Mehr als 92 Prozent der EU-weit untersuchten Proben verschiedener tierischer Lebensmittel waren rückstandsfrei.

Wo Pflanzenschutzmittel appliziert werden (gleich ob biologisch oder chemisch-synthetisch), sind Rückstände des Wirkstoffs oder seiner Abbauprodukte meist später im Erntegut nachweisbar. Welche Rückstandshöchstmengen („Maximum Residue Level“, MRL) zulässig sind, ist in der Europäischen Union seit 2008 per Verordnung einheitlich geregelt. Demnach kommt bei der Festlegung des Grenzwertes stets das sogenannte ALARA- Prinzip zur Anwendung, welches für „As Low As Reasonable Achievable“ (so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar) steht. Laut Angaben der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) liegt der MRL damit stets „in ausreichendem Sicherheitsabstand“ zu jener Konzentration, die eine Gesundheitsgefährdung hervorrufen würde.

Untersuchung auf 754 verschiedene Pflanzenschutzmittel

In Sachen Überwachung der Rückstandskonzentrationen laufen die Fäden bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in Parma zusammen. Diese sammelt jährlich Daten aus Kontrollprogrammen aller EU-Mitgliedstaaten sowie aus Island und Norwegen und untersucht zusätzlich in Eigenregie Proben, um eine mögliche Gefährdung für Konsumenten abschätzen und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen zu können. Die EFSA verantwortet damit eines der umfassendsten Programme zu Lebensmitteldaten der Welt, auf 754 Pflanzenschutzmittel werden die Proben untersucht. Die Überwachung ist für alle EU-Länder verpflichtend. In Österreich erfolgt diese durch AGES und Gesundheitsministerium. In sogenannten Schwerpunktaktionen werden von Lebensmittelaufsichtsorganen der Bundesländer Proben gezogen, welche realistische, statistisch erhobene Konsumdaten von heimischen und importierten Nahrungsmitteln widerspiegeln.

1,6 Prozent über dem gesetzlichen Limit

Ende April präsentierte die EFSA nun neueste Daten aus dem Jahr 2022. Von über 11.700 durch die EU-Behörde untersuchten Proben wiesen 51,4 Prozent keine quantifizierbaren Rückstände von Spritzmitteln auf. Weitere 47 Prozent enthielten Konzentrationen bis zur zulässigen Höchstmenge. Überschritten wurde das MRL lediglich bei 192 untersuchten Lebensmitteln (1,6 %), wobei davon laut EFSA 0,9 Prozent „mit Messunsicherheiten behaftet“ und somit nicht „konform“ seien. Im Kontrollprogramm wird im dreijährigen Turnus derselbe Warenkorb beprobt. 2022 bestand dieser aus Äpfeln, Erdbeeren, Pfirsichen, Weiß- und Rotwein sowie Kopfsalat, Kraut, Tomaten, Spinat, Schweineschmalz und Kuhmilch. Zuletzt landeten diese Produkte 2019 im EU-weiten EFSA-Einkaufskorb. Damals hatten 2 Prozent der Lebensmittel die gesetzliche Höchstkonzentration überschritten. Im Vergleich zu 2019 und 2016 ist die Überschreitungsrate bei Äpfeln, Pfirsichen, Erdbeeren, Wein und Schweineschmalz gesunken. Bei Spinat ist sie immerhin seit 2019 rückläufig.

Einen Sonderfall stellt die Kuhmilch dar. In Milchproben konnten die EFSA-Beamten 2022 (wie auch schon in den Jahren davor) keine einzige Probe mit einer Überschreitung der gesetzlichen Höchstmengen finden. Leicht steigende Tendenzen wurden indes bei Kraut, Tomaten und Salat notiert. „Dort waren die Raten 2022 höher als 2019, aber niedriger als 2016“, ist dem offiziellen Bericht aus Parma zu entnehmen.

Kupfer am häufigsten nachgewiesen

Noch detaillierte Zahlen liefern die nationalen Erhebungen, deren Ergebnisse die EU-Behörde jährlich bündelt. Von allen teilnehmenden Staaten wurden demnach 110.829 Proben eingemeldet. Hier hatten knapp 60 Prozent Pflanzenschutzmittelkonzentrationen unterhalb der messbaren Grenzen. In den verbliebenen gut 40 Prozent der Lebensmittel war zumindest ein Pflanzenschutzmittel nachweisbar. Spitzenreiter bei Mehrfachrückständen sei vor zwei Jahren demnach Chilipulver gewesen, welches auf 43 verschiedene Pflanzenschutzmittel positiv getestet wurde. Die am häufigsten im zulässigen Bereich nachgewiesene Produktgruppe war übrigens jene der Kupferverbindungen. Sie waren auch verantwortlich für die meisten MRL-Überschreitungen, schreibt die EFSA.

Geringe Belastung mit Glyphosat

25 Länder der EU analysierten auch die Rückstände des in Brüssel viel diskutierten und letztlich doch weiterhin zugelassenen Wirkstoffs Glyphosat. In 98 Prozent der betreffenden Proben wurden weder das Totalherbizid selbst noch dessen Abbauprodukte nachgewiesen. Gerade einmal 0,3 Prozent der Proben überschritten den zulässigen Grenzwert. Laut EFSA betraf dies vornehmlich Buchweizen und andere Pseudogetreidearten. Zwar sieht die europäische Gesetzgebung keine eigenen Grenzwerte für Bio-Lebensmittel vor, die Mitgliedstaaten untersuchen sie dennoch als eigene (kleinere) Produktgruppe. Von rund 6.700 der EFSA übermittelten Probenanalysen enthielten 79 Prozent keine Rückstände. 1.250 Proben waren im gesetzlichen Rahmen belastet, 140 überschritten das zulässige MRL.

Importe als Ausreißer

Da die Lebensmittelbehörden in ihren Untersuchungen auch Importwaren mitberücksichtigen, gibt der EFSA-Bericht auch (nicht repräsentative) Zahlen zur Pflanzenschutzmittelkonzentration in diesen wider. So landeten etwa 1.460 Proben chinesischen Ursprungs in EU-Laboren. Von diesen überschritten gut 12 Prozent die gesetzlichen Grenzwerte. Bei den 281 ukrainischen Proben waren es 8 Prozent. Unter dem Strich beurteilt die EFSA das Gesundheitsrisiko durch Pflanzenschutzmittelrückstände für Verbraucher auch heuer wieder als „gering“. „Eine Überschreitung einer Höchstmenge führt in der Regel nicht automatisch zu einem Risiko für Konsumenten“, teilt auch die AGES mit. Denn bei allen Produkten, welche Grenzwerte überschreiten, werden zusätzlich toxikologische Referenzwerte untersucht. Erst wenn auch diese überschritten werden, könne ein Gesundheitsrisiko „nicht mehr gänzlich ausgeschlossen werden“, heißt es. 

Hier geht es zum gesamten Bericht der EFSA.

Die AGES betreibt außerdem eine Rückstandsdatenbank.

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  • Bauchspeck mit Giftsymbol: JOACHIM B. ALBERS - STOCK.ADOBE.COM
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AUTORClemens Wieltsch
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