Die Frostgefahr im Herbst und sogar im Winter ist durch die Klimaveränderung mittlerweile geringer als sie das um die Jahrtausendwende noch war. Speziell die Herbstmonate bringen mehr Vegetationstage mit sich. Aus aktueller Sicht entwickelt sich auch das heurige Jahr gemäß diesem Trend. Ein Großteil der heimischen Herbst- und Wintergemüsearten verträgt auch Frosttemperaturen bis zu minus acht Grad Celsius, weshalb einige Betriebe schon recht erfolgreich mit spätreifenden Sorten experimentieren, die bis Dezember auf dem Feld bleiben können. So können bestimmte Gemüsearten wie zum Beispiel Porree, Sprossenkohl, Karfiol, Kalettes, Salatherzen, Vogerlsalat oder Stangensellerie immer länger frisch vom Feld angeboten werden.
„Hohe Energiepreise, zunehmendes Umweltbewusstsein und
der Wunsch nach gesunder, biologischer Ernährung bieten Gelegenheit zum Umdenken und sich am saisonalen, heimischen Angebot zu orientieren.“ Franz Waldenberger
„Innovative Gemüsebauern sehen darin die Chance, der wachsenden Importflut aus südlichen Ländern entgegenzuwirken“, sagt Franz Waldenberger, Präsident der Landwirtschaftskammer OÖ. Der Klimawandel bringt natürlich auch Nachteile mit sich: Starkregen zum Beispiel gefährdet die Böden durch Erosion, Dürreperioden machen zunehmend teure künstliche Bewässerung notwendig.
Politische Maßnahmen für heimische Gemüsebauern gefordert
Zu den steigenden Produktionsrisiken kommen verschärfte Rahmenbedingungen und ein deutlicher Anstieg an Importmengen. „Der hohe Importanteil im Lebensmitteleinzelhandel führt zu massiven Marktverlusten für heimische Produzenten. Deshalb benötigen die Gemüsebauern politische Maßnahmen, die im Regierungsprogramm Berücksichtigung finden müssen“, so Waldenberger. Dazu gehöre eine wettbewerbsfäige Lohnkostenstruktur, die Herkunftskennzeichnung für verarbeitetes Gemüse, der Ausbau des Anteils von Bio- und regionalen Lebensmitteln in Gemeinschaftsküchen, Chancengleichheit beim Zugang zu Betriebs- und Pflanzenschutzmitteln im Vergleich zu anderen EU-Ländern und die Begrenzung des Bodenverbrauchs, um langfristig Anbauflächen zu sichern.
Ein Blick auf die Statistik verdeutlicht den Rückgang der Anbaufläche seit dem Rekordjahr 2022, in dem diese bei 2164 Hektar lag. Heuer sind es 1948 Hektar. Der Eigenversorgungsgrad bei Gemüse beterägt aktuell 58 Prozent, er droht zu sinken.
„Wer Klimaschutz ernst nimmt, der muss sein Konsumverhalten ändern und sich auch mit dem Thema Wintergemüse auseinandersetzen.“ Ewald Mayr
Wintergemüse aus der Region leistet einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit in der kalten Jahreszeit. „Wir als Produzenten tun alles dafür, um die heimische Saison so lange wie möglich zu halten“, sagt Ewald Mayr, Obmann des Verbandes der Gemüse-, Erdäpfel- und Obstbauern Oberösterreichs. Unbeheizte Folienhäuser helfen dabei, die Ware quasi frisch vom Feld anzubieten. Mangelnde Vielfalt kann dabei schon längst nicht mehr beklagt werden, wenn man sich die Palette an verschiedenen Sorten bei einem heimischen Gemüsebauern anschaut. Vielmehr ist es oft Unwissenheit und Gedankenlosigkeit von Seiten der Konsumenten: Die Breite des heimischen Sortiments lässt sich im Supermarkt kaum erfassen, außerdem braucht es Ideen und Rezepte für Einsatzmöglichkeiten von weniger bekannten Gemüsesorten wie zum Beispiel Steckrüben. Außerdem steht der Einsatz von Heizung und künstlicher Belichtung für die Produktion von Tomaten, Gurken und Paprika im Winter im Widerspruch zu Klimazielen.
Für die Gemüsebauern hielt das Jahr 2024 große Herausforderungen bereit: Bis Juni herrschten gute Bedingungen, dann ging es jedoch mit Hitze und Dürre bis September weiter, ehe die großen Wassermengen kamen. „Glücklicherweise sind bei uns mehr als 95 Prozent der Gemüsefelder vom Hochwasser verschont geblieben“, so Ewald Mayr. Andere Bundesländer und auch Länder in Europa erlitten deutlich mehr Einbußen, was sich jetzt zum Beispiel am knappen Angebot von Chinakohl zeige. Insgesamt falle die Saison 2024 ertragsmäßig unterdurchschnittlich aus.
In Oberösterreich werden 29 Prozent des Gemüses biologisch erzeugt. Zugpferde sind einige Pioniere, die schon seit Ende der 1980erJahre in diesem Bereich agieren. Dazu gehört der Biohof Achleitner in Pupping, der mit seiner vielseitiger Vermarktung inklusive Abokisten-Verkauf glänzt. „Regionalität und Vielfalt über das ganze Jahr hinweg war für uns stets ein großes Thema“, sagt Günther Achleitner, der seine Landwirtschaft seit 1990 biologisch bewirtschaftet. Sie umfasst heute 100 Hektar Ackerfläche und 4600 Quadratmeter Foliengewächshäuser. 40 verschiedene Gemüsesorten gedeihen dort. Wöchentlich verlassen etwa 15.000 Biokisten den Betrieb.
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- Bildschirmfoto 2024 11 13 Um 15.10.50 (2): BZ/Cacha