Nutzen Sie den Beitragsrechner

Interview mit SVB-Generaldirektor Franz Ledermüller

Franz Ledermüller:
Franz Ledermüller: “Der SV-Beitrag steigt meist weniger als der Einheitswert. Zu bedenken ist weiters, dass der höhere Einheitswert auch für die Leistungsbemessung in der Pensionsversicherung einen Vorteil bringt.” ©SVB
Nach und nach erhalten Österreichs Landwirte die neuen Einheitswertbescheide zugestellt. Zur Frage, wie sich die neuen Einheitswerte in der bäuerlichen Sozialversicherung auswirken, haben wir mit SVB-Generaldirektor Franz Ledermüller ein Interview geführt.

Durch die Hauptfeststellung zum Stichtag 1. Jänner 2014 werden die Einheitswerte für wirtschaftliche Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens erstmals seit mehr als 25 Jahren an die aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst. Auf die Beitragsgrundlagen für die Sozialversicherung der Bauern (SVB) wirkt sich der neue Einheitswert ab 1. Jänner 2017 aus. Viele bäuerliche Betriebsführer fragen sich, wie die neuen Einheitswerte auf die Beiträge zur bäuerlichen Sozialversicherung wirken.

Es gibt erste Bescheide, in denen der neue Einheitswert deutlich höher ist als der bisherige. Wie wirkt sich das auf die Sozialversicherungsbeiträge aus?
Ledermüller: Ich möchte vorausschicken – die Einheitswerte Alt und Neu sind zumeist nicht direkt vergleichbar. Das gilt insbesondere für Betriebe mit großem Pachtflächenanteil. Denn im Einheitswert Neu sind auch die Zuschläge für öffentliche Gelder enthalten, und zwar für Eigen- und für Pachtflächen. Dies war bisher nicht der Fall. Zudem gibt es auch einige weitere Gründe, aus denen die Einheitswerte steigen können (Anm. siehe Kasten “Hauptfeststellung” ).
Was die SV-Beiträge betrifft, so kann man von einer Änderung im Einheitswertbescheid nicht unmittelbar auf die Änderung bei den Beiträgen schließen. Da muss man sich die Beiträge gesondert anschauen. Da sieht die Sache dann schon anders aus.

Können Sie ein Beispiel geben?
Ledermüller: Wir haben ein Beispiel gerechnet, das in der Praxis häufig anzutreffen sein wird (Anm. siehe Tabelle “SV-Beitrag und Einheitswert). In diesem Betrieb steht einer Veränderung von 75 Prozent beim Einheitswert eine Veränderung beim SV-Beitrag von 13 Prozent gegenüber. Um bezüglich der Änderung beim SV-Beitrag stichhaltige Auskunft zu bekommen, haben wir auf unserer Internetseite einen Beitragsrechner installiert. Ich rate dringend, diesen Beitragsrechner zu nutzen. Damit lässt sich ausgehend vom derzeitigen betrieblichen Einheitswert der Vergleich zwischen altem und neuem Beitrag ziehen. Ich betone nochmals: Man muss sich den Beitrag anschauen und nicht die Einheitswerte.

Dennoch ergibt sich auch in diesem Beispiel ein höherer SV-Beitrag …
Ledermüller: In der Sozialversicherung reden wir von einer voraussichtlichen Änderung des Beitragsaufkommens von in Summe jährlich rund 30 Mio. Euro. Abzüglich der Rückerstattung aus der Steuerreform 2015/16 – in Höhe von 15 Mio. Euro jährlich – wird die effektive Veränderung pro Jahr bei etwa 15 Mio. Euro liegen.

Die Frostschäden dieses Frühjahrs sind für viele Obst- und Weinbaubetriebe eine existenzielle Herausforderung. Kann die SVB hier Erleichterungen gewähren?
Ledermüller: Wir bieten hier die Möglichkeit, Stundungen und Ratenzahlungen zu vereinbaren. Betroffene Betriebe können ab sofort ansuchen. Voraussetzung ist, dass der Schadensfall für den Katas- trophenfonds anerkannt wird. Darüber hinaus ist angekündigt, dass ein Quartal der Beiträge aller vollversicherten Betriebe über die Rücklagen der bäuerlichen Krankenversicherung finanziert werden soll. Dazu brauchen wir ein Gesetz. Das ist politisch zu klären. Wir sind grundsätzlich bereit. Die Kosten belaufen sich auf rund 167 Mio. Euro. Derzeit gibt es keine gesetzliche Grundlage für das Aussetzen eines Quartalsbeitrags.

Bis wann könnte das stattfinden?
Ledermüller: Sobald der Gesetzgeber grünes Licht gibt. Angekündigt ist das dritte Quartal 2016. Dafür wäre noch vor dem Sommer eine gesetzliche Grundlage erforderlich. Möglicherweise wird es auch das vierte Quartal 2016.

Ab dem ersten Quartal 2017 werden die neuen Einheitswerte beitragsmäßig wirksam. Sind Sie hier im Zeitplan?

Ledermüller:
Laut Finanzverwaltung und Bundesrechenzentrum sollen die Bescheide bis zum Herbst 2016 erstellt sein. Bisher musste ich aber erhebliche Zeitverzögerungen feststellen. Uns fehlen nach wie vor ausreichende Testdaten, die wir dazu benötigen, um die neuen Einheitswertbescheide in unser System übernehmen zu können.

Welche Konsequenzen ergeben sich daraus?
Ledermüller: Die Vorschreibung der SV-Beträge für das erste Quartal 2017 erfolgt zum 1. April 2017. Es ist absehbar, dass wir allein aus technischer Sicht die Bescheide bis zu diesem Termin bei Weitem nicht in unser System einarbeiten können. Es geht hier wohlgemerkt um 550.000 Bescheide. Zwar wird der Großteil davon automatisiert zu übernehmen sein, nach bisherigen Erfahrungen rechnen wir aber immer noch mit etwa 150.000 Bescheiden, die händisch zu bearbeiten sind. Das heißt, wir werden für das erste Quartal 2017 in der überwiegenden Zahl der Fälle nach den alten Einheitswerten vorschreiben. Erst wenn nach und nach die neuen Einheitswerte in unser System übernommen sind, können wir rückwirkend die Beiträge neu berechnen. Im Ergebnis wird es hier zu Nachverrechnungen oder Gutschriften kommen. Es ist nicht auszuschließen, dass diese Korrekturen drei oder vier Quartale betreffen. Zu betonen ist, dass diese zeitlichen Verzögerungen in erster Linie auf die technischen Probleme beim Versand der Bescheide durch die Finanzbehörden zurückzuführen sind.

Wirken Beschwerden gegen den neuen Einheitswertbescheid aufschiebend?
Ledermüller: Einheitswertbescheide, die das Bundesrechenzentrum an die SVB übermittelt, werden zur Beitragsberechnung herangezogen, auch wenn der Bescheid fehlerhaft ist. Wird einer Beschwerde gegen den Hauptfeststellungsbescheid stattgegeben, dann erfolgt die Aufrollung bzw. Korrektur im SV-Recht rückwirkend mit der Wirksamkeit des bekämpften Bescheides – somit im Regelfall zum 1. Jänner 2017. Ich empfehle dringend, im Fall einer beabsichtigten Beschwerde den Rat von Fachleuten, z. B. bei den Landwirtschaftskammern, einzuholen. Berechtigt sind Beschwerden dann, wenn Fehler zu korrigieren sind; so kommt es z. B. vor, dass Zuschläge bei Ehegatten mehrfach zugerechnet werden. Solche Fehler dürfen keine Rechtskraft erlangen. Allerdings steht hinter einer Beschwerde häufig die Erwartung, dass der Einheitswert sinkt oder zumindest gleich bleibt. Beides muss jedoch nicht zutreffen, denn durch die Beschwerde wird ein neues Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt, das auch einen höheren Einheitswert ergeben kann.

Hauptfeststellung: Einheitswerte sind nicht direkt vergleichbar

Im Zuge der Hauptfeststellung der land- und forstwirtschaftlichen Einheitswerte (EW) zum Stichtag 1. Jänner 2014 kann es zu deutlichen Änderungen bzw. Erhöhungen kommen. Aufgrund neuer Bewertungsregeln sind aber die EW-alt nicht direkt mit den neuen EW vergleichbar:

  • Es hat Änderungen bei den Bewertungsregeln und Hektarsätzen gegeben.
  • Erstmals werden die öffentlichen Gelder der ersten Säule GAP (z. B. Betriebsprämie, Tierprämie) mit 33 % des im Vorjahr ausbezahlten Betrags beim EW berücksichtigt.
  • Tierbestände und Flächennutzung werden auf den aktuellen Datenstand korrigiert.
  • Zu EW-Erhöhungen kann es auch bei hohem Pachtflächenanteil kommen, aufgrund der Zurechnung der öffentlichen Gelder im Bescheid des Bewirtschafters.

Das Beispiel in der untenstehenden Tabelle zeigt, dass die Steigerung beim EW bei der Berechnung der SV-Beiträge nur in deutlich geringerem Ausmaß wirksam wird. Die SVB hat auf ihrer Internetseite unter www.svb.at/beitragsrechner einen Beitragsrechner bereitgestellt, mittels dem die neuen SV-Beiträge berechnet werden können. Voraussetzung ist eine, den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Eingabe des Einheitswertes, da der Rechner nicht auf Echtdaten zugreift.

SV-Beitrag und Einheitswert

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