Beim Alpen.Gipfel.Europa.2022 haben hochrangige Vertreter aus Landwirtschaft, Tourismus und Naturschutz über Maßnahmen zur Förderung und zum Erhalt der Almwirtschaft diskutiert. Klimawandel, Freizeitsport und der Wolf sind die größten Gefährdungsfaktoren.

Bleibt der Bauer, lebt die Alm“. Am Alpen.Gipfel.Europa.2022, der vergangene Woche am bayerischen Schliersee stattfand, versammelten sich auf Einladung des Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatts, einem Medium des dlv Deutscher Landwirtschaftsverlag, eine Reihe von Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft aus dem deutschsprachigen Raum zur Diskussion über die Zukunft der Almwirtschaft. Unter ihnen befanden sich die Landwirtschaftsminister Österreichs und Bayerns, Norbert Totschnig und Michaela Kaniber, sowie der Bündner Bauernverband-Präsident Thomas Roffler, der Tiroler Bauernbundobmann LHStv. Josef Geisler und der Südtiroler Bauernbundobmann Leo Tiefenthaler. Über 200 Bäuerinnen und Bauern nahmen an der Veranstaltung teil.

Mehrwert Alm
Für Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig stiftet die Almwirtschaft in Östereich Identität. „In Österreich sind zwei Drittel der Landesflächen Alpengebiet. Auf mehr als 8.000 Almen bzw. 310.000 Hektar Almfläche sind es über 24.000 Betriebe, die ihr Vieh auftreiben. Auf der Alm werde ein wichtiger Beitrag zur Lebensmittelversorgungssicherheit geleistet, so Totschnig. Beispielsweise werden in Tirol 60 Prozent der Tiere aufgetrieben. Für die Landwirtschaft ist das ein wichtiger ökonomischer Faktor. Totschnig: „Es geht um Identität über die Lebensmittel, die Almwirtschaft ist Grundlage für den Tourismus mit Millionen von Touristen jährlich, die die Berge und Almen stürmen, sie schafft Infrastruktur für den Tourismus und hat große kulturelle Bedeutung.“ Dafür investiere Österreich auch 90 Millionen Euro rein in die Almwirtschaft. Zum Vergleich werden in Deutschland etwa 30 Millionen Euro investiert, so Michaela Kaniber.

Für LK-Österreich-Präsident Josef Moosbrugger ist es vor allem die Nachhaltigkeit, die die Almwirtschaft zu etwas Besonderem macht: Schließlich seien Wiederkäuer die einzige Lebensform, die aus Gras Milch und Fleisch machen könnten. Zudem würden die Almflächen ohne Bewirtschaftung verbuschen und zuwachsen.
Trotz ihrer vielen Pluspunkte steht die Almwirtschaft großen Herausforderungen gegenüber: Der spürbare Klimawandel mit einhergehenden Problemen wie Trockenheit und Extremwetterereignissen, Konflikte mit Freizeitsportlern und Touristen, steigende Anforderungen an das Tierwohl mit kostspieligen Stallumbauten und allen voran das Thema große Beutegreifer treiben den Almbauern die Sorgenfalten auf die Stirn.

Dauerbrenner Wolf
Über die Landesgrenzen hinweg beschäftigen Wolf und Bär die Landwirtschaft intensiv. „Kommt der Wolf, geht der Bauer“, lautete bei diesem Problem die Antithese zum Tagungsmotto. Ohne die Möglichkeit der Entnahme von Problemwölfen sei der Fortbestand der Almwirtschaft ungewiss, waren sich die Tagungsteilnehmer einig. „Glauben Sie das Märchen nicht, dass wir in der Schweiz die Situation mit dem Wolf im Griff haben“, meinte auch Thomas Roffler, Landwirtschaftsminister aus der Schweiz, die oft als Paradebeispiel für Herdenschutz genannt wird.
Ministerin Kaniber stellte den hohen Schutzstatus des Wolfes infrage, denn auf der ‚Roten Liste‘ der gefährdeten Tierarten gelte er Wolf nicht mehr als bedroht. Man dürfe den Wolf nicht über Schafe, Ziegen und Rinder stellen.
Schlüssel für die Wolfsproblematik soll die länderübergreifende Zusammenarbeit sein. Bereits im März haben sich Vertreter der Landwirtschaft in Innsbruck getroffen, um ein gemeinsames, alpenübergreifendes Monitoring zu schaffen. Eindringlich war dazu der Appell der bayerischen Landesbäuerin-Stellvertreterin Christine Singer: „Wir können als Gesellschaft, als Politik nun entscheiden: Wollen wir die Almen weiter haben? Und wenn die Antwort ‚Ja‘ lautet, dann müssen wir jetzt etwas unternehmen.“

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  • Alm: christakramer -stock.adobe.com
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AUTORHannah Pixner
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