Starkregen und Hagelunwetter auf der einen Seite und langanhaltende Dürreperioden auf der anderen Seite – die heimische Land- und Forstwirtschaft leidet immer öfter unter Extremwetterereignissen. Experten sind sich einig: Der Klimawandel ist angekommen, die Bäuerinnen und Bauern sind die ersten Betroffenen und die Existenz von immer mehr bäuerlichen Betrieben hängt von Bewässerungsmöglichkeiten für die landwirtschaftlichen Kulturen ab.
Prognosen rechnen mit weiter steigendem Wasserverbrauch
Dabei ist Niederösterreich ein wasserreiches Bundesland, wie die Studie „Wasserzukunft Niederösterreich“ belegt, die im Auftrag der Landesregierung erstellt wurde. Einer theoretisch jährlich nutzbaren Grundwassermenge von rund 880 Millionen Kubikmetern steht ein Gesamtbedarf von etwa 316 Millionen Kubikmetern gegenüber. Das bedeutet eine tatsächliche Nutzung von 36 Prozent des Vorrates. Niederösterreich verbraucht davon 260 Millionen Kubikmeter, der Rest von 56 Millionen Kubikmetern geht in andere Bundesländer, allen voran Wien und das Burgenland.
Zur Bewässerung auf blau-gelben Feldern und Äckern werden rund 20 Prozent des genutzten Wassers verwendet. Rund 32 Prozent sind es für Gewerbe und Industrie, der Großteil, nämlich 48 Prozent, geht in die kommunale Wasser- und Trinkwasserversorgung.
Die bereits erwähnte Wasserstudie des Landes NÖ geht von einem Anstieg des Wasserbedarfs im eigenen Bundesland um 50 Prozent bis 2050 auf bis zu 390 Millionen Kubikmeter aus. Das entspricht einem Mehrverbrauch von etwa 17 Millionen Kubikmetern pro Jahr. Dabei wurden jedoch lediglich die Grundwasserentnahmen eingerechnet, nicht jedoch mögliche Entnahmen aus Oberflächengewässern.
Auf den ersten Blick verfügt Niederösterreich damit scheinbar über unerschöpfliche Wasserreserven. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass die Wasserbilanz in einzelnen Regionen deutlich vom Landesschnitt abweichen kann, nicht zuletzt bedingt durch eine unterschiedliche Verteilung der Niederschläge. Speziell im Osten des Bundeslandes gibt es im Jahresverlauf durchschnittlich deutlich geringere Regenmengen. Dadurch kommt es zu Verschiebungen der Nutzungsanteile zwischen Trink-, Industrie- und Bewässerungswasser. Der Anteil zur Bewässerung kann in einzelnen Regionen wie dem Marchfeld und dem Tullnerfeld in trockenen Jahren auf 50 Prozent und mehr ansteigen. Im österreichweiten Durchschnitt liegt dieser Wert bei rund vier Prozent.
Die Bewässerung ist keine Erfindung unserer Zeit
Dabei ist die Bewässerung keine Erfindung unserer Zeit. Erste Nachweise dafür sind bereits im Mittelalter zu finden, wo sowohl im Oberinntal (Tirol) als auch im niederösterreichischen Steinfeld landwirtschaftliche Flächen mit zusätzlichem Wasser versorgt wurden.
Heute sind es die Trockengebiete des Ostens Österreichs, in denen bewässert werden muss. Für rund 150.000 Hektar Ackerflächen stehen die technischen Einrichtungen dazu bereit. Etwa 20 bis 30 Prozent davon werden im Rahmen der Fruchtfolge dann tatsächlich beregnet. Bei 90 Prozent dieser Anlagen kommt Grundwasser zum Einsatz, nur etwa zehn Prozent des Beregnungswassers werden aus Oberflächengewässern entnommen.
Für die Zukunft wird erwartet, dass die Verdunstung infolge von Temperaturerhöhungen und damit verbundenen längeren Vegetationsperioden weiter steigt. Da in den meisten Bereichen, wo ausreichend Grundwasser vorhanden ist und dieses auch mit Feldbewässerungsbrunnen leicht erschlossen werden kann, bereits etwa 90 Prozent der Flächen bewässerbar sind, werden diese Flächen nur noch geringfügig zunehmen. In Summe könnten das circa 140.000 Hektar sein.
Kompetenzen im Bereich Bewässerung gebündelt
Um die Kompetenzen zu den Themen Bewässerung und Wassermanagement zu bündeln, haben das Land und die Landwirtschaftskammer Niederösterreich gemeinsam das Kompetenzzentrum Bewässerung ins Leben gerufen. Dieses soll Anlaufstelle und Unterstützung für Bäuerinnen und Bauern aber auch für Gemeinden bei Tätigkeiten rund um Bewässerungsprojekte sein. Das reicht von der Prüfung der Realisierbarkeit solcher Projekte, über pflanzenbauliche und betriebswirtschaftliche Fragen bis hin zu rechtlicher und finanzieller Beratung.
Gleichzeitig wird ein Schwerpunkt auf Pilotprojekte und Studien gelegt, um Bewässerungs- und Bewirtschaftungsmethoden zu optimieren, Abschwemmungen von fruchtbaren Böden zu verhindern und den Wasserhaushalt des Bodens langfristig zu verbessern. Dafür wird auch mit Experten der BOKU, des WIFOs und der AGES zusammengearbeitet werden.
In den nächsten beiden Jahren werden rund 360.000 Euro in das neue Beratungs- und Forschungsinstitut investiert, zu dessen Leiter Wolfgang Neudorfer berufen wurde.
Zuständigkeiten in Niederösterreich:
Grundsätzliche Auskünfte, Weiterentwicklung von Ideen und Initiativen, Planung und Umsetzung von Pilotprojekten und Sonderprojekten: Kompetenzzentrum Bewässerung Betriebsgesellschaft Marchfeldkanal, Franz Mairstraße 47, 2232 Deutsch-Wagram, Telefon: 02247/4570-2332, E-Mail: post@kompetenzzentrum-bewaesserung.at
Förderung von einzelbetrieblichen Maßnahmen: LK-NÖ, Josef Wasner, Telefon: 05/0259-22134, E-Mail: josef.wasner@lk-noe.at
Förderung von überbetrieblichen Maßnahmen: Amt der NÖ-Landesregierung
Abteilung WA3 – Wasserbau, Telefon: 02742/9005-14410, E-Mail: post.wa3@noel.gv.at
Wasserrechtliche Angelegenheiten: Zuständige Bezirkshauptmannschaft
Abteilung Wasserrecht