Das Motto der diesjährigen Wintertagung des Ökosozialen Forums lautet: „Wer ernährt die Welt? Wer verzehrt die Welt? Wer erklärt die Welt?“ Welche Antworten erwarten Sie auf diese Fragen?
PERNKOPF: Wir dürfen die Deutungshoheit über die Landwirtschaft nicht den anderen überlassen, egal ob den NGOs oder den Werbeprospekten. Schlussendlich wollen die mit ihren plakativen Aussagen und Bildern Geld verdienen. Dass wollen die Bäuerinnen und Bauern auch, aber für ehrliche, anstrengende Arbeit, mit der sie die Lebensmittelversorgung Österreichs sichern. Und mit der sie für die schöne Kulturlandschaft verantwortlich sind, wegen der Millionen Touristen jedes Jahr nach Österreich kommen.
„Tierwohl ist keine Erfindung des Handels.“
Stephan Pernkopf
Rewe-Vorstand Marcel Haraszti wird an einer Podiumsdiskussion am Agrarpolitik-Tag teilnehmen. Im Lebensmitteleinzelhandel werden der Tierwohl-Aspekt und die Nachhaltigkeit immer wichtiger. Dadurch steigen die Anforderungen an die Bauern. Was erwarten Sie sich von den Handelsvertretern, um dieses Spannungsverhältnis etwas zu lösen?
PERNKOPF: Tierwohl und Nachhaltigkeit sind keine Erfindung des Handels, unsere Betriebe arbeiten immer schon so. Gut, wenn der Handel das abgelten will, dabei darf sich das Ganze aber nicht wie auf einer schiefen Ebene zulasten der Bauern verschieben. Das heißt: Ja zur Abgel- tung von Qualität, aber dabei braucht es eine Partnerschaft auf Augenhöhe. Die Initiative von Ministerin Köstinger gegen unfaire Handelspraktiken ist dabei ein wichtiger Schritt.
Am Agrarpolitik-Tag sprechen namhafte Referenten aus dem Bereich Wirtschaft, darunter Josef Schmidhuber von den Vereinten Nationen. Soll damit eine verstärkte Ausrichtung auf die wirtschaftliche Komponente der Landwirtschaft gelegt werden und wie können internationale Handelsabkommen den Landwirten nutzen?
PERNKOPF: Natürlich werden wir vom internationalen Markt stark beeinflusst. In vielen Sparten leben wir sehr gut vom Export, da setzt sich unsere Qualität durch. Im Vorjahr sind die Ausfuhren ja nochmal um vier Prozent gestiegen, auf 11,5 Mrd. Euro. Trotzdem müssen wir gut aufpassen, bei Handels- abkommen darf die Landwirtschaft nicht zum Bauernopfer werden, sondern muss zu den Gewinnern gehören.
Wer Qualität will, muss bereit sein, sie zu bezahlen
Ein besonders wichtiges Thema wird in diesem Jahr die Neugestaltung der EU-Agrarpolitik ab 2021 sein. Der aktuelle Kommissionsvorschlag sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten eigene Strategiepläne erstellen. Wie zufrieden sind Sie mit diesem Vorschlag, und wo sehen Sie Verhandlungsbedarf?
PERNKOPF: Es kann schlussendlich nicht mehr Leistung für weniger Geld geben, das muss klar sein. Wenn aber alle in verschiedene Richtungen ziehen, wird das Match Groß gegen Klein noch verstärkt. Die Produktionsbedingungen in den EU-Staaten sind schon jetzt sehr unterschiedlich. Wer aber kleine Einheiten und hohe Qualität bestellt, muss auch bereit sein, sie zu bezahlen – also ökosozial statt marktradikal. Dem muss sich Brüssel genauso bewusst sein wie die heimischen Konsumenten. Denn es hilft niemandem, weder den Konsumenten noch der Umwelt, wenn sich die Produktion mehr und mehr ins Ausland verlagert und wir dann schlechtere Lebensmittel importieren.
Das Ökosoziale Forum setzt sich für die Umsetzung einer ökosozialen Marktwirtschaft ein. Ist das mit der aktuellen EU-Agrarpolitik möglich? Bzw. was muss auf EU-Ebene geändert werden, um als Landwirt möglichst ökologisch, sozial und ökonomisch arbeiten zu können?
PERNKOPF: Die Lebensmittelproduktion im eigenen Land zu halten, und das noch dazu auf diesem hohen Standard, ist sicher die Herausforderung der nächsten Jahre und Jahrzehnte. Da sind wir prinzipiell gut aufgestellt. Denn wenn davon geredet wird, wie wichtig naturnahe Lebensmittel, regionaler Einkauf und kurze Transportwege doch wären, dann können das unsere bäuerlichen Familienbetriebe längst bieten. Oder auch im Bereich der Energieversorgung: Alle reden vom klimaschädlichen Öl und Gas. Wir produzieren längst unsere eigene, saubere Energie aus heimischen Rohstoffen. Das alles ist schon jetzt absolut ökosozial. Gerade in schwierigen Jahren wie dem vorigen, mit Dürren, Wetterextremen und aufreibenden Pflanzenschutzdiskussionen muss das honoriert werden. Das braucht aber nicht nur gesellschaftliche Anerkennung, sondern auch konkrete Unterstützung. Bei der nächsten GAP mit einem Fokus auf unsere vergleichsweise kleinen Strukturen und unsere hohen Standards genauso wie im Rahmen der aktuellen Steuerreform, auch da erwarte ich mir klare Entlastungen für die Bäuerinnen und Bauern.
Neu an der Wintertagung 2019 ist der Fachtag Bildung. Wie kam es zu diesem neuen Schwerpunkt und was dürfen sich die Besucher erwarten?
PERNKOPF: Wir müssen schon auch selber erzählen, wo die Lebensmittel herkommen und wie moderne Landwirtschaft funktioniert. Nicht daheim am Küchentisch, sondern in der breiten Öffentlichkeit. Und da müssen wir bei den Jüngsten, in den Schulen, anfangen. Gerade dort wird ja oft schon blanker Unsinn gelehrt und ganz gezielt Meinung gegen die Bauern gemacht.
Das Tagungsprogramm im Überblick
• Montag, 28. Jänner 2019:
Agrarpolitik, Austria Center Vienna, Wien
• Dienstag, 29. Jänner 2019:
Ackerbau, Universitäts- und Forschungszentrum Tulln, NÖ
Berg&Wirtschaft, LLA Rotholz, Tirol
• Mittwoch, 30. Jänner 2019
Geflügelhaltung, Kultursaal Hatzendorf, Stmk.
Landtechnik, HBLFA Francisco Josephinum Wieselburg, NÖ
Weinwirtschaft, Universitäts- und Forschungszentrum Tulln, NÖ
• Donnerstag, 31. Jänner 2019
Schweinehaltung, HLBLA St. Florian, OÖ
Bildung, Universität für Bodenkultur, Wien – neu im Programm
Gemüse-, Obst- und Gartenbau, HBLFA Schönbrunn, Wien
Grünland- und Viehwirtschaft, Puttererseehalle, Aigen im Ennstal, Stmk.
• Freitag, 1. Februar 2019
Grünland- und Viehwirtschaft, Puttererseehalle, Aigen im Ennstal, Stmk.
Kommunikation, Universität Wien, Wien
Informationen zu Anmeldung und Programm finden Sie unter www.ökosozial.at
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