Jeder Pasteur war ein Schritt nach vorne

Familie Koppensteiner in Schwarzenbach, Gemeinde Schweiggers (NÖ), hat sich bereits 1995 der Direktvermarktung von Bio-Milch verschrieben. Heute genießen die Kunden der Bäckerei Joseph-Brot die "Waldviertler Bio-Milch" genauso wie die Bewoh

Wenn Sie diesem Mann in diesem Auto begegnen, dann ist Christian Koppensteiner mit einer Lieferung an frischer Biomilch ab Hof zu seinen Kunden unterwegs. Rund 35.000 km bringt er jährlich auf den Tacho des Lieferwagens. ©BZ/Maad
Wenn Sie diesem Mann in diesem Auto begegnen, dann ist Christian Koppensteiner mit einer Lieferung an frischer Biomilch ab Hof zu seinen Kunden unterwegs. Rund 35.000 km bringt er jährlich auf den Tacho des Lieferwagens. ©BZ/Maad
Jeder Pasteur war ein Wachstumsschritt – an kaum einem anderen Gerät am Biomilchhof Koppensteiner lässt sich die betriebliche Entwicklung besser ablesen als am Milchpasteur. Im Jahr 1995, im Zuge des EU-Beitritts, entschied sich Erich Koppensteiner (58), der Vater des heutigen Betriebsführers Christian (34), den damals gemischten Acker-Grünlandbetrieb mit Milchviehhaltung und Rindermast auf Bio umzustellen und gezielt in Richtung Milch-Direktvermarktung auszurichten. Bestärkt wurde er darin durch die Zusammenarbeit mit Gerhard Wagner (“Waldviertler Bauernmilch”), einem weiteren Pionier der Waldviertler Schulmilch- und Direktvermarkterszene. Mit dem Entschluss, es mit der Schulmilchvermarktung zu versuchen, schaffte Erich Koppensteiner unterstützt von seiner Ehefrau Renate zunächst einen 50 Liter-Wannenpasteur an. Weil sich der Absatz erfreulich entwickelte, folgten je mit einigen Jahren Abstand Geräte mit 200 und dann mit 300 Litern Behältervolumen. Das vierte Gerät war dann bereits ein Durchlaufpasteur mit einer Kapazität von 150 Litern pro Stunde; auf ihn folgte schließlich das aktuelle Gerät mit 350 Litern Stundenleistung.

Füttern und Melken per Roboter

Familie Koppensteiner - im Hintergrund (v. l.) die Elterngeneration mit Erich, Renate und Uroma Maria, im Vordergrund Christian und Silvia mit den Söhnen Michael und Florian. ©privat
Familie Koppensteiner – im Hintergrund (v. l.) die Elterngeneration mit Erich, Renate und Uroma Maria, im Vordergrund Christian und Silvia mit den Söhnen Michael und Florian. ©privat
Knapp drei Stunden ist der Pasteur derzeit jeden Tag im Einsatz, um den durchschnittlichen Tagesabsatz von etwa 1000 kg Milch zu bewältigen. Christian Koppensteiner: “In Summe vermarkten wir etwa zwei Drittel unserer Jahresproduktion im Direktvertrieb. Für das restliche Drittel ist die Milchgenossenschaft NÖ unser Abnehmer.” In Summe geben die 63 Kühe jährlich etwa 490.000 kg, was einem Stalldurchschnitt von knapp 7800 kg pro Kuh und Jahr entspricht. Um als Biobetrieb auf dieses Niveau zu kommen, haben Koppensteiners Braunvieh und Red Holstein in ihre Fleckviehherde eingekreuzt. Gefüttert wird mit einer aufgewerteten Mischration, die zusätzlich zur üblichen Grassilage auch einen geringen Anteil Maissilage enthält. Christian: “Mit dem Anbau von Biomais haben wir vor drei Jahren begonnen.” Damit die Kultur gelingt, nennt er als Voraussetzungen eine zeitgerechte Beikrautregulation sowie die Kopfdüngung mit Gülle. Um dies auch im bereits fast hüfthohen Mais bewerkstelligen zu können, wurde ein Güllefass eigens zur Ausbringung in Reihen adaptiert.An die Tiere verabreicht wird das Futter mit einem im Jahr 2011 angeschafften Roboter des Tiroler Herstellers Hetwin. Die fix montierte Anlage ist zwar etwas kostspieliger als ein Mischwagen, dafür lässt sich der Futtertisch schmäler gestalten, was kostbaren Platz spart. Sechsmal pro Tag zwischen vier Uhr früh und elf Uhr abends zieht der automatisierte Futterbehälter seine Runde. Das häufigere Verabreichen kleinerer Portionen spielt nach Koppensteiners Erfahrung optimal zusammen mit der zweiten Hightech-Investition auf dem Betrieb, einem automatischen Melksystem der Marke Lemmer Fullwood-Merlin, das vor zwei Jahren angeschafft wurde. Zwar handelt es sich hier um die bisher einzige Anlage in Niederösterreich, Christian Koppensteiner fühlt sich in der Pionierrolle aber recht wohl. Dreimal pro Jahr wird das Gerät vom Servicepartner Glack-Landtechnik turnusmäßig gewartet, Betriebsausfälle gab es bisher keine. Auch in puncto Tiergesundheit ist der Landwirt zufrieden. Denn zu erhöhten Zellzahlen ist es bisher nicht gekommen; merklich verbessert hat sich “die Ruhe im Stall”. Eine Umstellung brachte der Roboterbetrieb allerdings für den Weidegang der Tiere. Dieser ist durch das automatische Melken mit zwei bis drei Stunden begrenzt. Diesem kleinen Nachteil steht aber der große Vorteil der Arbeitserleichterung und zeitlichen Flexibilität bei der Tierbetreuung gegenüber.

95 Cent pro Kilogramm als Zielerlös

Durchlaufpasteur - mit 73 Grad über sechs Sekunden wird schonend pasteurisiert. Die Frischhaltezeit der Milch beträgt acht Tage. ©BZ/Maad
Durchlaufpasteur – mit 73 Grad über sechs Sekunden wird schonend pasteurisiert. Die Frischhaltezeit der Milch beträgt acht Tage. ©BZ/Maad
Hauptprodukt des Biomilchhofes Koppensteiner ist pasteurisierte Biofrischmilch. “Wir haben stetig danach getrachtet, den Kundenstock zu erweitern”, so Seniorchef Erich. Gegenüber dem mühsamen Beginn sei die Vermarktung heute “fast ein Selbstläufer”. Nach rund sieben Jahren wurde die Schulmilchproduktion im Abtausch gegen die Milchlieferung an ein Seniorenheim aufgelassen. Mundpropaganda, der Trend zur Regionalität und die erleichterte Kontaktaufnahme per Internet führen heute zu Lieferanfragen aus dem gesamten Bundesgebiet. Um diesem Bedarf zu entsprechen, werden mit “Biogast” und “Nakobi” zwei überregionale Vertriebspartner beliefert. Weiters auf dem Lieferplan stehen Krankenhäuser, Kaufhäuser, Gastwirte, Eissalons und Privatkunden – und, besonders zu erwähnen, auch die imageträchtige Belieferung der “Joseph Brotmanufaktur”, die vor Kurzem ihre neue Backstube in Burgschleinitz-Kühnring eröffnet hat. Die in Summe über 80 Abnehmer der “Waldviertler Biomilch” schätzen die bis auf das Pasteurisieren naturbelassene Milchqualität. Weiteres Kaufargument ist die konsequente Bioproduktion mit Mehrwegbehältern von der Flasche bis zum Großgebinde.Bleibt noch die Frage nach dem Milchpreis? Dazu Christian Koppensteiner: “Um auf unsere Kosten zu kommen, peilen wir einen Durchschnittserlös von 95 Cent/kg an. Bisher ist uns das auch gelungen.”

Schaustall: Produzieren und präsentieren

Roboterfütterung von Hetwin - sechs Futtergaben pro Tag halten die Tiere in Bewegung. ©BZ/Maad
Roboterfütterung von Hetwin – sechs Futtergaben pro Tag halten die Tiere in Bewegung. ©BZ/Maad
Dass bei einem Direktvermarkterbetrieb qualitätsorientierte Produktion und eine ansprechende Präsentation des Produkts Hand in Hand gehen sollen, das hat auch Familie Koppensteiner verinnerlicht. Sichtbares Zeichen dafür ist ein Exkursionsraum, der sogar einer Busladung an Gästen einen Überblick über den Milchviehstall ermöglicht, sowie Raum für fachliche Erörterungen und selbstverständlich auch für eine Jause bietet. Höhepunkt der Präsentationsaktivitäten auf dem Betrieb war ein Weidefest im Vorjahr, zu dem rund 2000 Gäste auf den Hof gekommen sind. Erich Koppensteiner: “Es geht weniger darum, dass wir mehr produzieren, wichtiger ist, dass wir uns mehr präsentieren.” www.bio-milchhof.at

Hans Maad

Das automatische Melksystem hat deutlich mehr Ruhe in den Stall gebracht und sich bisher als ausfallsicher erwiesen. ©BZ/Maad
Das automatische Melksystem hat deutlich mehr Ruhe in den Stall gebracht und sich bisher als ausfallsicher erwiesen. ©BZ/Maad

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