Natura 2000: Der Sonderfall Kärnten

Der Umgang des Landtags mit den Rechten der Grundeigentümer im Zusammenhang mit Natura 2000 veranlasste den Kärntner Bauernbund zu einer Demonstration.

Die Demo des Kärntner Bauernbunds vor dem Landesarchiv in Klagenfurt ©ZVG
Die Demo des Kärntner Bauernbunds vor dem Landesarchiv in Klagenfurt ©ZVG
Am 14. Juni lud der Kärntner Landtag zu einer Enquete zum Thema Natura 2000 in das Landesarchiv ein. Der Bauernbund nahm dies zum Anlass, eine Demonstration abzuhalten, weil seine Anliegen seitens des Landesrates und Naturschutzreferenten Rolf Holub nicht ernst genommen werden. Unter dem Deckmantel Naturschutz wird wahllos mit den Rechten der Grundeigentümer, den Bäuerinnen und Bauern umgegangen.
Der Bauernbund als Vertreter der Interessen der Kärntner Land- und Forstwirtschaft und der Grundeigentümer hatte zu diesem Thema schon einige Informationsveranstaltungen abgehalten.
Bei diesen Informationsveranstaltungen sind wichtige Fragen offen geblieben, die bis heute weder von den zuständigen Behörden noch vom Landesrat beantwortet wurden:
Wo sind die Schutzgüter? (Wie werden diese überhaupt gefunden?)
Welche Schutzgüter betrifft es?
Welche Einschränkungen ergeben sich für die Bewirtschafter?
Welche Einschränkungen könnten in Zukunft dazukommen?
Werden die Grundeigentümer für die wirtschaftliche Erschwernis entschädigt und wenn ja, in welcher Form?
Der Bezirksobmann des Bauernbunds Klagenfurt und Initiator der Demo, KR Josef Fradler, kritisiert den Landesrat und auch die Grünen scharf: “Die Grünen und Holub fordern bei allem Transparenz und Bürgerbeteiligung. Die praktizierte Vorgehensweise stellt genau das Gegenteil dar, weil Betroffene kein Mitspracherecht bzw. keine Rechtsschutzmöglichkeiten haben. Holubs Vorschläge verfolgten nicht die ehrliche Intention einer Entschädigung. Einen lapidaren Satz im Naturschutzgesetz aufzunehmen, der in der Realität nicht mit ‚Leben‘ erfüllt werden kann, ist reine Augenauswischerei. Wir wollen eine ehrliche und nachhaltige Entschädigungsregelung. Zu sagen, ‚die Eigentümer verhindern‘, ist wie vieles in der Natura 2000-Debatte schlichtweg falsch. Ja zum ehrlichen Naturschutz. Die Bauern und Grundeigentümer Kärntens machen das schon seit Generationen. Mit Nachdruck fordere ich den Landesrat auf, endlich zu seinen Worten zu stehen, die wie folgt lauteten: ‚Nur gemeinsam schützen, wenn der Grundeigentümer nicht will, dann nicht!&lsquo”
Auf Grundlage von Luftbildern und Literatur mit Bleistiften Schutzgüter auszuweisen, sei eindeutig zu wenig. Wer ständig nach Bürgerbeteiligung ruft, müsse diese selbst leben, so Fradler: “Wir freuen uns, wenn die Bauernbund-Demo Wirkung gezeigt hat, und die Gesprächsbereitschaft seitens des Landesrats endlich gegeben ist.”
Anlässlich der Fachenquete zu Natura 2000 stellte auch Landwirtschaftskammerpräsident Johann Mößler einmal mehr die unverhandelbaren Voraussetzungen klar, unter denen die bäuerliche Interessenvertretung einer Flächenausweisung zustimmen kann: “Nur wenn wissenschaftlich abgesichert ist, dass das Schutzgut vorkommt und auch die Verbreitung definiert ist, darf eine Ausweisung in Betracht gezogen werden. Großflächige Gebietsausweisungen, bei denen aber oft nicht klar ist, wo sich die Schutzgüter überhaupt befinden, sind abzulehnen. Das kommt mir so vor, als ob man in der Klagenfurter Innenstadt drei denkmalschutzwürdige Gebäude feststellt und dann gleich den ganzen Bezirk zum Denkmalschutzgebiet erklärt.” Der Präsident erklärt sich auch nicht mit der Vorgangsweise des Landes Kärnten im Hinblick auf die Einbindung der betroffenen Grundbesitzer einverstanden: “Die Eigentümer wurden zwar informiert, dass ihre Flächen Teil des Natura 2000-Netzwerkes werden sollten, niemand konnte ihnen jedoch sagen, welche Auflagen, Einschränkungen und Konsequenzen damit verbunden sind. Das sorgt für maximale Verunsicherung. Ohne Einbindung der Grundeigentümer wird es aber nicht gehen. Ich fordere daher das Land Kärnten auf, in Zukunft mit den Grundeigentümern zu arbeiten und nicht über deren Köpfe hinweg zu entscheiden.” Auch sei Kärnten das einzige Bundesland, in dem keine Entschädigungszahlungen für vermögensrechtliche Nachteile im Zusammenhang mit Natura 2000 im Naturschutzgesetz vorgesehen sind, so Mößler, der betonte, dass es sich nach geltender Rechtsmeinung um einen verfassungswidrigen Zustand handle, der überdies gegen Beschlüsse des Kärntner Landtags verstoße. Bereits im Juli 2000 habe sich der Landtag einstimmig dafür ausgesprochen, dass jegliche Nennungen von Gebietskulissen nur nach einer finanziellen Entschädigung und nach ausdrücklicher Zustimmung der Grundeigentümer erfolgen dürfen. Im April 2015 habe der Landtag diesen Beschluss bekräftigt.

Die Beschlüsse

BB-Bezirksobmann und Initiator der Demo, Josef Fradler ©ZVG
BB-Bezirksobmann und Initiator der Demo, Josef Fradler ©ZVG
Beschluss des Kärntner Landtags vom 12. Juli 2000: Die Kärntner Landesregierung wird aufgefordert, das Recht des Eigentums unangetastet zu lassen und jegliche Nennungen von Gebietskulissen oder Veränderungen von Natur- und Landschaftsschutzgebieten bzw. Richtlinien nur nach entsprechender finanzieller Entschädigung, dauernder Abgeltung der Erschwernisse und vor allem erst im Einvernehmen und nach ausdrücklicher Zustimmung der Grundeigentümer vorzunehmen.
Beschluss des Kärntner Landtags vom 30. April 2015: Die Kärntner Landesregierung wird aufgefordert, bei der Nominierung und Ausweisung weiterer Natura 2000-Schutzgüter in Kärnten die Grundeigentümer von Beginn an einzubinden und mit ihnen ein Einvernehmen herzustellen, deren Interessen zu berücksichtigen und für damit zusammenhängende vermögensrechtliche Nachteile oder Wirtschaftserschwernisse entsprechende Entschädigungen vorzusehen.
“Was besonders wertvoll ist, soll auch besonders geschützt werden. Aber Naturschutz gelingt nur mit den Grundeigentümern, nicht gegen sie!”, so der LK-Präsident.

Antwort von BO Fradler auf den Brief von LR Holub

Mit scharfen Worten antwortete BB-Bezirksobmann Josef Fradler auf den Brief von LR Rolf Holub: “Wir stellen klar, dass Ihre Vorgehensweise weder den Bäuerinnen und Bauern, noch den Grundeigentümern, zumutbar ist. Wir betreiben schon seit Jahrtausenden effektiven Naturschutz, ansonsten gäbe es unsere Natur in dieser Form schon lange nicht mehr. Ohne tägliche Pflege der Wiesen und Wälder gäbe es keinen Erholungsraum oder Naturschutz. Wir lassen uns nicht von der Naturschutzabteilung des Landes und Ihnen unseren Lebensraum nehmen und durch willkürliche Enteignungstaktik zerstören. Immerhin haben genau wir diesen Lebensraum erhalten und über Generationen gepflegt. Sie können unseren Grund und Boden nicht einfach willkürlich neu definieren. Wir fordern eine schriftliche Sicherstellung von Ihnen, dass Natura 2000 Schutzgebiete nur im Einvernehmen mit den Grundeigentümern ausgewiesen werden! Sonst – nicht mit uns!”

Die Forderungen des Kärntner Bauernbunds

In der Vollversammlung Landwirtschaftskammer Kärntnen im April dieses Jahres forderte der Kärntner Bauernbund von LR Rolf Holub, dass vor der Meldung von weiteren Natura 2000-Gebieten, insbesondere wenn diese Waldlebensraumtypen betreffen, folgende Punkte klargestellt werden: 1. Ob und wenn ja, welche Einschränkungen in der Bewirtschaftung die Grundeigentümer konkret je nach Schutzgut zu erwarten haben. 2. In welchem Ausmaß die Grundeigentümer vom Schutzgut tatsächlich betroffen sind. 3. Die Erstellung von Managementplänen nur im Einvernehmen mit den Grundeigentümern. 4. Dass der einstimmige Landtagsbeschluss vom 12. Juli 2000, in dem das Einvernehmen und die ausdrückliche Zustimmung der Grundeigentümer festgeschrieben wurden, respektiert und eingehalten wird. 5. Dass der Entschädigungsparagraf 49 des Kärntner Naturschutzgesetzes im Interesse der Grundeigentümer umgehend zu verbessern ist.

Und hier gehts zum Video über die Bauernbund-Demo

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