Naturland greift nach heimischer Bio-Ware

Der deutsche Bio-Verband Naturland wächst in Österreich und verändert den Markt. Waldenberger fürchtet eine Schwächung der bestehenden Strukturen.

Die Landwirtschafts- kammer OÖ betont die Wichtigkeit, eine starke Interessenvertretung zu gewährleisten, um Bio-Richtlinien nicht von Deutschland bestimmen zu lassen.

Seit einiger Zeit wird der deutsch-internationale Bio-Verband Naturland immer aktiver in Österreich. Er wächst sowohl in Anzahl der Mitglieder, als auch flächenmäßig. Derzeit sind knapp 2300 Betriebe mit circa 73.000 Hektar Bio-Fläche Naturland-zertifiziert vorwiegend Betriebe in Salzburg und Oberösterreich. Anstoß dieser Entwicklung ist die vertragliche Kooperation deutscher Bio-Verbände mit dem deutschen Lebensmitteleinzelhandel. Insbesondere seit dem Beginn der Kooperation 2021 von Naturland mit ALDI, nahm das Wachstum des deutschen Bio-Verbandes in Österreich Fahrt auf. Speziell Molkereien, die sich schon Jahre zuvor einen wichtigen Markt in Deutschland aufgebaut haben, sehen sich zunehmend mit der Forderung nach Naturlandzertifizierungen durch deutsche Handelsketten konfrontiert.

Der Milch-Sektor ist aktuell am stärksten von den Entwicklungen rund um Naturland
betroffen. Circa 30 Prozent der österreichischen Bio-Milch wird exportiert. Zudem sind auch der Geflügelsektor, sowie einzelne Produktgruppen im Speisegetreidebereich, Obst und jüngst auch der vorgelagerte Bereich für die Futtermittelherstellung mit dem Thema Naturlandzertifizierung konfrontiert.

Markt für Bio ist in Deutschland groß

Zusätzlich befeuert wird diese Entwicklung von der guten Nachfrage nach Bio-Produkten am deutschen Markt und der dort unzureichenden Eigenproduktion von Bio-Rohstoffen. Grundsätzlich eine gute Entwicklung, denn ein gesunder Wettbewerb bringt auch neue positive Preisdynamiken für österreichische Produzenten. Hier müssen heimische Verarbeiter und Abnehmer auch mithalten, um sich wertvolle heimische Bio-Rohstoffe aus Österreich für die Versorgung der heimischen Märkte langfristig sichern zu können.

In vielen Bereichen gibt es mittlerweile mehr Nachfrage als Angebot speziell bei Bio-Eiern und Bio-Rindfleisch. Vom Bio-Milchmarkt hört man vielerorts, dass jeder Liter Bio-Milch gut verwertet werden kann, und auch Mischfutterwerke ringen um jedes Kilo heimisches Bio-Getreide. Letzteres ist vor allem deshalb wichtig, wenn es darum geht, heimische Wertschöpfungskreisläufe zu schließen. Vom Feld bis zum Teller alles in heimischer Bio-Qualität zu weiten Teilen abgesichert vom heimischen Bio-Verband Bio Austria und nachgefragt von den großen Handelsketten wie Billa (Rewe), Spar und Hofer.

Waldenberger: Heimische Bio-Strukturen stärken

Die über Jahrzehnte in Österreich aufgebauten Strukturen im Bio-Bereich scheinen nun unter Druck zu kommen.

Bei der Absicherung des Heimmarktes für die heimische Bio-Qualität gilt das Prinzip, heimisches Bio-Futter für hiesige Bio-Tiere sicherzustellen. Diese Strukturen könnten mit den aktuellen Entwicklungen rund um Naturland zunehmend verwässert werden. Denn immer mehr naturlandzertifiziertes Futter von europäischer oder globaler Herkunft könnte somit in die österreichischen Warenströme gelangen. Naturland ist ein global agierender Bioverband, bei dem die Rohstoffherkunft eine untergeordnete Rolle spielt.

Quelle: LK OÖ
Waldenberger fordert heimische Bio-Strukturen zu stärken.

Bio Austria bemüht sich seit vielen Jahren um eine Anerkennung seiner vergleichbaren Qualitätsstandards durch Naturland. Naturland lehnt das jedoch ab und möchte jetzt seinerseits neue Verbands- und Qualitätssicherungsstrukturen in Österreich aufbauen, wodurch die Einigung der österreichischen Bioverbände durchkreuzt wird. „Am sinnvollsten wäre eine gegenseitige Anerkennung der ohnehin ähnlichen Verbandsqualitäten. Wir bedauern, dass dies bisher von Naturland kategorisch abgelehnt wird. Zumindest aber müssen Doppelgleisigkeiten bei Kontrolle und Zertifizierung abgebaut werden. Hier braucht es einen vernünftigen Zugang der Marktteilnehmer. Denn sonst wird das gesamte System verteuert und bestehende österreichische Strukturen im Bio-Bereich nachhaltig geschwächt. Das kann nicht im Sinne unserer Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern sein. Ich fordere daher alle Partner der Wertschöpfungskette auf, sich nicht voreilig und vorbehaltlos der Naturland-Zertifizierung zu unterwerfen, sondern in erster Linie die heimischen Strukturen zu stärken“, fordert LK-Präsident Franz Waldenberger eindrücklich.

Die Landwirtschaftskammer OÖ sieht gemeinsam mit Bio Austria die Chancen für Bio-Betriebe und Verarbeiter in Deutschland. Bio Austria zeigt sich auch gesprächsbereit für eine Kooperation auf Augenhöhe. Essentielle Strukturen für die Qualitätssicherung, wie das Futtermittelherkunfts- und Qualitätssicherungssystem am heimischen Bio-Markt, stehen allerdings nicht zur Disposition. Ein Implementieren internationaler Systeme, ohne dabei die hierzulande funktionierenden Strukturen sinnvoll einzubinden, könne nicht im Sinne der Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern in Österreich sein. „So eine Entwicklung kann ich als Bauernvertreter nicht gutheißen. Wir brauchen auch zukünftig eine starke Bio-
Interessenvertretung und -verwaltung. Neben der Marktbearbeitung gibt es noch zahlreiche andere wichtige Themen im Bio-Bereich. Nur mit starken österreichischen Bio-Verbänden wie Bio Austria können wir hochwertige Weiterbildungen und Beratung garantieren, die auf österreichische Verhältnisse abgestimmt sind und unsere Bio-Betriebe voranbringen“, betont Franz Waldenberger und führt weiter aus: „Wir wollen nicht, dass Bio-Richtlinien für Österreich zukünftig in Deutschland gemacht werden.“

Stellungnahme von Naturland

Naturland betonte in einer Aussendung, dass die Entwicklung des Bio-Markts in Österreich traditionell dadurch gekennzeichnet ist, dass produzierte Überschüsse nach Deutschland exportiert wurden: „Dagegen wurde eine strategische Entwicklung verbandseigener Markenzeichen der Bio-Verbände verabsäumt. Die starke Entwicklung von Naturland in Österreich hat ihren Ursprung in dieser Situation”, so Josef Brunnbauer, Geschäftsführer für Naturland in Österreich.

Das Naturland-Zeichen schaffe nicht nur Absatzmöglichkeiten im Handel, sondern sichere zugleich die Deutungshoheit der Bäuerinnen und Bauern darüber, was Bio ist und wie es produziert wird. „Dabei steht das Naturland-Zeichen für ein umfassendes Qualitätsversprechen über die gesamte Wertschöpfungskette – vom Landwirt über die Verarbeitung bis zur Kennzeichnung auf dem Endprodukt im Handel. Dieses Qualitätsversprechen geht über die Vorgaben der EU-Öko-Verordnung sowie anderer Bio-Verbände hinaus und umfasst zum Beispiel auch Aspekte wie eine zusätzliche Tierwohlkontrolle sowie Sozialstandards”, erklärte Brunnbauer.

Die Naturland-Zertifizierung schaffe für die derzeit 2300 österreichischen Mitgliedsbetriebe wichtige Absatzmöglichkeiten im deutschen Handel und trage zugleich dazu bei, auch die Regionalität österreichischer Bio-Produkte im heimischen Markt zu stärken. So findet man schon jetzt erste Naturland-zertifizierte Produkte mit Herkunftsauszeichnung „Österreich“ im österreichischen Einzelhandel.

Naturland sieht darin einen „aktiven Beitrag zur positiven Weiterentwicklung” von Bio in Österreich. „Dabei ist es unser Anliegen, mit allen Bio-Verbänden im Land vertrauensvoll und konstruktiv zusammenzuarbeiten und eine Mehrbelastung von Betrieben mit Doppelmitgliedschaft zu vermeiden. Zu diesem Zweck wurden Vereinbarungen zur Rabattierung der Mitgliedsbeiträge mit Erde & Saat als auch mit Bio Austria geschlossen.
Darüber hinaus gibt es Gespräche mit Bio Austria über eine gegenseitige Anerkennung der jeweiligen Systeme zur Qualitätssicherung im Futtermittelbereich. Denn auch im Futterbereich hat die Regionalität für Naturland oberste Priorität”, betonte Brunnbauer. Um die Regionalität der Futterversorgung abzusichern, will Naturland überdies gezielt neue Ackerbaubetriebe in Österreich auf Bio umstellen.

- Bildquellen -

  • Pr„sident Franz Waldenberger LK O™ (13): LK OÖ
  • Holstein Gruenfutter 2 ID95867: Agrarfoto.com
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