Europäisches Wolfsproblem bedarf europaweiter Lösung

Über die Auswirkungen der zunehmenden Verbreitung des Wolfs in den Ländern Europas informierten Experten bei einer Klubenquete der ÖVP vergangene Woche. Eine generelle Absenkung des Schutzstatus und ein länderübergreifendes Monitoring sollen es richten.

Die EU-Wolfspopulation wächst. Gefordert wird eine Statusänderung in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie.

Gut 20.000 Wölfe treiben laut Angaben des Landwirtschaftsministeriums mittlerweile in der EU nachgewiesen ihr Unwesen. Nicht nur in Österreich hat das Auswirkungen auf die Weidetierhaltung, bestätigte auch eine Expertenrunde aus vier europäischen Ländern, die auf Einladung der agrarpolitischen Vertreter der Volkspartei in die Bundeshauptstadt gekommen waren. 

In Schweden etwa sei die Lage mittlerweile durchaus „ernst“, wie der Präsident des Dachverbandes der europäischen Jäger, Torbjörn Larsson, und sein Landsmann Gunnar Glöersen, ein Wildbiologe, bestätigten. „2023 zählten wir ungefähr 450 Wölfe. Das bedeutet für unsere Landwirte, dass so gut wie alle Rentierherden eingezäunt werden müssen“, berichtete Glöersen. Nichtsdestotrotz seien mehr als 20.000 Tiere den Wölfen zum Opfer gefallen, weiß der Wildbiologe.

Nicht weniger dramatisch stelle sich die Lage in der Slowakei dar, erläuterte Michaela Skuban, ebenfalls studierte Wildbiologin: „Unser Wolfsmonitoring zeigt, dass 75 bis 80 Prozent der Weiderisse auf Wölfe zurückgehen.“ 700 getötete Nutztiere gingen demnach im Vorjahr auf das Konto des Großraubtiers Wolf. 

Die für die Slowakei offiziell präsentierten Zahlen seien laut Skuban „zu alt“. Es brauche generell „eine gemeinsame europäische Datenbasis“. 

Ähnliches meldete der Bundestagsabgeordnete der CSU, Artur Auernhammer, aus Deutschland. Mit 2.500 bis 3.000 Wölfen deutschlandweit sei der „günstige Erhaltungszustand bereits erreicht“, weshalb auch die Bundesrepublik für eine Neubewertung des Schutzstatus eintrete. 

Ebenfalls seit Jahren von Wölfen besiedelt ist die Schweiz. Der aus dem besonders wolfsgeplagten Kanton Graubünden angereiste Biologe und anerkannte Wolfsfachmann, Marcel Züger, unterstrich die Brisanz der Wolfsproblematik in der Eidgenossenschaft: „Der Wolf ist der erfolgreichste Beutegreifer auf der Nordhalbkugel. Er versteht es gut, sich an unterschiedliche Gegebenheiten anzupassen.“ In Graubünden habe es 2020 und 2021 jeweils an die 250 Wolfsrisse gegeben. Trotz „Rekordinvestitionen in den Herdenschutz“ hätte sich die Risszahl 2022 auf 517 Tiere mehr als verdoppelt. Mittlerweile sei auch in der Schweiz ein Kurswechsel vollzogen worden, berichtete Züger. „Ein Drittel der Wolfsrudel wurde zum Abschuss freigegeben.“

Auch in Österreich häuften sich in den vergangenen Wochen wieder Wolfssichtungen in Siedlungsgebieten. Erste Risse wurden – pünktlich zu Beginn der Weidesaison – ebenfalls bereits gemeldet. 

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, der im Rat der EU-Agrarminister bereits einen Vorstoß zur Senkung des Schutzstatus initiiert hat, stellte ob der dramatischen Zahlen nochmals klar: „Ich habe kein Verständnis dafür, dass zuerst einem Menschen etwas passieren muss, bevor wir handeln dürfen. Genau deshalb poche ich auf eine
Änderung des strengen Schutzstatus von Wölfen auf EU-Ebene.“ Um die von Brüssel auch auf sein Drängen hin bereits angekündigte Absenkung zu erreichen, brauche es nun eine klare Positionierung der EU-Mitgliedstaaten. Totschnig: „Es braucht Lösungen, jetzt.“ 

ÖVP-Agrarsprecher Georg Strasser pochte ebenso auf die rot-weiß-rote Position auf EU-Ebene: „Es ist nicht sinnvoll, dass andere Länder Initiativen zur Herabstufung des Schutzstatus von Ländern wie Österreich blockieren, die ein aktives Management benötigen.“ Gemeint seien vor allem „solche Staaten, in denen es niemals Wölfe geben wird“. Der Schutz der Nutztierbestände sei nur über eine Änderung des Status der Großraubtiere zu erreichen, lautete der allgemeine Tenor.

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  • Wolfsrudel: digitalerblick - stock.adobe.com
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