BauernZeitung: Wie war das Gefühl, als Sie vom Bauernbund-Landesvorstand für das Amt des Landwirtschaftskammer-Präsidenten nominiert wurden?
Waldenberger: Demütig, weil diese Funktion einerseits eine große Ehre und andererseits eine interessante Herausforderung ist. Ich bin sehr dankbar für die große Zustimmung.
Muss man in Oberösterreich Bio-Bauer sein, um Landwirtschaftskammer-Präsident zu werden?
(lacht) Nein, natürlich nicht. Es geht in dieser Funktion nicht darum in welcher Form man den eigenen Betrieb bewirtschaftet. Ich bringe mittlerweile doch eine gewisse Erfahrung im Bereich der landwirtschaftlichen und politischen Interessensvertretung mit. Das war meiner Meinung nach auch ausschlaggebend für meine Nominierung und nicht, weil ich Bio-Bauer bin.
Was bedeutet es für Sie als Präsident an der Spitze der LKOÖ zu stehen?
Die Interessensvertretung der Land- und Forstwirtschaft bedeutet eine große Verantwortung. Die Landwirtschaftskammer Oberösterreich ist ein hervorragender Dienstleistungsbetrieb für ihre Mitglieder. Ich übernehme ein sehr gut aufgestelltes Haus, sehe mich als Brückenbauer und möchte die Zukunft der oberösterreichischen Bäuerinnen und Bauern positiv gestalten.
Wo sehen Sie die größte Herausforderung für die Landwirtschaft?
Vor allem beim Thema Wertschöpfung, da die Betriebsmittelpreise, die bäuerlichen Erzeugerpreise und die Lebensmittelpreise für Konsumenten immer weiter auseinanderdriften. Hier sind wir aktuell in einer Zwickmühle. Die Landwirtschaft darf hier nicht ins Hintertreffen kommen.
Während die Einkommen der Bäuerinnen und Bauern stagnieren, können Handelskonzerne ihren Gewinn stetig steigern. Wie passt das zusammen und was muss sich da ändern?
Das passt für mich überhaupt nicht mehr zusammen. Für die Urproduzenten ist derzeit keine faire Bezahlung gegeben. Wenn beim ersten Glied der Kette Betriebe ihre Produktion aufgeben müssen, weil es sich nicht mehr rechnet und am anderen Ende massive Umsatz- und Gewinnsteigerungen bejubelt werden, ist das Verhältnis nicht mehr ausgewogen. Das gilt es natürlich zu ändern und müsste auch der Gesellschaft, sprich den Konsumenten, ein wichtiges Anliegen sein. Um die vielfach gewünschte flächendeckende Bewirtschaftung durch die bäuerlichen Familienbetriebe weiterhin aufrecht erhalten zu können, brauchen die heimischen Bäuerinnen und Bauern eine dementsprechende Entlohnung für ihre qualitativ hochwertigen Produkte.
„Wir müssen den Handel stärker in die Pflicht nehmen.“
Der Lebensmittelhandel wird aber wohl nicht freiwillig etwas von seinem großen Kuchenstück abgeben.
Das stimmt. Wir müssen daher den Handel stärker in die Pflicht nehmen. Der Konsument mag die kleinstrukturierte regionale Landwirtschaft. Der Handel verspricht das zwar auch, will aber in Wahrheit große Einheiten zu billigen Preisen. Zu guter Letzt trifft der Konsument die Kaufentscheidung. Das setzt aber voraus, dass er sich mit dem Thema beschäftigt und weiß, woher die Lebensmittel kommen und wie sie produziert werden. Sich auf Werbeversprechungen zu verlassen, ist zu wenig. Ich sehe hier die Herkunftskennzeichnung als eine zentrale Maßnahme, weil sie die Wahlfreiheit für Konsumenten ermöglicht, welche Produktion er mit seinem Kauf unterstützen will.
Zugleich steigt aber auch der Druck der Gesellschaft auf die Landwirtschaft – wie gehen Sie damit um?
Wir müssen noch mehr Öffentlichkeitsarbeit betreiben und darüber sprechen wie wir produzieren, weil der Bezug und das Verständnis der Bevölkerung zur Landwirtschaft sowie das Wissen über die bäuerliche Produktion schwindet.
Müssen bzw. können Lebensmittel teurer werden?
Ja – wenn im Durchschnitt zehn Prozent der Haushaltsausgaben für Essen und Getränke ausgegeben werden, kann man nicht sagen, dass die Lebensmittel zu teuer sind. Wenn die bäuerlichen Urprodukte aus heimischer Erzeugung preislich anziehen, fährt der Handel Aktionen und Kampfpreise mit Produkten ausländischer Herkunft, um den österreichischen Anbietern zu zeigen: Wir sind nicht auf euch angewiesen. Das muss aufhören.
Es gibt eine sinkende Anzahl an Betrieben. Was kann die Kammer tun, dass der Strukturwandel gebremst wird?
Aufgabe der bäuerlichen Interessensvertretung und Agrarpolitik ist es, Rahmenbedingungen zu erarbeiten, die es auch kleineren Betrieben ermöglicht in die Zukunft zu gehen. Zudem muss aber jeder Betrieb diese auch selber gestalten und die pas-sende Betriebsform finden. Die Landwirtschaftskammer wird die bäuerlichen Familienbetriebe auf diesem Weg bestmöglich begleiten.
Auch innerhalb der Agrarbranche gibt es immer wieder Dispute –
befeuert von Landwirten und Interessensorganisationen. Wem schadet bzw. nutzt das?
Diskussionen mit unterschiedlichen Standpunkten sind wichtig, um Betriebsblindheit vorzubeugen und neue Wege entwickeln zu können. Interne bäuerliche Streitigkeiten helfen aber letztendlich genau jenen, die nicht in der Landwirtschaft tätig sind. Das kann natürlich nicht im Interesse der Bäuerinnen und Bauern sein. Bei allen Unterschiedlichkeiten, die es gibt, sollte man sich doch immer wieder auf gemeinsame Positionen verständigen und diese auch nach außen vertreten, um so geeint gegenüber anderen Interessensgruppen auftreten zu können.
Sie waren Obmann von „Bio Austria OÖ“. Ihre Kandidatur bei der LK-Wahl für den Bauernbund hat innerhalb der Bio-Organisation für große Aufregung gesorgt und letztlich zu Ihrem freiwilligen Rücktritt geführt. Wie ist das Verhältnis zwischen Bio Austria und dem künftigen Kammer-Präsidenten?
Der Streit und die Kritik waren politisch motiviert. Ich habe die Entscheidung zum Rücktritt getroffen, weil ich nicht wollte, dass die Organisation Schaden erleidet. Mein Verhältnis zu Bio Austria ist deswegen aber nicht ramponiert. Ende Oktober wurde ein neuer Obmann sowie Vorstand gewählt und ich setze große Hoffnungen in diese Personen, dass die Arbeit gut weitergeführt wird.
Wie wollen Sie es schaffen als BioBauer ein Präsident für alle landwirtschaftlichen Betriebe zu sein – immerhin produzieren 80 Prozent der Bauern in Oberösterreich konventionell?
Egal, wie jemand seinen Betrieb bewirtschaftet – am Ende des Tages muss er den für ihn passenden Weg gehen, um Einkommen zu erwirtschaften. Das ist für mich entscheidend. Wir brauchen jeden einzelnen bäuerlichen Betrieb – egal ob bio oder konventionell.
Möchten Sie den Bäuerinnen und Bauern noch etwas mit auf den Weg geben?
Ich bin fest davon überzeugt, dass die Landwirtschaft eine Branche ist die Zukunft hat, trotz aller Herausforderungen, die es derzeit gibt. Ein Leben auf unserem Planeten ist ohne Landwirtschaft schlichtweg unvorstellbar und die Gesellschaft kann es sich auch gar nicht leisten auf die Bäuerinnen und Bauern zu verzichten.
Zur Person
Franz Waldenberger (52) kommt aus Pennewang und bewirtschaftet dort mit seiner Frau einen biologischen Landwirtschaftsbetrieb mit Ackerbau, Ochsenmast und Legehennen. Speisekartoffel und Getreide werden unter anderem direktvermarktet und erst kürzlich wurde am Betrieb ein sogenannter „BioDrive-In“ – ein moderner Selbstbedienungsladen – errichtet.
Waldenberger war von 2015 bis 2021 Obmann von „Bio Austria Oberösterreich“ und ist mit der Landwirtschaftskammerwahl im Jänner 2021 als Kammerrat für den Bauernbund in die Vollversammlung eingezogen.
Der studierte Biologe war Bezirksgeschäftsführer der ÖVP Wels-Land und ist seit 2015 Bürgermeister seiner Heimatgemeinde.
Waldenberger ist verheiratet und Vater von vier Kindern im Alter zwischen 13 und 25 Jahren.
- Bildquellen -
- Franz Waldenberger im Interview: BZ/Mursch-Edlmayr