Claudia Plakolm (27) ist Jugendstaatssekretärin und seit Kurzem auch für die Zivildiener in der Landwirtschaft zuständig. Alexander Bernhuber (30) ist seit bald drei Jahren Europa-Abgeordneter des Bauernbundes. Ein Gespräch darüber, wie die beiden Politik in Wien und Brüssel mitgestalten.

Anlass für das Interview ist, dass die beiden Jungpolitiker am 31. Mai um 19.30 Uhr gemeinsam mit Martin Selmayr, dem Leiter der Vertretung der EU-Kommission in Österreich, am Francisco Josephinum in Wieselburg mit Jugendlichen diskutieren werden.

BauernZeitung: Sie haben anlässlich des diesjährigen “Europäischen Jahres der Jugend” einen Check für EU-Gesetze gefordert. Wie kann das gehen?

Plakolm: In Österreich funktioniert das schon sehr gut. Uns Jungen muss bewusst sein, dass wir morgen in der Welt leben, die wir uns heute durch Gesetze schaffen. Was in Österreich schon gut gelingt, nämlich einen Check nationaler Gesetze mit der “wirkungsorientierten Folgeabschätzung”, müssen wir auch auf Ebene der EU machen. Wir müssen die Auswirkungen und Konsequenzen für die nächsten Generationen erfassen, nicht nur, was man sich von einem Gesetz erwartet. Auf EU-Ebene sind 500 Millionen Menschen von diesen Gesetzen betroffen.

Solche Folgenabschätzungen gibt es beim Freihandel wie Mercosur oder dem GreenDeal. So etwas wollen Sie bei jedem Gesetz machen?

Genau. Für sämtliche Vorhaben, die die EU als Gesetz plant, gehört formal abgeschätzt, welche Folgen damit einhergehen. In Österreich gibt es diesen Jugend-Check bereits.

Aber bedeutet das nicht gleichzeitig auch mehr Bürokratie?

Nein, es soll nicht zu mehr Bürokratie führen, sondern zu mehr Verständnis der Bevölkerung für die Maßnahmen, die in Brüssel getroffen werden. Ich will durch Nachvollziehbarkeit Europa greifbarer machen.

Wie kann man Europa erlebbar machen und Jugendlichen näherbringen?

Europa ist für uns alle tagtäglich erlebbar: In der Reisefreiheit, in der Sicherheit, in Mobilitätsprogrammen wie “Erasmus Plus”. Endlich kann man jetzt wieder ins Ausland fahren zum Studieren oder Arbeiten. Mir ist aber auch wichtig, dass man die EU- Institutionen erlebbar macht und zeigt, wie das “Werkl” in Brüssel funktioniert.

Ein gutes Stichwort für Alexander Bernhuber. Sie arbeiten in einem dieser Werkl, dem EU-Parlament. Dort wurde die Gemeinsame Agrarpolitik, kurz GAP, ab 2023 mit ausgearbeitet und beschlossen. Was ändert sich für Jungbäuerinnen und Jungbauern?

Bernhuber: Die Jugend konnte sich durchsetzen und erhält mehr Unterstützung als zuvor. Durch die neue GAP soll die Hofübernahme für Jungbäuerinnen und Jungbauern auf EU-Ebene attraktiver werden, sie erhalten 3 Prozent der gesamten Mittel. In Österreich werden durch die nationalen Strategiepläne Junglandwirte bis zu 15.000 Euro Förderung erhalten. Das ist eine wichtige Errungenschaft für die zukünftige Generation und den Erhalt von Familienbetrieben im ländlichen Raum.

Auf welche Erfolge, nicht nur für junge Hofübernehmer, im EU-Parlament sind Sie stolz?

Ich setze mich dafür ein, dass die junge Generation gute Ausgangsbedingungen bekommt. Und konnte 
dazu beitragen, Schlimmes zu verhindern, etwa durch meine klare Ablehnung gegen das Mercosur-Abkommen oder meinen Einsatz für einen wissenschaftlichen und vernünftigen Zugang, wenn es um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln geht. Das soll dazu beitragen, dass künftige Hofübernehmerinnen und Hofübernehmer ihre Betriebe erhalten und die Versorgungssicherheit garantieren können. Auch dass in diesem Jahr die Greening Flächen freigegeben wurden, war nur durch den Druck des EU-Parlaments möglich.

„Corona hat uns gelehrt,
dass man eben nicht alles digitalisieren kann.“ 
Claudia Plakolm

Welche Initiativen haben Sie generell für die Jugend am Land gesetzt?

Im Parlament habe ich die EU-Kommission dazu aufgefordert, dass die Union mehr landwirtschaftliche Praktika im Ausland unter Erasmus Plus fördern soll. Generell ist mir der Austausch mit jungen Leuten im ländlichen Raum wichtig, um ihre Anregungen und Forderungen nach Brüssel zu bringen. Daher nehme ich auch gerne an Diskussionsformaten, wie der Veranstaltung “InTalk” in Wieselburg, teil. Ich lade auch regelmäßig Gruppen von Jugendlichen nach Brüssel ein, um die Institutionen kennenzulernen und die Anliegen für den ländlichen Raum zu diskutieren.

Auch im Regierungsprogramm ist vorgesehen, Schulklassen verstärkt nach Brüssel bringen. Auch ein Anliegen der Jugendstaatssekretärin?

Plakolm: Natürlich, weil es einfach wichtig ist, dass man diese Institutionen erlebt. Und dass man das Herz der Demokratie in Europa auch mal von innen gesehen hat. So wie es auch die Wien-Woche für die Unterstufe gibt. Wichtig ist mir auch, dass wir Berufsschülerinnen und -schüler nach Brüssel bringen, um die Verständnisbildung für europäische Einrichtungen zu verbessern.

Passiert das jetzt schon?

Ich war selbst in meiner Schulzeit statt einer Wien-Woche in Brüssel, weil wir diesbezüglich eine sehr engagierte Lehrerin hatten.

In den vergangenen zwei Jahren ist das gesellschaftliche Leben über weite Strecken eingeschlafen. Was muss man tun, um Feste und Events wiederzubeleben?

Ich war und bin über viele Bundesländer hinweg unterwegs, in Orten und Vereinen. Das ist mir sehr wichtig. Dabei konnte ich beobachten, dass das Leben wieder Einzug hält, und dass Ehrenamt und Vereinsleben wieder Fahrt aufnehmen. Das ist auch dringend notwendig nach diesen zwei Jahren Pandemie, die nicht nur junge Menschen stark getroffen haben, sondern auch unsere Vereine. Wir unterstützen unsere Vereine bestmöglich mit dem NPO-Fonds oder Veranstaltungsschutzschirmen. Wenn solche Instrumente auch in Zukunft notwendig werden sollten, werde ich mich auch dafür einsetzen.

Am 31. Mai kann man Sie beide beim InTalk in Wieselburg antreffen. Was erwartet die Besucher dort?

Eine spannende Diskussion zum Europäischen Jahr der Jugend, gemeinsam mit dem Leiter des Büros der EU-Kommission in Österreich Martin Selmayr. Wir sind schon gespannt auf die Fragen, mit denen wir dort konfrontiert werden.

 

 

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AUTORInterview: Martina Rieberer
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