Entgegen dem EU-Trend hat die gelieferte Rohmilchmenge in Österreich im Frühling zugelegt. Auf den internationalen Märkten zeichnet sich Erholung ab.

Die gute Nachricht vorweg: Österreichs Konsumenten halten der heimischen Milchwirtschaft trotz Teuerung die Stange. Während etwa Deutschland im Vorjahr einen rückläufigen Pro-Kopf-Verbrauch von Frischmilcherzeugnissen verzeichnete (im Schnitt konsumierte ein Bundesbürger 45,8 Kilogramm), vermeldet die rollierende Haushaltsanalyse der AMA-Marketing einen nahezu gleich gebliebenen Konsum. Gut 70 Liter Milch konsumierte jeder Österreicher 2023. 50,90 Euro wurden je Haushalt pro Monat für Milch und Milchprodukte ausgegeben, 8,70 Euro davon für Trinkmilch.

Quelle: AMADie von der Branche weniger gern gesehenen Ersatzprodukte hielten einen wertmäßigen Marktanteil von rund 3 Prozent. Der Lebensmitteleinzelhandel verzeichnete mit der gesamten weißen Palette einen Umsatz von rund 745 Mio. Euro, um beinahe 10 Prozent mehr als 2022. Bei Trinkmilch belief sich das Umsatzplus auf 7,5 Prozent, bei Heumilch gar auf mehr als 12 Prozent. Bei einem Selbstversorgungsgrad von 176 Prozent bei Konsummilch genügt der Inlandsmarkt aber freilich nicht mehr, um die in den 71 Molkereien und Käsereien veredelte Milch zu vermarkten. Entsprechend wurde 2023 Milch um 384,5 Mio. Euro exportiert. Eingedickte Milch im Wert von 66,7 Mio. Euro sowie die Ausfuhr von Käse als dem wichtigsten Exportgut der Palette kommen noch oben drauf. Abnehmer findet das weiß-gelbe Milchgold der Alpen zu 46 Prozent in Deutschland, gefolgt von Italien.

70 Prozent aus dem Berggebiet

Die zunehmende Exportorientierung rührt nicht zuletzt von einer gestiegenen Produktionsmenge her. Wurden vor 25 Jahren noch durchschnittlich 41.000 Kilogramm Milch je Betrieb erzeugt, so sind es heute 150.500 Kilogramm.  Die zunehmende Konzentration war ein Ergebnis des Strukturwandels. Von den rund 60.000 Milchviehhaltern zur Jahrtausendwende melkten im vergangenen Jahr laut Landwirtschaftsministerium noch 23.485 Betriebe, mehr als die Hälfte von ihnen im Nebenerwerb. Wer nun mutmaßt, dass von der Ausstiegswelle vor allem das Bergebiet betroffen war, der irrt. Während 1999 noch 65 Prozent der Milch im Berggebiet erzeugt wurden, belief sich der Anteil zuletzt auf knapp 70 Prozent. In Tirol ist die angelieferte Almmilchmenge binnen 25 Jahren gar um ein Fünftel gestiegen.

Erzeugerpreis noch unter Niveau von 2022

Trotz oder gerade wegen der zunehmenden Professionalisierung bleibt für Milchbauern im Land der Erzeugerpreis der alles entscheidende Faktor. Hier scheint sich nach Monaten mit einem Abwärtstrend eine zaghafte Besserung abzuzeichnen. Dem jüngsten Marktbericht der AMA ist eine Erholung des heimischen Erzeugermilchpreises zu entnehmen. Bereits im März überholte der Durchschnittspreis für GVO-freie Rohmilch (aller Qualitäten, Milchsorten und Inhaltsstoffe) mit 48,93 Cent je Kilogramm die Preise vom Dezember (lag jedoch 6,7 Cent unter dem Niveau vom März des Vorjahres). Der noch nicht verifizierte Milchpreis im April soll 49,10 Cent betragen haben. Die AMA begründete dies mit steigenden Auszahlungspreisen einzelner Verarbeitungsbetriebe.

Interessantes Detail: Während EU-weit seit Jahresbeginn ein rückläufiges Milchangebot beobachtet wurde (-0,6 %), stieg in Österreich die Anlieferungsmenge. So wurde im März mit fast 312.000 Tonnen Rohmilch um 4,7 Prozent mehr Milch abgeholt als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Damit übertrifft Österreich die von der EU prognostizierte Mengensteigerung für die gesamte Union im heurigen Jahr. In Brüssel geht man nur von einem zaghaften Wachstum von 0,4 Prozent für 2024 aus. Der (noch vorläufige) EU-Erzeugermilchpreis soll im April übrigens (im Durchschnitt aller Qualitäten) 46,31 Cent je Kilogramm betragen haben. Zum Vergleich: US-Farmer erhielten für ihre Milch (4,2 % Fett) im März umgerechnet 38,5 Cent je Kilogramm (+ 1,1 %). Der neuseeländische Auszahlungspreis (4,2 % Fett, 3,35 % Eiweiß) gab mit 33,2 Cent pro Kilogramm etwas nach.

International zeichnet sich Erholung ab

Noch zaghaft entwickelte sich der zuletzt Ende April errechnete Rohstoffwert des Instituts für Ernährungswirtschaft Kiel (ife). Die monatlich publizierte Kennzahl, die den durchschnittlichen Verkaufswert der Standardprodukte Butter und Magermilchpulver wiedergibt, gilt als Richtschnur für den deutschen Markt. Das ife meldet seit Jahresbeginn laufend rückläufige Zahlen, in Summe mehr als 2 Cent. Auf Erzeugerebene lag dieser bei netto 41,60 Cent (bei 4 % Fett, 3,4 % Eiweiß). Abzuwarten bleibt, zu welchem Ergebnis die Marktexperten dieser Tage kommen werden.

Beim regelmäßig aktualisierten Börsenmilchwert waren die ife-Experten schon deutlich optimistischer. Der auf Basis der Schlusskurse an der Leipziger EEX-Börse berechnete Wert wurde jüngst für Mai mit 43,8 Cent pro Kilogramm Milch (4,2 % Fett, 3,35 % Eiweiß) angenommen. Schon im September könnte dieser dann die 50-Cent- Marke knacken.

Belebte Nachfrage in Deutschland

Indes zog in Kempten an der Süddeutschen Butter und Käsebörse vergangene Woche die Notierung für Blockbutter im Mittel um 31 Cent (+5 %) an. Mit bis zu 6,40 Euro je Kilogramm der höchste Wert seit November 2022, schreibt Agra-Europe. Zumindest stabil hat sich auch der deutsche Käsemarkt entwickelt. Die Zentrale Milchberichterstattung in Berlin vermeldete ebenfalls „belebte Geschäfte und stärkere Nachfrage“ für Milchpulver. In Kempten notierte Milchpulver zeitgleich mit einem Plus von 6 Cent und bis zu 2,53 Euro pro Kilogramm.

Im Aufwind ist auch der im zweiwöchigen Rhythmus publizierte Global Dairy Trade Index der gleichnamigen internationalen Handelsbörse, die etwa von den Molkereiriesen Arla, Fonterra oder Dairy America frequentiert wird. Bei ihrer Auktion am 21. Mai für Butter verzeichnete man über alle Lieferkontrakte hinweg einen Anstieg von 5,1 Prozent. 6.381 Euro pro Tonne wurden im Schnitt geboten, ein Höchststand seit Oktober 2022. Auch die Preise weiterer Milcherzeugnisse legten zu. Vollmilchpulver als umsatzstärkstes Produkt stieg im Verkaufswert gegenüber Anfang Mai um immerhin 3 Prozent auf 3.138 Euro je Tonne. Der Preisindex aller gehandelten Produkte legte unterm Strich gegenüber der Auktion Anfang Mai um 3,3 Prozent zu, gut 13 Prozent mehr als 2023.

Höhere Preise am italienischen Markt

Erfreulich sind auch die Nachrichten vom für den Export bedeutenden italienischen Markt. Die in Verona von einer Kommission der Handelskammer wöchentlich erhobenen „Spotmilchpreise“ für Vollmilch vornehmlich aus Deutschland und Österreich kletterten dieser Tage zum dritten Mal in Folge nach oben. Demnach wurde Tankmilch (3,6 % Fett) am 20. Mai in Norditalien für bis zu 47,94 Euro per 100 Liter gehandelt, ein Plus von 4,55 Prozent gegenüber der Vorwoche. Bleibt abzuwarten, wie all diese Entwicklungen in den kommenden Wochen auf das Konto der hiesigen Milchbauern durchschlagen.

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ama.at/marktinformationen/

 

- Bildquellen -

  • AMA Infografik Milch: AMA
  • Milchabholung: agrarfoto.com
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AUTORClemens Wieltsch
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