„Fleisch“ aus dem Labor geht bald in Serienproduktion

Die Produktion von Fleischersatzprodukten ist ein Geschäft für Großkonzerne. Firmen wie Nestlé oder Tyson Foods sowie Größen der Finanzwelt investieren in „cultured meat“. Nun hat ein Unternehmen aus Israel angekündigt, Kunstfleisch bald für „jedermann“ anbieten zu können.

In Fermentern werden Bindegewebszellen gezüchtet, die man als Fleischsubstanz „ernten“ kann. Foto: Ivan Traimak – stock.adobe.com

Künstliches Fleisch gilt potenten Investoren als „Game Changer“. Das heißt, dass man dem Erzeugnis das Potenzial zuschreibt, den Fleischmarkt zu revolutionieren. Mit einer derart hochtrabenden Ansage ist Ende Juni das in Israel, nahe Tel Aviv, ansässige Unternehmen Future Meat Technologies an die Öffentlichkeit gegangen, als es bekanntgab, eine neue Produktionsanlage in Betrieb zu nehmen, die den Schritt vom Labormaßstab in die skalierbare industrielle Kunstfleischsynthese vollendet. Die Pilotanlage sei in der Lage, täglich 500 kg synthetisches Fleisch zu produzieren, was etwa den Laibchen für 5.000 Hamburger entspreche bzw. etwa der Fleischmenge einer Kuh.

Ein Kilo Hühnerbrust für 7,50 US-Dollar
Aufgrund der Produktion in industriellem Maßstab und rascher Zyklen („20-mal schneller als traditionelle Tierhaltung“) soll die neue Anlage die bisher exorbitant hohen Preise des Kunstfleisches auf das Niveau herkömmlicher Fleischprodukte bringen. Das Kilo Hühnerbrust soll bereits für 7,50 US-Dollar herstellbar sein und damit „leistbar für jedermann“. Neben Hühnerfleisch-Ersatz kann die Anlage auch Kunstfleisch mit Schweine- und Schaf-Typ synthetisieren. Rindfleisch-Ersatz braucht noch weiteren Entwicklungsaufwand.
Die Marktreife und Ausrollung in Supermärkte und Gastronomie will Future Meat bis Mitte 2022 erreichen. Möglich ist auch, dass Produktionsanlagen an weitere Hersteller lizensiert werden. Erste Testmärkte plant man in den USA, die Genehmigung der Produktionsanlage wird aktuell auch in anderen Ländern vorbereitet.
Die Marktaussichten des Produkts haben Großinvestoren überzeugt und zu hohen Investitionen veranlasst. Das erst 2018 gegründete Unternehmen Future Meat konnte bereits kurz nach der Gründung eine Finanzierungsrunde von 14 Millionen US-Dollar abschließen. Im heurigen Jahr haben strategische Partner weitere rund 27 Millionen Dollar bereitgestellt.
Mitte Juli wurde schließlich eine Zusammenarbeit von Future Meat mit dem Nahrungsmittelmulti Nestlé bekanntgegeben. Die Nestlé-Forschung hat bisher überwiegend an pflanzlich basierten Fleischalternativen geforscht. Nun wolle man dies mit der Technologie von Future Meat ergänzen, um den Fleischersatz in Geschmack, Geruch und Textur weiter zu optimieren. Über den finanziellen Aspekt der Zusammenarbeit wurden keine Informationen veröffentlicht.

Hybrid-Produkte mit pflanzlichem Protein
Während veganer Fleischersatz im internationalen Maßstab bereits ein etabliertes Geschäft ist, stehen Produkte auf Grundlage tierischer Zellen erst am Beginn. Future Meat verwendet für die Fleischsynthese Bindegewebszellen (Fibroblasten), die in Fermentern mittels Nährlösung vermehrt werden. Man betont, dass für den Produktionsprozess keine gentechnischen Modifikationen erforderlich sind. Neben Fleischfasern lasse sich mit der Methode auch tierisches Fett synthetisieren. Weiters ist es möglich, die Produkte aus tierischen Zellen mit Proteinen pflanzlichen Ursprungs zu „Hybrid-Produkten“ zu kombinieren, um Textur, Aroma und Geschmack zu optimieren.

Hans Maad

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AUTORRed. SN
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