Fleischhof Raabtal gefeiert. Auch Kaufmann rechnet wieder mit bald brummenden Geschäften. Dessen Kunde, Fleischimporteur Ben Zhuang, Geschäftsführer von YJ-Food in Shanghai, bezieht seit 2019 Schweinefleisch aus Österreich. Er war seither bereits drei Mal in der Alpenrepublik und lobt die Ware aus Österreich als „geschmacklich sehr gut“. Auch aus Spanien, Dänemark und den Niederlanden bezieht Zhuang Fleisch, und aus Nord- und Südamerika. Mit den Fleischlieferungen aus der Steiermark war er bisher aber stets „besonders zufrieden“.

Quelle: Bernhard Weber
Feierlaune: Importeur Ben Zhuang, Lieferant Johann Kaufmann.

Landwirtschaftsminister Totschnig gab sich in Peking überzeugt: „Durch das Schweinefleischprotokoll II. können nach dem Motto ‘Vom Rüssel bis zum Ringelschwanz’ noch mehr Teile nach China geliefert werden.“ Das wiederum erhöhe den Erzeugerpreis für jene Bauern, die an einen der bisher sechs nach China exportierenden Schlachthöfe liefern. Seit 2018 dürfen sechs österreichische Betriebe tiefgefrorenes Schweinefleisch nach Festlandchina liefern, zwei weitere sind beantragt.

Totschnig: „Durch das neue Schweinefleischprotokoll II. können nach dem Motto ‘vom Rüssel bis zum Ringelschwanz’ noch mehr Teile nach China geliefert werden.“

Nächstes Ziel ist ein Rindfleischabkommen

Übrigens: Ähnliche Abkommen wie für Schweinernes, Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch werden derzeit auch für Rindfleisch verhandelt. Auch dafür ist der Bedarf in China enorm, mit wachsendem Wohlstand essen auch die Chinesen mehr und mehr Fleisch. Zuletzt hat China seinen Markt für Rindfleisch aus Spanien geöffnet. Zuvor hatte Peking bereits Rindfleisch aus Frankreich, Ungarn, Irland, Italien und Lettland wieder für den Import zugelassen. 

Seit dem Ausbruch von BSE im Jahr 2000 war Rindfleisch aus Europa in China verpönt. 2022 hat die Volksrepublik knapp 2,7 Mio. Tonnen Rindfleisch importiert, zuletzt meist aus Brasilien und Neuseeland.

Vor China bereiste Minister Norbert Totschnig drei Tage lang auch Japan. Mehr über den Arbeitsbesuch in Tokio und Kyoto, es ging um eine engere Zusammenarbeit in der Forst- und Holzwirtschaft, folgt in der nächsten Ausgabe der BauernZeitung.

Compliance-Hinweis 
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- Bildquellen -

  • Vertragsunterzeichnung: BML
  • Totschnig und Herzog: Bernhard Weber
  • Zhuang und Kaufmann: Bernhard Weber
  • Chinesisches Essen: 06photo - stock.adobe.com
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AUTORBernhard Weber
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