Asylwerber im Ernteeinsatz

Sayed Hussain Qualandari, Sayed Kaemi und Abdul Ali (v.l.) ernten seit Freitag Gurken am Betrieb von Gerlinde und Bernhard Mayr in Ansfelden.

Seit Freitag sind Sayed Kaemi, Sayed Hussain Qualandari und Abdul Ali am Gurkenfeld des Betriebs von Gerlinde und Bernhard Mayr in Ansfelden beschäftigt. Vor zwei Jahren sind sie aus Parachinar – eine Stadt in Pakistan an der Grenze zu Afghanistan – vor dem Krieg geflohen und haben im Asylheim in Ansfelden eine Bleibe gefunden. Voriges Jahr waren sie zum ersten Mal am Feld. „Am Anfang war die Gurkenernte schon anstrengend“, erzählt Sayed Kaemi, „aber man gewöhnt sich schnell dran.“ Als sie heuer wieder die Möglichkeit zum Ernteeinsatz bekamen, „haben sie sofort zugesagt“, erzählt Reinhard Pichler, der ehrenamtlich im Asylheim Ansfelden arbeitet.

Bei der Jobbörse treffen Asylwerber auf Landwirte

Der Einsatz als Erntehelfer in der Landwirtschaft ist eine der wenigen Arbeitsmöglichkeiten von Asylwerbern. Organisiert wird diese Saisonarbeit über das AusländerInnenfachzentrum (AFZ) des AMS Oberösterreich: Die Asylwerber müssen sich für die Arbeit bewerben, das AMS macht daraus eine Vorauswahl und diese treffen dann bei der sogenannten „Jobbörse“ mit den Landwirten zusammen. Für 2017 haben sich in Oberösterreich etwa 1000 Personen beworben, 400 wurden zur Jobbörse eingeladen und 137 Asylwerber sind nun heuer im Einsatz auf den Höfen.
Die Landwirtschaftskammer Oberösterreich unterstützt diese Jobvermittlung. LK-Gemüsebaureferent Stefan Hamedinger berät die Betriebe und lobt die gute Zusammenarbeit mit dem AusländerInnenfachzentrum. „Der Andrang der Asylwerber bei der Jobbörse ist groß. Sie sind froh, wenn sie hier einer sinnvollen Arbeit nachgehen können“, sagt Hamedinger.

Unterkunft und Verpflegung sind eine Herausforderung

„Am Beginn hatten wir eine gewisse Skepsis“, erzählen Gerlinde und Bernhard Mayr ehrlich: „jetzt funktio­niert es aber tadellos. Qualität der Arbeit und Motivation passen“. Sie verschweigen aber nicht die Herausforderungen, was etwa die Unterbringung und Verpflegung betrifft. „Die Höfe sind meist nicht dort, wo die Asylheime sind. Somit müsste man für die Unterkunft sorgen“, sagt Gerlinde Mayr. „Und natürlich sind deren Ernährungsgewohnheiten ganz andere.“ Familie Mayr hat hier Glück: Das Asylheim ist in Radfahrnähe und ihre Asylwerber verpflegen sich selbstständig. Ebenso birgt die Zusammenarbeit mit anderen Saisonarbeitern – am Betrieb der Mayrs sind Erntehelfer aus Polen und der Ukraine beschäftigt – Konfliktpotential. „Es ist entscheidend, wie ich mit den Menschen umgehe“, sagt dazu Bernhard Mayr.

Hohe Lohnnebenkosten sind ein Hemmnis

Neben diesen „menschlichen“ Voraussetzungen sind es aber auch rechtliche und wirtschaftliche Hintergründe, die hemmend wirken. Zum einen ist die Beschäftigung der Asylwerber nur über das „Saisonarbeiterkontingent“ in der Landwirtschaft möglich. Dieses erlaubt Drittstaatsangehörigen – also Nicht-EU-Bürgern – als Ernte­helfer eingesetzt zu werden und umfasst für Oberösterreich heuer 995 Plätze. „Die Arbeit, die ein Asylwerber bekommt, bekommt damit ein anderer Drittstaatsangehöriger nicht“, erklärt Hamedinger eine nicht unerhebliche Problematik. Er wünscht sich, Asylwerber aus der Kontingentsregelung herauszunehmen und ein einfaches Regelwerk für deren kurzfristige Beschäftigung in der Landwirtschaft zu finden. Dieser Wunsch steht freilich auf einem anderen Blatt Papier – gemeinsam mit zahlreichen Forderungen und Diskussionen, ob und wie Asylwerber generell am Arbeitsmarkt integriert werden sollen.
Um den Asylwerbern Arbeit zu ermöglichen, werden sie in der Kontingentierung „laut einer Verordnung des Sozialministeriums bevorzugt behandelt“, sagt Marion Wagner vom AFZ. (Diese Bevorzugung gilt auch für kroatische Staatsbürger). Familie Mayr steht dem Einsatz von Asylwerbern in der Landwirtschaft positiv gegenüber. Sie motivieren auch ihre Berufskollegen, diesen Menschen eine Chance zu geben.
Ein anderes Hemmnis sind hingegen die hohen Lohnnebenkosten. „Wir sind im Wettbewerb gegenüber Deutschland benachteiligt“, sagt Bernhard Mayr. Dort zahlt man zum Beispiel keine Lohnnebenkosten bis zu einer gewissen Anstellungsdauer. „Die Politik ist hier zu wenig kreativ“, findet Mayr. Das Geld, das der Staat für die Versorgung der Asylwerber ausgibt, könnte auch für einen Teil der Lohnnebenkosten verwendet werden. „Damit wäre allen geholfen. Der Asylwerber könnte arbeiten und dem Staat würde es nicht mehr kosten.“

Lohnkosten: Landwirtschaftskammer will Angleichung an Deutschland

Das Thema der Lohnnebenkosten gilt freilich nicht nur für die Asylwerber, sondern generell für die Saisonarbeitskräfte. Auch da sieht Mayr in der Politik oft einen „begrenzten Blickwinkel“. „Wenn wir uns die Arbeitskräfte nicht mehr leisten können, werden die Betriebe früher oder später aufgeben und dann kommt die Ware aus dem Ausland“, so Mayr. Diese unsichere Situation hemme in der Betriebsentwicklung.
In dem Punkt hat die Landwirtschaftskammer Österreich – im Zusammenhang mit
der Mindestlohndebatte – eine Angleichung an Deutschland gefordert. Dort gelten bei der Erntehelferregelung für solche kurzfristige Tätigkeiten Sonderregelungen, um die Arbeitgeberkosten zu reduzieren.

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Die Betriebsleiter Gerlinde und Bernhard Mayr (r.) mit LK-Referent Stefan Hamedinger (l.) und den Erntehelfern

 

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AUTORAnni Pichler
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