Wer bekommt wie viel vom Verbraucherpreis? Dieser Frage ging das WIFO am Beispiel Mehl nach.

Als Folge der Inflation rückten Preise für Güter des täglichen Bedarfs – allen voran jene von Lebensmitteln – im vergangenen Jahr verstärkt in den öffentlichen Fokus. Wenig verwunderlich, dass der Österreichische Gewerkschaftsbund gemeinsam mit der Arbeiterkammer beim Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) just jetzt eine Studie in Auftrag gab, die sich mit der Preistransparenz entlang der Wertschöpfungskette Lebensmittel auseinandersetzte. „Es gibt in Österreich nur eine begrenzte Anzahl an geeigneten Datenquellen, um die Preise auf verschiedenen Ebenen der Wertschöpfungskette zu verfolgen“, schreibt Hauptautorin Anna Renhart, die am WIFO im Bereich Umwelt- und Ressourcenökonomie forscht. Entsprechend lägen die Faktoren, die Preissteigerungen bei Lebensmitteln nach sich ziehen, „teilweise im Dunkeln“.

Datenlücken in Handel und Verarbeitung

Am Beispiel Mehl legten Renhart und ihre Mitautoren (darunter auch WIFO-Ökonom Franz Sinabell) anschaulich dar, wo es in der Wertschöpfungskette krankt. Demnach kostete ein Kilo Mehl Anfang 2024 im Lebensmitteleinzelhandel durchschnittlich 1,58 Euro. Davon gingen im Schnitt 28 Cent (18 %) an den Bauern. Rund 46 Cent (30 %) flossen an den verarbeitenden Mühlenbetrieb und 70 Cent erhielt der Handel. Hinzu kamen noch 14 Cent Umsatzsteuer. So weit, so klar. Wie viel jedoch von den generierten Einnahmen zur Deckung der Kosten und wie viel Profit gemacht wurde, sei laut WIFO lediglich auf Ebene der Landwirtschaft transparent. Zahlen der AMA und der Statistik Austria zufolge brauchte der Ackerbauer von den 28 Cent, die er (theoretisch) für das Kilo Mehl erhielt, 17 Cent, um die Kosten für den Anbau zu decken, etwa für Diesel, Saatgut und Dünger. Die verbliebenen 11 Cent mussten zur Deckung der Fixkosten und für den eigenen Lebensunterhalt reichen.
Auch Verarbeiter und Handel liefern der Statistik Austria teilweise solche Zahlen, diese werden jedoch nur indexiert veröffentlicht.

Wie viel auf diesen Stufen der Wertschöpfungskette als Profit überbleibt, sei also öffentlich nicht bekannt, wiewohl die AMA seit 2023 die Einkaufspreise des Handels für bestimmte Lebensmittel sammelt und publiziert. Damit ist die Alpenrepublik jedoch nicht allein. „In den meisten EU-Ländern ist die Situation nicht besser“, heißt es in der Studie.

Frankreich als Wifo-Vorzeigemodell

Eine der wenigen Ausnahmen sei hingegen Frankreich, wo seit 2010 „das wahrscheinlich ausgeprägteste Preismonitoringtool in Europa“ zum Einsatz kommt. Eine solche Preisdatenbank würden sich die Ökonomen auch für den österreichischen Markt wünschen.
Die in Frankreich zuständige Behörde, die Beobachtungsstelle für die Bildung von Preisen und Margen von Nahrungsmitteln (OFPM), fasst „Daten zu Erzeugerpreisen, Großhandelspreisen und Bruttomargen“ zusammen und errechnet daraus sogenannte Standardmargen. Für beliebte Produkte wie etwa Camembert, Räucherlachs und Baguette sind jährlich Zahlen zu übermitteln, die dann der Politik in Form eines Berichts als Entscheidungsgrundlage dienen.

Renhart kommt in ihrer Studie zu dem Schluss, dass ein solcher Mechanismus auch hierzulande eine „tiefergehende Preisbeobachtung“ ermöglichen würde. Damit könnten negative wirtschaftliche Folgen starker Preisschwankungen künftig
rascher erkannt und abgefedert werden. Weiters wären sie der Arbeit der Bundeswettbewerbsbehörde und des Fairness-Büros im Landwirtschaftsministerium dienlich.

Hier die Studie in voller Länge.

- Bildquellen -

  • Supermarkt Mehleinkauf: agrarfoto.com
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AUTORClemens Wieltsch
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