Vom „Baum-Teppich“ zum Wald der Zukunft

Außergewöhnlich hoch ist heuer das Ausmaß, in dem heimische Laubbäume ihre Früchte produzieren. Es ist ein sogenanntes „Mastjahr“, das einen Grundstein für künftige Wälder legt. Allerdings braucht es auch einiges an Pflege, um den von der Natur gesetzten und überaus wertvollen Baumnachwuchs auch zu einem gesunden und widerstandsfähigen Wald werden zu lassen. Und wie so oft spielt auch hier der Klimawandel eine Rolle.

So kann Naturverjüngung unter einem alten Ahornbaum aussehen.

Die heimischen Laubbäume zeigen sich heuer von einer besonders fruchtbaren Seite. Das im Forstjargon als „Mastjahr“ bezeichnete Ereignis ist ein unregelmäßig auftretendes Phänomen. Alle paar Jahre prasseln dabei Baumsamen wie Eicheln, Bucheckern oder Nüsse in großen Mengen auf den Waldboden, wo sie einen regelrechten Samenteppich schaffen. Besonders auffällig ist im heurigen Jahr die große Menge an Eicheln, Bucheckern und Ahornsamen. „Die zahlreichen Eicheln, die heuer den Boden bedecken, legen den Grundstein für die Wälder der Zukunft. Für Waldbesitzer und Förster ist diese Naturverjüngung von unschätzbarem Wert“, so Franz Waldenberger, Präsident der Landwirtschaftskammer Oberösterreich. Die Natur schafft es, hunderttausend kleine Bäume pro Hektar zu setzen, das gezielte Pflanzen junger Bäume ist daher oft gar nicht mehr notwendig.

Übernimmt die Natur die Setzarbeit, so erspart sich der Mensch dadurch nicht nur Arbeitszeit, sondern auch bares Geld: Jeder künstlich gepflanzte Baum kostet zwischen einem und fünf Euro je nach Baumart, Größe und Setzverfahren. Etwa 2500 bis 10.000 Bäume pro Hektar werden von Menschenhand gepflanzt.

Von der Eichel zur stattlichen Eiche dauert es mehr als 100 Jahre

Die aus dem Baum-Teppich, den die Natur heuer selbst erschafft, hervorkommenden Jungbäume müssen jedoch auch gepflegt werden. Nur so wird die Naturverjüngung letztlich auch von Erfolg gekrönt. Der Weg von der Eichel bis zum stattlichen Baum etwa ist lang: Mehr als 100 Jahre dauert er insgesamt, allein bis zu dem Stadium, in dem eine Eiche selbst Eicheln produzieren kann, dauert es etwa 30 Jahre. Der Baum braucht Energie und Nährstoffe, um Samen produzieren zu können.

Quelle: lk oö
Heuer hängen sehr viele Eicheln an den Bäumen.

Nachdem die Eichel den Boden erreicht hat, beginnt im darauffolgenden Frühjahr die Keimung. In den ersten beiden Jahren ist der junge Baum kaum als solcher zu erkennen. Erst nach fünf bis zehn Jahren ist er groß genug, um sichtbar hervorzutreten.

„Ein ausgewachsenes Reh frisst pro Tag ungefähr zwei bis vier Kilogramm Grünmasse. Der Einfluss von Wildtieren auf die Naturverjüngung darf also nicht unterschätzt werden.“ Franz Waldenberger

Gut angepasste Bäume haben angesichts des Klimawandels die besten Überlebenschancen. Die alten Bäume haben schon trockene Sommer und starke Stürme überstanden. Daher ist es wahrscheinlich, dass deren Nachkommen auch besser für das sich verändernde Klima gewappnet sind. Die große Menge an jungen Bäumen, die in einem Mastjahr entsteht, bietet außerdem eine gute Grundlage für eine natürliche Auslese. Schließlich stehen sie quasi im Wettbewerb um Licht, Wasser und Nährstoffe. Jene Bäume, die am besten an den Standort angepasst sind und auch am schnellsten wachsen, setzen sich letztlich durch. So entsteht ein gesunder und widerstandsfähiger Wald. Dafür braucht es zuerst einmal nur Geduld.

Lichtbedürftige Baumarten wie die Eiche brauchen gezielte Unterstützung durch Waldbesitzer. Eine wichtige Maßnahme ist die Vorlichtung, wobei ältere Bäume gezielt entfernt werden, um mehr Sonnenlicht auf den Waldboden zu bringen. Dies schafft bes­sere Bedingungen für die Keimung, da der Boden sonst oft zu schattig und dicht bewach­sen ist. Besonders Baumarten wie die Lärche profitieren von dieser Maßnahme. Damit die jungen Bäume nicht von Gräsern oder Brombeeren überwuchert werden, müssen sie auch nach der Keimung gepflegt werden. Waldbewirtschafter sorgen also dafür, dass Lichtbaumarten wie die Eiche gesund wachsen können.

„Bei einer Naturverjüngung ist auch Fleiß und Einsatz der Jagd erforderlich. Wildtiere wie Rehwild etwa fressen regelmäßig die Blät­ter und Knospen und stören so die Bäume beim Wachsen. Ein ausgewachsenes Reh frisst pro Tag ungefähr zwei bis vier Kilogramm Grünmasse. Eine Knospe wiegt etwa 0,1 Gramm. Der Einfluss von Wildtieren auf die Naturverjüngung darf also nicht unterschätzt werden“, erläutert der Kammerpräsident.

Ein Mastjahr wirkt sich auch auf das gesamte Ökosystem Wald aus. Die Laubbaumfrüchte bieten vielen Tieren, beispielsweise Mäusen, Eichhörnchen oder Wildschweinen, eine reiche Nahrungsquelle. Insekten wie die Buchenmotte finden in den Baumfrüchten optimale Bedingungen für die Eiablage.

Klimawandel ermöglicht häufigeres Auftreten von Mastjahren

Der Klimawandel begünstigt ein häufigeres Auftreten von Mastjahren, was wiederum das Gleichgewicht im Wald verändert. Kühle Frühsommer führen zu weniger Blüten, wäh­rend warme Bedingungen eine reiche Blüte fördern. Ein weiterer Faktor ist die sogenannte „Nordatlantische Oszillation“ (NAO). Diese bezeichnet in der Meteorologie die Schwankung des Druckverhältnisses über dem Nordatlantik zwischen dem Islandtief im Norden und dem Azorenhoch im Süden. Das Klimaphänomen ist zyklisch wiederkehrend, Analysen zeigen, dass sich Häufigkeit und Inten­sität von Mastjahren mit den Schwankungen der NAO in den vergangenen Jahrzehnten verändert haben.

- Bildquellen -

  • Eicheln LK OÖ: lk oö
  • Bergahorn Naturverjüngung Köck LK OÖ: lk oö
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