Was Hund und Katz um den Hals tragen, ist im Pflanzenbau verboten

Am Acker sind sie verboten, auf die Wohnzimmercouch kom- men sie ohne weiteres: Neonicotinoide – konkret der Wirkstoff „Imidacloprid“. Dieser ist nämlich in Zecken- und Flohhalsbändern von Hunden und Katzen enthalten, wie der OÖ Bauernbund bei näherer Betrachtung festgestellt hat.

Haustierbesitzer greifen zum Floh- und Zeckenband, ohne groß darüber nachzudenken oder sich über die Wirkstoffe zu informieren, die das Tier damit um den Hals trägt.

In mehr als jedem dritten österreichischen Haushalt leben Haustiere. Um ihre Hunde und Katzen vor Plagegeistern wie Zecken oder Flöhen zu schützen, setzen viele Haustierhalter auf Halsbänder, auf denen sich jedoch eine Palette von Wirkstoffen befindet.

Der OÖ Bauernbund hat solche Zecken- und Flohhalsbänder näher unter die Lupe genommen. Verblüfft hat dabei besonders der Wirkstoff „Imidacloprid“, ein systemisch wirksames Insektizid aus der Wirkstoffgruppe der Neonicotinoide. Laut Beipackzettel reichen die Nebenwirkungen bei Hunden bis hin zu Verwirrtheit und epileptischen Anfällen.

Ein wichtiges „Werkzeug“ ist abhanden gekommen

Auch auf manchen Feldern müssen Schädlinge intensiv bekämpft werden, um die Ernte zu retten. Bei der Landwirtschaft werden jedoch andere Maßstäbe angelegt, zahlreiche Wirkstoffe sind hier schon verboten. „Seit dem heurigen Jahr ist der Einsatz von Saatgutbeizmitteln auch bei der Zuckerrübe verboten. Den Bauern, die damit äußerst sorgsam umgegangen sind, ist dadurch ein wichtiges Werkzeug für einen erfolgreichen Zuckerrübenanbau abhanden gekommen. Sie müssen das jetzt oftmals mit schlechter wirksamen Mitteln und durch mehrmalige Anwendung kompensieren“, sagt Oberösterreichs Bauernbunddirektor Wolfgang Wallner. Das EU-weite Verbot von Saatgutbeizmitteln habe daher im Endeffekt „nicht nur negative ökonomische, sondern auch ökologische Auswirkungen“, betont der Bauernbunddirektor. Die Versorgung mit europäischem Zucker und Raps sei dadurch gefährdet.

Es werde also mit zweierlei Maß gemessen, wenn es um den Einsatz von Insektiziden geht. Generell ist seit dem Jahr 2009 für den Kauf und die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln der „Pflanzenschutz-Sachkundenachweis“ notwendig. „Bei der Anwendung von Halsbändern bei Haustieren gibt es erstaunlicherweise keine Regelung. Diese können auch im Internet bestellt werden“, ist Wallner verwundert.

Eigenversorgung Europas wird zunehmend gefährdet

In der Landwirtschaft ist ein gänzlicher Verzicht auf Pflanzenschutzmittel nur schwer möglich, wenn man dabei auch wirtschaftlich arbeiten möchten. Das belegen auch die Zahlen über die aktuellen Anbauflächen von Raps und Zuckerrübe. So sind von österreichweit 26.000 Hektar Raps lediglich 180 Hektar biologisch bewirtschaftet (Oberösterreich: 7150 Hektar, davon 80 Hektar biologisch), Zuckerrüben werden bundesweit auf 31.000 Hektar kultiviert, davon sind 900 Hektar biologisch geführt.

Die Europäische Union hat für ihre Mitgliedsstaaten hohe landwirtschaftliche Produktionsstandards vorgegeben. Österreich erfüllt diese Vorgaben deutlich und verfügt damit über die weltweit höchsten Umwelt- und Tierhaltungsstandards. „Ständig neue Verbote seitens der EU schränken die europäische Lebensmittelproduktion zusehends ein. Die Umsetzung des EU-Green Deals bis 2030 verursacht Studien zufolge eine Reduktion der Lebensmittelerzeugung von mehr als 20 Prozent. Die Folge: Lebensmittel wie zum Beispiel Zucker müssen in Zukunft aus Übersee in die Europäische Union importiert werden. Die Produktionsstandards bleiben dabei auf der Strecke. Laut den Rübenbauern sind die Zuckerimporte aus Übersee im Jahr 2022 in die EU extrem gestiegen“, erklärt Wallner.

Heimischen Lebensmitteln den Vorzug geben

Im EU-Ausland dürfen nach wie vor Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, die in der EU schon lange verboten sind. Auch die Höhe der Wirkstoffmenge spielt wegen mangelnder staatlicher Kontrollen und Vorgaben kaum eine Rolle. Das bestätigt auch eine kürzlich veröffentlichte Untersuchung des AK-Konsumentenschutzes Oberösterreich. Dabei wurde importiertes Obst und Gemüse aus Drittstaaten auf Rückstände von Wirkstoffen untersucht. Das Ergebnis: Bei rund drei Viertel der Proben konnten Wirkstoffrückstände gefunden werden, die in der EU verboten sind.

Wallner appelliert: „Wir können uns nicht eine Messlatte selbst auferlegen, die dann für importierte Lebensmittel nicht gilt. In Europa braucht es daher eine gemeinsame Politik, die unsere Versorgungssicherheit nicht gefährdet. Den Konsumenten rate ich, beim täglichen Einkauf auf heimische, regionale Qualitätslebensmittel zu setzen. Denn jeder Griff ins Regal löst einen Produktionsauftrag aus und sichert das Fortbestehen unserer heimischen Landwirtschaft.“

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AUTORred. GC
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