Die abgestufte Bewirtschaftung wird aktuell gerade im biologischen Sektor stark thematisiert. Kein Wunder, fehlt es doch hier im Grünland vielfach an Nährstoffen, besonders an Stickstoff – sofern man eine ausgeglichene, also an die Nutzungshäufigkeit angepasste Nährstoffversorgung sicherstellen will. Denn an die Konsequenz in die andere Richtung will keiner denken: Diese hieße nämlich Reduzierung der Schnitte zur Anpassung an vorhandene Nährstoffe, geringere Grundfutterqualitäten, Tiere mit entsprechender genetischer – das heißt geringerer – Leistungsveranlagung, weniger Gesamtmilchleistung und mehr Tiere im Stall zur Erhaltung des Einkommens. Das ist natürlich stark vereinfacht, wäre aber eine schlüssige Konsequenz aus dem Nährstoffdilemma in vielen Bio-Grünlandbetrieben. Das gleiche gilt für konventionelle Betriebe, die langjährig im Verzicht wirtschafteten und jetzt ebenso vor den Folgen stehen, dass die Nutzungsintensität nicht der Nährstoffversorgung angepasst war.
Fokus auf der Versorgung der „besseren“ Flächen
In der konventionellen Grünlandwirtschaft, insbesondere in der ertragsbetonten Bewirtschaftung, ist die abgestufte Grünlandwirtschaft eine wichtige Strategie, um die Grünlandflächen mit Vier-, Fünf- oder Sechs-Schnittnutzung auch entsprechend dem Nährstoffentzug vor allem mit Stickstoff (N) aus Wirtschaftsdüngern – fallweise ergänzt um mineralische Nährstoffe – so versorgen zu können, dass gräserreiche und hochwertige Pflanzenbestände im Rahmen eines Gesamtkonzeptes, das unter anderem auch Nachsaat umfasst, nachhaltig gesichert sind.
Die abgestufte Grünlandwirtschaft ermöglicht es dem Betrieb, die für den Gesamtbetrieb geltende Obergrenze von 210 kg N/ha im Betriebsdurchschnitt nicht zu überschreiten, indem die Grünlandflächen nach unterschiedlichen Kriterien in ihrer Nutzungs-intensität differenziert werden: in ertragsbetont geführte und in nutzungsreduziert geführte Grünlandflächen.
In der biologischen Grünlandwirtschaft ist eine entzugsorientierte Nährstoffversorgung, besonders beim Stickstoff, oft nicht zu verwirklichen. Meist ist für die praktizierte Schnitthäufigkeit der Viehbesatz pro Hektar nicht ausreichend, um die einzelnen Aufwüchse für einen ertragreichen, hochwertigen und gräserreichen Pflanzenbestand entzugsorientiert zu versorgen. Über die Differenzierung der Nutzungsintensität bietet die abgestufte Grünlandwirtschaft die Möglichkeit, die „besseren“ Flächen entsprechend zu bewirtschaften, um gesundes und hochwertiges Futter zu erhalten, und gleichzeitig die Düngung und Nutzung auf weniger guten Grünlandflächen zu reduzieren. In der biologischen Grünlandwirtschaft geht es überwiegend um die Verbesserung der Stockstoffversorgung von ertragsrelevanten Flächen.
Genaue Flächenanalyse als Grundlage
Abgestufte Grünlandwirtschaft heißt letztlich nichts anderes als optimales Grünlandmanagement. Für jedes Grünlandfeldstück muss Folgendes bekannt sein:
- Pflanzenbestand: Stärken und Schwächen, allfälliger Handlungsbedarf
- Entwicklungsverlauf des Bestandes: Exposition (Nord, Süd), Beschattung, Feuchte bzw. Abtrocknung
- Bodenbonität: Nährstoffnachlieferung, Wasseraufnahme- und Wasserspeicherfähigkeit, Resilienz gegenüber Trocken- und Hitzeperioden
- Nährstoffgehalte des Bodens: Interpretation, was ist wann notwendig und sinnvoll
- Größe, Ausformung, Entfernung und Bearbeitbarkeit (Hangneigung);
Das eine ist bekannt und selbstverständlich, mit dem anderen muss man sich näher befassen und vielleicht auch dazulernen. Das Wissen um den Pflanzenbestand, seine Arten und die abzuleitenden Konsequenzen in der Bewirtschaftung sind oft sehr gering. Wer sich ernsthaft mit der abgestuften Bewirtschaftung befassen will und das Ziel hat, diese im Betrieb erfolgreich umzusetzen, braucht solche Kenntnisse jedoch. Hier ist jeder Einzelne gefordert, sich laufend weiterzubilden und sein Grundwissen jeden Tag auf seinen Wiesen zu vertiefen. Für künftige Generationen sollte hier auch die Schule eine bedeutende
Rolle spielen.
Flächenanalyse geht weit über die rein technische Erfassung von Eigenschaften hinaus. Flächenanalyse heißt vielmehr, jederzeit Bescheid zu wissen, wie es der jeweiligen Grünlandfläche „geht“. Wie wächst sie? Wie ist der Bestand entwickelt? Ändert sich das Artenverhältnis, nehmen unerwünschte Arten zu? Gibt es Anzeichen von Krankheiten oder Schädlingen? Damit sind nur einige Kriterien genannt, die eine Rolle spielen. Wirklich gute Landwirte halten sich besonders in den Tagen vor der Ernte von ertragsbestimmenden Aufwüchsen mehr im Grünland auf als zu Hause. Sie mähen meist punktgenau, was die optimale Menge und Qualität in Relation zur Wettersituation betrifft. Das gilt umso mehr in der abgestuften Bewirtschaftung. Hier müssen von einer geringeren, aber optimal geführten Fläche Menge und Qualität für die volle Milchleistung eingebracht werden.
Das „LK Planungstool AGW“ wurde entwickelt, um eine abgestufte Grünlandwirtschaft (AGW) auf einzelbetrieblicher Ebene zu simulieren und die dafür notwendigen Maßnahmen am Grünland abzuleiten. Es ist eine Excel-Anwendung, die auf dem LK-Düngerechner basiert. Es lassen sich so die Düngemaßnahmen einzelner Feldstücke unter Berücksichtigung der Ertragslage und Nutzungshäufigkeit besser planen.
Digitale Unterstützung bei der Planung
Zu jedem Feldstück werden auch die Bewirtschaftungseignung und die Hofentfernung erfasst. Das Planungstool ermöglicht einen raschen Überblick über die Nährstoffversorgung des Grünlandes, abhängig von den Nutzungshäufigkeiten, und errechnet auch einen gesamtbetrieblichen Stickstoffsaldo für das Grünland. Durch Differenzierung der Nutzungshäufigkeiten kann der Stickstoff-Saldo gesamtbetrieblich verändert und angepasst werden. Das „LK Planungstool AGW“ beinhaltet auch die Funktion „Jährlicher Grundfutterbedarf Rinder“, um das sich ergebende Angebot von rohfaser- und energiereichem Grundfutter bei der Differenzierung der Bewirtschaftungsintensitäten abschätzen zu können.
Diese neue Anwendung ist ein sehr gutes Hilfsmittel, um einen Überblick und ein Gefühl dafür zu bekommen, wie die Grünlandnutzung aus dem Blickwinkel der abgestuften Grünlandwirtschaft am eigenen Betrieb ausschauen kann.
Der erste Teil der Serie:
Mehr Wissen über Wiesen: Zukunft von Grünland liegt im Differenzieren
Der dritte und letzte Teil der Serie:
Die abgestufte Grünlandwirtschaft ist auch gelebte Individualität
- Bildquellen -
- Betrieb AGW Tool: Frühwirth
- Kräuter: Frühwirth
- Mit Der Wiese Auf Du: Thomas Wallner