Die besonderen Herausforderungen für die heimischen Ziegenmilchproduzenten und mögliche Lösungsansätze dafür wurden im Rahmen eines Betriebsbesuches von LK NÖ-Vizepräsidentin Andrea Wagner am Ziegenhof der Familie Holzapfel in Kottes diskutiert.
Deckungsbeiträge sinken, Betriebe leben von Substanz
In Voitsau, einer Katastralgemeinde der Marktgemeinde Kottes-Purk liegt der für die Region typische, gemischte Betrieb von Christian Holzapfel. Gemeinsam mit seiner Familie bewirtschaftet er rund 32 Hektar Äcker und Grünland sowie acht Hektar Wald. Im Stall stehen 170 Ziegen, deren Jahresleistung von etwa 115.000 Kilogramm Milch an die Käsemacher in Vitis geliefert werden. Die Milchabholung erfolgt zweimal pro Woche.
„Unsere Ziegen bekommen zu 100 Prozent hofeigenes Futter“, erzählt Christian Holzapfel. Das sei gerade in Zeiten horrender Kraftfutter- und Strohpreise ein Vorteil gegenüber vielen anderen Kollegen, deren Betriebe im reinen Grünlandgebiet liegen und die daher gezwungen sind, zuzukaufen. Sein Betrieb leide insbesondere unter den hohen Energiekosten – vom Diesel für die Traktoren bis zum Strom für die Melk- und Kühltechnik. Auch steigende Bau- und Maschinenkosten führen zu sinkenden Deckungsbeiträgen. „Das Durchtauchen ist nur eine begrenzte Zeit lang möglich“, weiß Holzapfel, dass viele Betriebe, die derzeit von der Substanz leben, überlegen, aus der Ziegenmilchproduktion auszusteigen, wenn nicht rasch ein spürbarer Preisanstieg bei der Ziegenmilch erreicht werden kann.
Doch die Preisverhandlungen mit den Molkereien gestalten sich schwierig, weiß Holzapfel, der im Vorstand der Liefergemeinschaft für die Käsemacher mitarbeitet, weiter zu berichten. Ziegenmilchprodukte zählen im Handel, nicht zuletzt wegen der eigenen hohen Aufschläge, zum hochpreisigen Segment. Gerade in Zeiten der Krise beginnen Konsumenten in diesem Bereich zu sparen. Der Absatz stagniert, was die Stellung der Molkereien in den Preisverhandlungen mit dem Handel schwächt.
Für Vizepräsidentin Wagner ist es Gebot der Stunde, die Betriebe rasch zu unterstützen: „Jeder einzelne Betrieb trägt zu Versorgungssicherheit im tierischen Bereich bei.“ Wie wichtig diese sei, hätten die Krisen der vergangenen beiden Jahre klar aufgezeigt, so Wagner.
Sollten die hohen Margen des Lebensmittelhandels zum schleppenden Absatz von Ziegenmilchprodukten beitragen, ist dies für die Vizepräsidentin ein klarer Fall für das Fairness-Büro des Landwirtschaftsministeriums. Dieses wurde erst im vergangenen Mai zur Umsetzung der EU-Richtlinie über unlautere Handelspraktiken (UTP-Richtlinie) als anonyme, weisungsfreie Ombudsstelle geschaffen, die für mehr Fairness in der Lebensmittel-Wertschöpfungskette sorgen soll.
Doch nicht nur dem Handel, auch „allen Menschen im Land“ müsse begreifbar gemacht werden, „dass jeder Betrieb, der mit der Produktion aufgehört hat, unsere Abhängigkeit von ausländischen Konzernen erhöht“, sprach sich die Vizepräsidentin zudem für verstärkte Marketingmaßnahmen und den direkten Dialog mit den Konsumenten aus. Wagner: „Kundinnen und Kunden tragen mit ihrem Einkaufsverhalten wesentlich zur Sortimentsgestaltung des Handels bei. Wenn heimische Qualität nachgefragt ist, wird sie der Handel ins Regal stellen.“
Entlastungsmaßnahmen des Bundes kommen erst an
Die Vizepräsidentin verwies zudem auf Unterstützungsmaßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft, wie den Stromkostenzuschuss, den Versorgungssicherungsbeitrag, die Rückvergütung der CO2-Bepreisung für Agrardiesel oder der Gutschrift von Sozialversicherungsbeiträgen, die von der Bundesregierung bereits beschlossen wurden, aber erst bei den Betrieben ankommen würden. „Damit können nicht alle Verluste restlos abgegolten werden“, stellte Wagner klar, aber jede Maßnahme für sich solle einen Beitrag im Sinne der heimischen Lebensmittelversorgungssicherheit leisten.
- Bildquellen -
- Ziegenmilchproduktion: LK NÖ/Pomassl