In den meisten EU-Ländern fallen im November die wichtigen Absatzbereiche Gastronomie und Hotellerie weg. Aufgrund der Erfahrungen aus dem ersten Lockdown läuten damit für alle Marktteilnehmer die Alarmglocken, entsprechende Reaktionen folgen. Quer durch die EU werden die Notierungen nach unten korrigiert. Nur im am meisten von der Krise gebeutelten Deutschland bleibt die offizielle Notierung stehen. Dies ist insofern verwunderlich, weil alle Mitgliedsstaaten sich massiv über enorme Dumpingangebote aus Deutschland verärgert zeigen. Sowohl lebende Schlachtschweine als auch grob zerlegte Schlachtkörper werden absolut unterpreisig EU-weit verschleudert. So gesehen ist der Wert einer nicht marktkonformen Notierung jedenfalls in Zweifel zu ziehen. Die Dumpingwelle hat inzwischen auch den asiatischen Raum erreicht, so vermelden die europäischen Exporteure nach China, dass die Kontrakte jetzt nur mehr mit erheblichen Preiszugeständnissen abschließbar sind.
In Österreich kam es, durch den Nationalfeiertag, letztwöchig zu fehlender Schlachtkapazität und beginnendem Rückstau. Mit dem Gastro-Lockdown stieg das Angebot durch Panikanmeldungen schlagartig um 15 %, während sich absatzseitig Zurückhaltung breitmachte. Am Fleischmarkt wird einmal mehr Konkurrenz, speziell aus Deutschland, mit sagenhaft niedrigen Preisen bekrittelt, insbesondere bei nicht entbeintem Fleisch. Wie schon beim ersten Lockdown im Frühjahr profitiert wieder der LEH, der verstärkte Nachfrage nach Fleisch verspürt. Allerdings ist auch hier nicht mehr der Boom wie bei den Hamsterkäufen zuletzt spürbar. Eine Kompensation des Gastro-Ausfalls ist daher nur geringfügig möglich. Folgedessen ist auch hierzulande ein erheblicher Angebotsüberhang entstanden, der in nächster Zeit auch eine verzögerte Abholung bei schlachtreifen Tieren mit sich bringen wird. Vor diesem Hintergrund musste an der Ö-Börse den Forderungen der Abnehmerschaft Rechnung getragen werden.
Preise KW 45/46 (Marktbericht vom 5. November 2020):
Mastschweine-Notierungspreis: 1,41 Euro (–0,09)
Berechnungsbasis: 1,31 Euro
Zuchten-Notierungspreis: 1,08 Euro (–0,10)
Berechnungsbasis: 0,98 Euro
Dr. Johann Schlederer