Alt, schwach und geschädigt – so war der Zustand des Schutzwaldes in der Zillertaler Berggemeinde Finkenberg vor drei Jahrzehnten. Nach einer gemeinsamen Kraftanstrengung von WaldbesitzerInnen, Jagd, Gemeinde, Forstdienst sowie Wildbach- und Lawinenverbauung seit 1992 erfüllt der Wald seine Schutzfunktion wieder in vollem Umfang und bewahrt Finkenberg vor Lawinen und Steinschlag. Das Projekt „Finkenberg Sonnseite“ wurde für den Österreichischen Staatspreis Wald nominiert.
Frühzeitige Vorsorge
75 Prozent der Tiroler Wälder sind Schutzwald, die Hälfte davon hat eine direkte Schutzwirkung für Siedlungen und Verkehrswege, in der Gemeinde Finkenberg gar 80 Prozent. „Der Schutzwald ist damit nicht nur unser wichtigster, sondern gleichzeitig auch ein wirksamer Schutzschild gegen Naturgefahren. Allerdings nur dann, wenn er vital, stabil sowie gut strukturiert ist und Bäume jeden Alters hat. Gerade mit Blick auf die Borkenkäferproblematik in Osttirol muss klar sein, welchen Stellenwert der Schutzwald hat. Bei gutem Zustand ist der Wald auch resistenter gegen Borkenkäfer“, sagt LHStv. Josef Geisler zur Bedeutung des Schutzwaldes in Tirol. „In Finkenberg ist es durch eine Vielzahl an Maßnahmen gelungen, den Schutzwald vom Sorgenkind wieder zum Bollwerk gegen Lawinen und Steinschlag zu machen. Hier wurde nicht gewartet, bis etwas passiert, sondern im Sinne der Katastrophenprävention rechtzeitig Vorsorge getroffen“, freut sich Geisler und bedankt sich für die Ausdauer, Beharrlichkeit und vor allem für das Miteinander aller Beteiligten.
Sicherheit für kommende Generationen
Eine dreiviertel Million Euro haben Bund, Land und die Interessenten in den vergangenen 20 Jahren im Rahmen eines sogenannten flächenwirtschaftlichen Projekts in die Revitalisierung des Schutzwaldes investiert. Pro Jahr fließen in Tirol 18 Millionen Euro in die Stärkung und Erhaltung der Schutzwälder. „Das ist Katastrophenvorsorge nicht nur für uns, sondern vor allem auch für die kommenden Generationen. Diesen Weg wird das Land Tirol auch weiterhin gehen. Wir investieren in die Sicherheit für Generationen“, bekräftigt LHStv. Josef Geisler.
In den letzten 20 Jahren wurden in Finkenberg insgesamt über 260.000 Bäume gepflanzt, etwa ein Drittel davon im Agrargemeinschaftswald im Rahmen des Projekts. Auf über 300 Hektar wurden seit 2002 junge Pflanzen gesetzt und Pflegemaßnahmen durchgeführt. Außerdem wurden knapp 120.000 Festmeter Schad- und Altholz meist mittels Seilkran aus dem Wald gebracht, um dem Jungwald eine Chance zu geben. Ein wesentlicher Grund für den damals schlechten Zustand des Schutzwaldes war die historische Nutzung als sogenannter Schneitelwald. Früher war es im Zillertal und auch anderen Teilen Tirols üblich, Äste von stehenden Bäumen abzuschneiden und samt der Bodenvegetation als Streu oder Dünger einzusetzen. Das führte zu einer Schwächung des Altbestandes. Dazu kamen hohe Wildbestände, die das Aufkommen des Jungwaldes massiv behindert haben.
Anpassung des Wildbestandes
Einen besonderen Anteil am Erfolg hatte die Jagd mit der Anpassung des Wildstandes an den Lebensraum. „Wir haben als Grundeigentümer die Verantwortung übernommen, die Jagd nicht mehr verpachtet, sondern in die Eigenbewirtschaftung übertragen und damit nicht nur die forstlichen, sondern auch die jagdlichen Maßnahmen konsequent umgesetzt“, blickt Johann Stöckl, seit 2010 Obmann der Agrargemeinschaft Finkenberg, zurück. So wurden etwa sechs Rehwildfütterungen aufgelassen, um den Wald vor allem im Winter nicht zu belasten. Der Erfolg kann sich sehen lassen, wie auch Waldaufseher und Jagdleiter Michael Erler bestätigt: „Wir liegen bei der Erfüllung der Abschussvorgaben für das Rehwild seit Jahren bei 100 Prozent. Zählt man das Fallwild dazu, sind es sogar 125 Prozent. Abschüsse werden ausnahmslos an einheimische Jägerinnen und Jäger vergeben.“
„In Finkenberg ist die Verjüngung des Schutzwaldes auf einem sehr guten Weg – und das mit klimaangepassten Baumarten wie Tanne, Lärche und Ahorn, die sehr gerne von Wild verbissen werden. Die Jagd hat dazu einen ebenso wertvollen Beitrag geleistet wie etwa die kontinuierliche Jungwuchspflege“, sieht Landesforstdirektor Josef Fuchs Finkenberg als absolutes Vorbild. Ersichtlich wird das an den Ergebnissen der Verjüngungsdynamik, einem Ins-trument zur Darstellung der Entwicklung der Jungwaldbestände. „Jetzt müssen wir schauen, dass wir den guten Zustand auf Dauer absichern“, so Fuchs.
Strukturierte Zusammenarbeit
Parallel zum Projekt „Finkenberger Sonnseite“ des Landesforstdienstes wird von der Wildbach- und Lawinenverbauung derzeit das „Generelle Projekt Penken“ umgesetzt. „Ziel dieses Projektes ist, in jenen Bereichen, wo kein Wald vorhanden ist, beziehungsweise die Schutzwirkung des Waldes ergänzt werden muss, die Sicherheit vor Steinschlag und Kleinlawinen durch technische Maßnahmen zu verbessern. Nach zwölf Jahren Bauzeit steht das Projekt vor dem Abschluss. Bis dato wurden rund neun Millionen Euro vor allem in die Errichtung von Dämmen und Schutznetzen investiert“, ergänzt Ivo Schreiner, stellvertretender Leiter der WLV Tirol und betont: „Die Synergie der beiden Projekte ist beispielhaft für die strukturierte Zusammenarbeit der Wildbach- und Lawinenverbauung und des Landesforstdienstes im Naturgefahrenmanagement in Tirol“.
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