Agrarkommissar Janusz Wojciechowski sieht in Freihandelsabkommen einen entscheidenden Beitrag zum Wohlergehen des gesamten Agrarsektors. Trotz der wirtschaftlichen Einbußen durch Corona habe sich nämlich der Agrarhandel mit Drittländern im Jahr 2020 belebt. Die Exporte mit Agrarrohstoffen und Lebensmitteln seien um 1,4% gegenüber dem Vorjahr gestiegen, die Importe um 0,5%, betonte der Pole im Zuge der Videokonferenz der EU-Agrarminister. Einen Zuwachs bei den Ausfuhren der EU-27 habe es vor allem bei den Lieferungen nach China, in die Schweiz, den Mittleren Osten und nach Nordafrika gegeben. Das habe sich auch stabilisierend auf die Preise von Agrarerzeugnissen in der EU ausgewirkt, die zumeist wieder über dem Niveau vor der COVID-Krise lägen. Vor allem habe sich die schwierige Situation auf den Märkten für Schweinefleisch und für Geflügel wieder gebessert.
Bestehende und künftige Freihandelsabkommen hätten daher einen entscheidenden Anteil am wirtschaftlichen Wohlergehen des EU-Agrarsektors, zeigte sich Wojciechowski überzeugt. Das bezieht er auch auf das Mercosur-Abkommen. Dasselbe sei ausgewogen und von Vorteil für die EU, beteuerte er gegenüber der überwiegend kritischen Ministerrunde (Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger etwa bekräftigte beim Agrarrat einmal mehr das klare österreichische Nein zum Handelsabkommen Mercosur.)
Wojciechowsi hält aber weiter daran fest. Nach einer Überarbeitung werde das Abkommen erneut den Mitgliedsstaaten sowie dem EU-Parlament vorgelegt. Zudem biete auch das Abkommen mit Mexiko zusätzliche Absatzmöglichkeiten und werde den EU-Mitgliedstaaten demnächst zur Abstimmung unterbreitet.
Fortschritte bei Abkommen mit Chile
Außerdem gebe es Fortschritte in den Verhandlungen um ein Freihandelsabkommen mit einem weiteren südamerikanischen Land: Chile. Die Chilenen streben laut dem EU-Kommissar noch heuer einen Abschluss an.
In den Gesprächen mit Australien und Neuseeland wolle die EU möglichst viele geografische Angaben absichern, bevor man in die Verhandlungen über die Marktöffnung einsteige, berichtete der Kommissar. Seine Argumentation für die Vorteile von Handelsabkommen stützte Wojciechowski auch auf eine Studie des Joint Research Centers (JRC). Die Experten gehen davon aus, dass bestehende und geplante Handelsabkommen der EU die Agrarexporte um fast ein Drittel erhöhen können. Die Studie mache allerdings auch auf sensible Bereiche in der Landwirtschaft aufmerksam, die mit Einfuhrkontingenten geschützt werden müssten, schränkte Wojciechowski ein.
Schließlich ginge es darum, die erhöhten Auflagen und Produktionsstandards aus dem Green Deal der EU-Kommission auf dem Weltmarkt abzusichern. In internationalen Gremien wie der G-20 und der Welthandelsorganisation (WTO) müsse verstärkt über nachhaltige Nahrungsmittelketten gesprochen werden. Umweltstandards für die europäischen Landwirte aus der “Farm to Fork”-Strategie dürften durch Billigimporte nicht unterlaufen werden. Die EU werde deshalb in den Handelsabkommen dafür sorgen, dass die Lebensmittelerzeugung neben dem Pariser Klimaabkommen im Nachhaltigkeitskapitel ihren festen Platz bekomme.
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- Janusz Wojciechowski: Ökosoziales Forum/APA-Fotoservice/Ludwig Schedl