Ein zweitägige Verhandlungsmarathon in Luxemburg brachte in der Nacht auf Mittwoch den Durchbruch: Die 27 EU-Agrarminister einigten sich auf eine Position zur gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab 2023. Details zur Einigung erklärte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger Mittwoch früh (21. Oktober) in einer online-Pressekonferenz.
Verpflichtende Umweltleistungen für Direktzahlungen
Knackpunkt der Verhandlungen waren die sogenannten Ökoregelungen (eco schemes), die eine verpflichtende Mittelbindung an Umweltleistungen vorsehen. Unter deutschem EU-Ratsvorsitz konnte Präsidentin Julia Klöckner einen Kompromiss unter den Mitgliedstaaten herbeiführen: 20 % der Mittel für Direktzahlungen der Ersten Säule müssen verpflichtend für Umweltleistungen verwendet werden. Mitgliedstaaten, die bereits Umweltprogramme in der Zweiten Säule der GAP (Ländliche Entwicklung) umsetzen, können diese mit der Ersten Säule gegenrechnen. Das hatte Österreich bereits im Vorfeld des Rates gefordert und sieben weitere kleinere EU-Mitgliedstaaten für diesen Vorschlag gewinnen können. Das legte laut Landwirtschaftsministerin den Grundstein für die nun erreichte gemeinsame GAP-Position. Jenen Mitgliedstaaten, die sich komplett gegen verpflichtende Umweltleistungen gestellt hatten, sicherte der deutsche Kompromissvorschlag eine zweijährige Übergangsfrist zu. Somit haben die einzelnen Länder, die bislang gar keine Umweltauflagen vorgaben, nun die Möglichkeit, neue Programme zu erarbeiten und den Bäuerinnen und Bauern schrittweise die Umsetzung zu ermöglichen.
Für Österreich bedeutet das einen doppelten Verhandlungserfolg: So können künftig die Maßnahmen aus der Zweiten Säule fortgeführt und weiterentwickelt werden. Das betrifft das Agrarumweltprogramm Öpul, die Bio-Maßnahmen, Vorgaben für Naturschutz und Tierwohl sowie die Ausgleichszulage bzw. die Bergbauernförderung. Und die Umweltleistungen werden säulenübergreifend gesamthaft gewertet, wodurch kein Nachteil für jene Bäuerinnen und Bauern entsteht, die bereits in der Zweiten Säule Umweltleistungen erbringen.
Fragen der Umverteilung bleiben freiwillig und national
Keine Einigung erzielten die Minister bei der Frage nach einer verpflichtenden Förderobergrenze (Capping). Stattdessen einigte sich der Rat darauf, das Capping als freiwillige Maßnahme im nationalen Strategieplan eines Staates umsetzen zu können. Das wird in Österreich nicht der Fall sein, erklärte Köstinger, da ohnehin nur wenige Betriebe von einer Förderobergrenze von 60.000 bis 100.000 Euro betroffen wären und somit der gewünschte Umverteilungseffekt ausbliebe.
Die ersten Hektare eines Betriebes stärker zu fördern, wäre die zweite Möglichkeit zur Umverteilung von groß zu klein. Dies werde aber auch auf nationaler Ebene im Strategieplan geregelt, so die Ministerin.
Das große Ziel, den österreichischen Weg der Agrarpolitik weiterzugehen, wurde mit der Absicherung der Maßnahmen aus der Zweiten Säule laut Köstinger jedenfalls erreicht. Auch der Forderung nach mehr Umwelt- und Klimaschutz werde die neue GAP mit der 20 prozentigen Mittelbindung an Umweltleistungen gerecht. Köstinger: „Mit dieser Einigung gelingt uns ein Schritt in Richtung mehr Umwelt- und Klimaschutz. Wir haben ein faires, respektables Ergebnis erzielt.“
Dotiert ist die GAP 2021-2027 mit 387 Mrd. Euro aus dem EU-Haushalt. Das angedrohte Minus im Agrarhaushalt konnte bei den Budgetverhandlungen im Sommer abgewehrt werden. Für Österreich ergibt sich ein Plus von 35 Mio. Euro auf sieben Jahre aufgeteilt.
Die Einigung des Rates setzt nun den ersten Schritt in Richtung Trilogverhandlungen. Das EU-Parlament befindet sich gerade in seiner Abstimmungsphase für eine GAP-Position. Die Abgeordneten streben eine Einigung bis Freitag (23. Oktober) Abend an. Dann können die drei EU-Institutionen Rat, Parlament und Kommission zu verhandeln beginnen. Bis Ende des ersten Quartals 2021 sollen die Trilogverhandlungen dauern. Kommt es zu einer Einigung, will Österreich seinen nationalen Strategieplan Ende des zweiten Quartals 2021 vorlegen und zur Genehmigung an die Kommission schicken.
Übrigens: Die viel diskutierten Strategien aus dem Green Deal der Kommission, die Farm to Fork-Strategie und die Biodiverstitätsstrategien sind noch nicht in Gesetzestext gegossen und können somit auch nicht in die GAP implementiert werden. Sie gelten aber als Leitlinien, um die EU-Landwirtschaft grüner zu machen.
Eva Zitz
Reaktionen heimischer Agrarpolitiker: https://bauernzeitung.at/reaktionen-auf-die-einigung-zur-gap-ratsposition/
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