Gut gepflegte Grasnarben liefern hohe und hochwertige Wiesenerträge. Die Instrumente im Frühjahr sind dazu der Check der Grasnarben und die Wiesenreparatur. Beste Grundfutterqualität und Erträge beginnen mit einer dichten Grasnarbe. Wiesen müssen frei von Ablagerungen und lückigen Grasnarben sein. Ziel muss ein geschlossener Bestand von Futtergräsern sein. Die anfänglich dichten Grasnarben neu angelegter Wiesen zeigen doppelt so hohe Erträge wie aufgelockerte Narben. Das zeigt, wie wichtig dichte Grasnarben sind.
Frühjahrs-Kur mit Striegel, Egge und Walze
Die klassische Wieseneinsaat erfolgt im Spätsommer, wenn die Einsaat wenig Konkurrenz hat. Frühjahrseinsaaten braucht es aber aus folgenden Gründen:
• zur Reparatur von Narbenlücken durch Auswinterung,
• zur Beseitigung von Mausgängen,
• zur Sanierung oft enormer Wühlschäden durch Schwarzwild und
• zur Einebnung der immer mehr und größer werdenden Maulwurfshügeln, die die Zunahme vieler Schadinsekten im Boden anzeigen.
Wieseneggen vor dem Ergrünen ebnet Wirtschaftdüngerreste und offenen Boden von Tritt- oder Fahrschäden oder Schädlingskalamitäten ein. Das Eggen oder Striegeln schafft bessere Keimbedingungen für Einsaaten. Walzen danach fördert die Wasserversorgung, beschleunigt den Anwuchs und reduziert Futterverunreinigungen.
Hochleistendes Zuchtvieh verlangt hohe Futterqualität. Dies macht eine intensive Mähnutzung mit drei bis sieben Schnitten notwendig. Das fordert den Beständen bei entsprechend intensiver Düngung schnelles Wachstum und hohe Erträge ab, zudem führt die Klimaerwärmung zu längeren Vegetationszeiten. Besonders die wüchsigen Horstgräser erschöpfen sich dadurch früh. Deshalb führt der Vielschnitt nach drei bis fünf Jahren zu einer Auflockerung der Wiesennarbe.
Die Folgen sind Lückenbildung mit Ertragsverlusten und Erdverschmutzung des Futters. In die entstandenen Lücken drängen Unkräuter nach. Lückenfüller wie Ampfer oder Gemeine Rispe verdrängen die guten Futtergräser.
Löwenzahn zeigt lückige Grasnarben an
Die typische Zeigerpflanze für lückige Narben ist der Löwenzahn. Je mehr Löwenzahn in einer Wiese blüht, umso mehr Lücken sind vorhanden. Dies ist ein Warnsignal für den Verlust an Ertrag und Qualität. Lückige, nicht regenerierte Mähwiesen bringen oft nur den halben Ertrag von Neuanlagen. Beziffert man die Ertragsminderung mit rund 6 t TM/ha dann entspricht das auf Zukaufbasis Heu einem Geldwert von rund 1.200 Euro pro Hektar und Jahr.
Welche Saatgutmischung zum jeweiligen Wiesenstandort passt, das muss vor der Saatgutbestellung jedenfalls klar sein. Mit der individuellen Sorten- und Artenwahl hat jeder Grünlandbauer den Schlüssel zu lokal gut wüchsigen, nachhaltigen und gesunden Grasbeständen in der eigenen Hand. Sollen fertige Nachsaatmischungen zum Einsatz kommen, so muss der Blick immer auf die Eignung je nach Lage (feucht/mittel/trocken) erfolgen. Alle ÖAG-Einsaatmischungen sind nach Lage, Nutzung und Sorten festgelegt.
Erfahrungen aus tausenden Einsaaten zeigen, dass meist nur bestimmte Arten aufkommen. Dabei handelt es sich genau um jene Arten, die eben standortgerecht und konkurrenzfähig sind. Andere Arten tun sich deshalb oft schwer Fuß zu fassen. Typischerweise sind dies Wiesenschwingel, Wiesenrispe, Timothe, Hornklee und Luzerne. Wenn die Standortansprüche dieser Arten nicht erfüllt sind, dann wachsen sie auch bei hohen Saatgutanteilen nicht an. Standortgerechtes Saatgut erspart letztlich auch Saatgutkosten.
Bessere Erträge mit standortgerechten Gräsern
Gute Erträge basieren auf gesunden, standortgerechten, also örtlich gut wüchsigen Gräsern. Diese Chance kann jeder Landwirt nutzen, indem er den Futterwert der regional vorkommenden Grasarten kennt. Die Zumischung erfordert das klassisch landwirtschaftliche Rüstzeug zur individuellen Sorten- und Gräserwahl:
• das Erkennen der Gräser,
• ihrer Standortsortsansprüche und
• ihres Futterwertes.
An leichtesten ist es, Gräser in der Blüte zu bestimmen, wenn sie ihre typischen Merkmale zeigen. Die Zumischung standortgerechter Gräser zu fertigen Einsaatmischungen ist die einfachste Art, auf die immer wichtigeren, klima- und standortgerechten Arten umzustellen. Wer die eigenen Futtergräser kennt, gewinnt gleichzeitig einen wertvollen Erfahrungsschatz für die standortgerechte Bewirtschaftung.
Wichtig ist die rechtzeitige Planung und Bestellung der nach Lage passenden fertigen Nachsaat-Mischung sowie der Zumischsorten. Da Händler auch regionale Mischungen anbieten, ist schon bei der Einsaat-Planung auf die standortgerechte Zusammensetzung von Arten und Sorten zu achten. Viele Händler können nur gewisse einzelne Gräser bereitstellen. Auch bei den wichtigen Folgesaaten begünstigt die Zumischung ständig jene Arten, die vor Ort die besten Wuchseigenschaften bringen.
Das Ausmaß der Zumischung ist gestaltbar und kann vom einem Drittel bis zur Hälfte der Einsaatmenge reichen. Der Arten- und Sortenmix verbessert auch die genetische Biodiversität der Saat und wirkt somit zusätzlich ertragsstabilisierend. Die Zumischung ist zudem bestellflexibel, da sie von der Verfügbarkeit der Sorten im Handel abhängt. Da bei Fertigmischungen erfahrungsgemäß nie alle gesäten Gräserarten zum Durchbruch kommen, verbessert die gezielte Zumischung den produktiven Saatguteinsatz.
Erst die Wiederholung macht den Erfolg
Das Gelingen einer einzelnen Einsaat ist oft durch ungünstige Aussaatverhältnisse mit schlechtem Aufgang bedroht. Wiederholte und gesplittete Einsaat mindert das Witterungs-Risiko. Offene oder aufgerissene Bodenstellen sind in der Vegetationszeit immer sofort einzusäen, weil auf frischem Boden das Saatgut besser keimt und weniger Unkraut aufkommt.
Eigene Erfahrungen zeigen, dass es bis zu drei Einsaatjahren braucht, um beste Grasnarben und Erträge aufzubauen. Ein Beispiel für eine gelungene Einsaatstrategie zeigen die beiden Fotos. Johann Ramsbacher, vulgo Waldhauser, führt in Rennweg/Spital an der Drau auf 1.300 m Seehöhe einen Grünlandbetrieb. Die gezielte Einsaat von standorttypischen Gräsern brachte bei ihm bereits im zweiten Jahr einen sehr guten Erfolg. Das Foto mit dem Mähwerk zeigt den ersten Schnitt am 8. Juni 2020. Auch die Heuwerbung ist durch den hochwertigen Aufwuchs beschleunigt.
Grünland-Einsaaten bedürfen für einen guten Wuchs ausreichend Kalk im Boden. Kalk verbessert die Versorgung mit Nährstoffen, Luft und Wasser durch das Bodenleben. Zudem verbessert Kalk die Bodenstruktur. Gekalkter Boden ist besser durchlüftet und kann Wasser besser speichern.
Deutlich verbesserte Erträge zu geringen Kosten
Der Klimawandel begünstigt Nager, Schadinsekten und damit auch Schwarzwild. Für die Grasnarben kommt damit eine Dynamik mit zerstörender Wirkung in Gang. Die beste Widerstandskraft haben dicht bewachsene, gut wüchsige Grasnarben. Damit lässt sich die Ausbreitung von Unkräutern und Lückenfüllern verhindern. Zu den unerwünschten, wärmeliebenden Arten gehören beispielsweise Schafgabe, Pippau, Feinstrahl und giftige Kreuzkräuter.
Mit einer Narbenreparatur im Frühjahr können lückige Futterwiesen vergleichsweise kostengünstig verbessert werden. Gelungene Einsaaten mit zwei Säterminen zu jeweils 10 kg/ha Saatgut sind mit Kosten von jährlich etwa 200 bis 300 Euro/ha zu veranschlagen. Dem relativ geringen Aufwand steht ab dem dritten Einsaatjahr die Chance einer Verdoppelung der Erträge gegenüber. Mit standortgerechten Gräsersorten ist die Investition jedenfalls rentabel.
Einsaat-Tipps
Ein dichter Neuaufbau der Grasnarbe setzt einen guten Aufgang der Einsaat voraus. Dazu braucht es:
• eine standortgerechte Sorten- und Artenauswahl,
• genug Bodenfeuchte ( zur Einsaat möglichst einen vorhergesagten Regen abzuwarten),
• genug offenen Boden und Licht zur Keimung,
• keine Konkurrenz des Altbestandes (daher vorher kurz halten),
• gezielte Einsaatzeiten mit leichter, flexibler Sätechnik und eine
• Einsaatwiederholung zur Risikostreuung schlechtes Aufgangs.
Eine Tabelle zur gezielten Auswahl von Gräser- und Kleearten für die Grünlanderneuerung finden Sie in der Druckausgabe der BauernZeitung, KW 11 / 17. März 2022.
Autor: DI Johann Humer
Berater zu Futterwiesen- und Grünlandmanagement
- Bildquellen -
- 2211 01 Ramsbacher Beste Graeser: Foto: Johann Ramsbacher, „Waldhauser“