Ob der Fülle an angedrohten, in Kraft getretenen und wieder aufgehobenen Zöllen, die dieser Tage die US-Außenpolitik dominieren, verlieren selbst Experten langsam den Überblick. Zur Erinnerung: US-Präsident Donald Trump lässt seit Kurzem 25 Prozent Zoll auf Stahl- und Aluminiumimporte einheben. Als Reaktion darauf hat die EU-Kommission angekündigt, ab 1. April US-Einfuhren im selben Warenwert mit Gegenzöllen zu belegen.
Whiskey-Zölle gaben den Anstoß
Im Maßnahmenpaket sind auch Agrarprodukte und verarbeitete Lebensmittel enthalten, darunter Whiskey mit einem Lieferwert von rund 570 Millionen Euro. Diese stoßen wiederum Trump sauer auf, wie er in den sozialen Medien wissen ließ: Sofern Brüssel in Sachen Whiskey nicht zurückrudere, würden Zölle in Höhe von 200 Prozent auf alle Weine und Spirituosen aus „Frankreich und anderen EU-Ländern“ eingeführt. Derartige Handelsrestriktionen würden die EU-Weinwirtschaft empfindlich treffen, bestätigt auch Chris Yorke, Geschäftsführer der Österreich Wein Marketing (ÖWM): „Sollte es tatsächlich zu einer Einführung derart hoher Zölle kommen, würde das de facto zu einem Exportstopp in die USA führen.“
Yorke: „das würde de facto zu einem Exportstopp in die USA führen.“
Wiewohl deren tatsächliche Einführung alles andere als fix sei, spüre die Branche schon Unsicherheiten am Markt. So sei das Interesse amerikanischer Importeure und Händler „gedämpft“.
EU-Weinexport: 29 % gehen in die USA
Die USA sind für die EU allerdings ein bedeutender Absatzmarkt. Laut dem statistischem Amt Eurostat wurden allein 2024 Weine im Wert von 4,9 Milliarden Euro aus der EU in die USA exportiert, beinahe 30 Prozent der EU-Weinexportmenge. 40 Prozent davon stammten aus Frankreich, gefolgt von Italien. Auch dort rechnet man bereits bei einem Zollsatz von „nur“ 25 Prozent mit massiven Einbußen von etwa 470 Millionen Euro. Was ein Ende dieser Warenströme für die Preise am EU-Markt zu bedeuten hätte, vermag auch der ÖWM-Chef noch nicht abzuschätzen. „Wenn die Zölle tatsächlich in Kraft gesetzt werden, würden mehr amerikanische Weine in den USA selbst verkauft und deshalb weniger exportiert.“ Somit müssten wohl europäische Weine wiederum stärker am Binnenmarkt abgesetzt werden.
Amis lieben Ö-Weine
Aber auch für Österreichs Winzer ist der US-Markt von großer Bedeutung, sagt Yorke: „In den vergangenen Jahren pendelten die USA gemessen am Umsatz zwischen Platz vier und drei der wichtigsten Exportländer.“ 2023 verließ demnach Wein im Wert von 18,6 Millionen Euro die Alpenrepublik in Richtung USA. Laut ÖWM sei heimischer Weißwein bei den zahlungsbereiten Konsumenten von New York über Chicago bis Los Angeles beliebt, insbesondere der „GrüVe“, also Grüner Veltliner. „Zum Glück ist der gut lagerfähig, sodass die momentan verfügbaren Mengen in den USA auch noch länger Freude bereiten werden“, meint York mit einem Augenzwinkern.
Gefragt, wie die ÖWM auf die Zölle reagieren würden, antwortet er: „Wir haben seit vielen Jahren eine detaillierte und wohlüberlegte Strategie für den US-Markt. Diese werden wir weiterführen.“ Parallel dazu befinde man sich auf EU-Ebene im engen Austausch mit anderen EU-Weinbauländern, „um allenfalls gemeinschaftliche Gegenmaßnahmen zu definieren“.
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