Der positive Trend beim österreichischen Sojaanbau setzt sich fort: Im Jahr 2019 sind sowohl die Flächen als auch die Erntemengen deutlich gestiegen. Auf fast 70.000 ha haben die heimischen Landwirte erstmals mehr als 200.000 t Soja geerntet. Damit hat sich die inländische Produktion in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Rund ein Drittel der heimischen Sojaernte stammt aus biologischem Anbau. Österreich nimmt in Europa eine Vorreiterrolle im Sojaanbau ein. Mit nur 2% der EU-Ackerfläche erzeugen unsere Landwirte 8% der EU-Sojaernte. Damit ist die Alpenrepublik der fünftgrößte Sojaproduzent in der Union.
Soja wichtigste Alternativkultur in Österreich
“Sojabohnen sind nach Mais, Weizen und Gerste mit 69.160 ha flächenmäßig die viertwichtigste Ackerfrucht auf Österreichs Feldern. Damit hat Soja längst den Weg aus der Nische geschafft. Während sich die Weizenflächen 2019 auf dem niedrigsten Stand seit den AMA-Aufzeichnungen befanden und auch die Gerstenflächen abgenommen haben, konnten Sojabohnen durch neuerlichen Zuwachs von über 1.500 ha Platz vier im Flächenranking weiter ausbauen”, freut sich Karl Fischer, Obmann des Vereins Soja aus Österreich. “Auch Sonnenblume, Körnererbse und Ackerbohne können der Sojabohne den Rang als wichtigste Alternativkultur in Österreich nicht einmal ansatzweise streitig machen”, so Fischer.
Den stärksten prozentuellen Flächenzuwachs konnte Wien verzeichnen, wo die Sojaanbaufläche im Vergleich zu 2018 von 92 auf 140 ha gestiegen ist. “Es gibt wohl wenige europäische Hauptstädte, in denen Soja mit 4% Anteil in der Fruchtfolge auf den Feldern steht”, so Fischer. Die klare Nummer eins im heimischen Sojaanbau ist das Burgenland. Mit 23.438 ha liegt hier rund ein Drittel der heimischen Sojaflächen.
Flächenzuwachs durch Bio-Landwirtschaft
Die Steigerung der Sojaflächen 2019 geht alleine auf den Bio-Bereich zurück. Insgesamt kultivierten Bio-Landwirte 2019 auf 24.435 ha Sojabohnen. Im Vergleich zu 2018 ist der Bioflächen-Anteil somit von 29 auf 35% gestiegen. Dieser Wert ist einzigartig in Europa. Auch hier ist das Burgenland Spitzenreiter: Mehr als 50% der Sojaflächen werden nach Kriterien des biologischen Landbaus bewirtschaftet.
Gesteigerte Wertschöpfung für Landwirte
“Der Anbau von Sojabohnen spielt für Österreichs Landwirtschaft und die heimischen Landwirte eine immer wichtigere Rolle. Die positive Entwicklung ermöglicht Landwirten zusätzliche Produktionsmöglichkeiten und eine attraktivere Wertschöpfung. Zudem ist keine andere Eiweißpflanze am Feld so effizient. Die Sojapflanze ist ein Stickstoffsammler. Dank sogenannter Knöllchenbakterien im Wurzelgeflecht kann die Pflanze Stickstoff aus der Luft direkt für den Eiweißaufbau nutzen und benötigt keine zusätzliche Düngung. Durch diese Eigenschaft zeichnet sich Soja am Feld als Extensivkultur aus. Sie ist eine zielführende Abwechslung zu Getreide und Mais auf den Äckern und unterstützt Landwirte dabei, eine gesunde Fruchtfolge einzuhalten”, unterstreicht der Obmann.
Als Wärme liebende Pflanze profitiert Soja von den geänderten Klimabedingungen. In diesem Zusammenhang ist die Ertragssicherheit moderner Sojasorten ein wichtiges Entscheidungsmerkmal. Österreichische Saatgutzüchter wie die Saatzucht Donau oder die Saatzucht Gleisdorf entwickeln mittels klassischer Züchtungsmethoden standortangepasste Sojasorten.
Eiweißautarkie möglich
2019 wurden in Österreich 215.143 t Soja geerntet – so viel wie noch nie. Fischer, der im Hauptberuf Geschäftsführer der Saatbau Linz ist, schätzt das Potenzial der Sojabohne in Österreich bis zum Jahr 2030 auf 100.000 ha Anbaufläche mit einer Erntemenge bis 350.000 t jährlich ein. Damit könnte Österreich eine weitestgehende Eiweißautarkie erreichen.
Von den derzeit rund 250.000 t an importierten Eiweißmengen stammen 200.000 t Reineiweiß aus Sojaimporten – hauptsächlich aus den USA und Südamerika. Ziel des heimischen Pflanzenbaus ist es, die sogenannte “Eiweißlücke” und damit die Importabhängigkeit zu verringern. Um das volle Potenzial von Soja und Leguminosen für eine wettbewerbsfähige und umweltbewusste Landbewirtschaftung auszuschöpfen, arbeitet das Landwirtschaftsministerium intensiv an der “Österreichischen Eiweißstrategie”.
Heimische Sojaproduktion seit jeher gentechnikfrei
Die Entwicklung des Sojaanbaus in Nord- und Südamerika wurde vor allem durch gentechnisch veränderte Sorten forciert. Im Unterschied zu anderen Ländern hat Österreich Soja seit jeher gentechnikfrei produziert. Dies ist auch das ausschlaggebende Argument bei der Vermarktung heimischer Sojaprodukte. So erhalten heimische Milchkühe und Legehennen gentechnikfreies Eiweißfutter, und auch in der Rind- und Schweinefleischproduktion steigt der Anteil gentechnikfrei zertifizierter Produkte. Österreich nimmt hier international eine Ausnahmestellung ein: Während weltweit rund 80% der Sojaernte für Futtermittel verwendet werden, wird hierzulande etwa die Hälfte für die Produktion von Lebensmitteln eingesetzt.
Soja aus Österreich für den Klimaschutz
“Heimische Sojabohnen weisen eine deutlich bessere Ökobilanz auf als jene aus Brasilien oder Argentinien, die häufig auf gerodeten Regenwaldflächen angebaut werden. Damit gehen ökologische und in den Ursprungsländern zusätzlich ökonomische sowie soziale Probleme einher. Lebensmittel aus heimischen Sojabohnen punkten bei Konsumenten, denn die Sensibilisierung für Nachhaltigkeit und Regionalität ist im Zuge der Klimadebatte so groß wie nie”, weiß Fischer. Außerdem hätten vegetarische, vegane und flexitarische Ernährungsweisen Eingang in unsere Gesellschaft gefunden. Hauptrohstoff für diese Produktionslinien sei die Sojabohne mit ihrem alles überragenden Eiweißgehalt. Regionalität spielt bei den Kaufmotiven eine herausragende Rolle.
Österreichische Sojaverarbeiter Marktführer in Europa
2018 wurde allein von den Mitgliedern des Vereins Soja aus Österreich ein Umsatz von rund 57 Mio. Euro durch Sojaprodukte erwirtschaftet, die Exportquote betrug 75%. Die niederösterreichische Firma Bamberger ist mittlerweile europäischer Marktführer bei der Belieferung von Backmittel- und Backwarenherstellern. Seit zwei Jahren erzeugt das Unternehmen zudem ein rein mechanisch hergestelltes, eiweißreiches Sojatexturat aus regionalen Sojabohnen, das mittlerweile in vielen Großküchen als Basis für vegetarische Gerichte verwendet wird. Die NÖ Firma Landgarten ist einer der größten Knabbersoja-Produzenten Europas. Und zwei niederösterreichische Tofu-Hersteller – Sojarei und Evergreen – beliefern praktisch alle namhaften Private Labels des österreichischen Einzel- und Großhandels.
Neben großen Gewerbebetrieben etablieren sich derzeit viele Start-ups, die mit neuen Produkten aus österreichischen Sojabohnen den Markt bereichern. Die Produktvielfalt ist erstaunlich, insbesondere das Angebot an fermentierten Sojalebensmitteln. Die jungen Unternehmen schließen dabei Lücken im regionalen Angebot. So ist Luvi Fermente aus Oberösterreich der erste regionale Produzent von Sojasoße aus heimischen Sojabohnen. “Sojalebensmittel aus Österreich liegen im Trend der Zeit”, so Fischer.
AIZ