Kommentar von Claus Reitan,
Journalist.
Es ist eine verkehrte Welt: Die Öffentlichkeit erwartet von der Politik Lösungen in Sachfragen, doch die Politik liefert Schaukämpfe auf Beziehungsebene. Von Wien bis London und Washington, rund um den Globus. Geboten werden Machtspiele, Intrigen und Ablenkungsmanöver. International bedeutet das Kriege und Krisen mit verheerenden Folgen für Tausende Menschen. National, also in Österreich, sind der Niedergang der SPÖ und der FPÖ zu beobachten, also vergleichsweise milde Folgen von zügellosem Machtstreben, inhaltlicher Orientierungslosigkeit und banaler Engstirnigkeit politischer Funktionäre. Das alles müsste nicht so sein, es ginge auch anders, wenn man nur wollte und das Wohl der Menschen zum Ziel der Politik nähme.
Die Lage der Nation Österreich ist objektiv betrachtet mehr als gut, wirft mit Blick auf die Zukunft allerdings einige Fragen auf. Welche Bildung ist zukunftstauglich? Wie kann das ökonomische Leistungsniveau gehalten werden? Wie sichern wir den Sozialstaat? Wie gelingt das Zusammenleben in einer vielfältigen Gesellschaft. Und überhaupt: Welche Art von Staat wollen wir? Einen fürsorgenden, entmündigenden? Oder einen, der Chancen bietet? Wie gestalten wir das Verhältnis zwischen Staat und Bürger: Schafft der zahlende Bürger an oder bleibt er Untertan?
Diese Themen sollten – auch, aber nicht nur – zum Nationalfeiertag gerade in Zeiten der Regierungsbildung in der Öffentlichkeit besprochen werden. Dann ließen sich Sachfragen beantworten. Damit Österreich gelingt, was übrigens alle wünschen.