Um den Bauern die Kosten seiner Handelsdifferenzen vor allem mit China zu ersparen, habe der 45. US-Präsident bereits das Doppelte seines Vorgängers Barack Obama in die Agrarwirtschaft gesteckt, berichtet das US-Magazin „Politico“. Immerhin zählten die Landwirte und Viehzüchter speziell im sonst wirtschaftlich eher abgehängten „Corn Belt“ im mittleren Westen der USA zu seinen loyalsten Unterstützern. Von den rund 3 Millionen Farmern der USA stimmten 2016 die Mehrzahl für Trump. Auch im vergangenen November gab es zum alljährlich groß zelebrierten Erntedank/Thanksgiving „eine weitere große Runde Bargeld für unsere großartigen Farmer“, twitterte Trump.
Agrarzahlungen seit 2017 fast verdreifacht
In Trumps erstem Jahr als Präsident, 2017, betrugen die direkten Agrarzahlungen 11,5 Milliarden Dollar. In den beiden Jahren darauf sind sie auf über 32 Milliarden US-Dollar gestiegen – so viel wie nie zuvor. Und weil am 3. November die nächste Präsidentenwahl am Programm steht, dürften die Zuwendungen an die Farmer heuer noch höher ausfallen, heißt es aus Washington. Schon im Jänner twitterte Trump an seine Anhänger, er hoffe, „dass das Geld das ist, woran sie (die Farmer) sich am meisten erinnern werden“.
Subventionen für die US-Farmer gab es auch schon vor Trump, um diesen etwa durch breite Übernahme der Ernteversicherung gegen Naturkatastrophen, aber auch mit Erhaltungsanreizen und anderen Sicherheitsnetzen gegen Preisverfall, unter die Arme zu greifen. Die Eigenversorgung des Landes mit Getreide, Mais, Fleisch oder Gemüse ist in den USA seit jeher von entscheidender, politischer Bedeutung. Auch unter der Obama-Regierung betrugen die Direktzahlungen an Landwirte stets zwischen 9,8 und knapp 13 Milliarden US-Dollar pro Jahr.
Begonnen hat der zuletzt rasante Ausgabenanstieg Mitte 2018, als das Landwirtschaftsministerium der Vereinigten Staaten (USDA) begann, mit Schecks den Farmern jene Schäden auszugleichen, die ihnen durch Trumps 2017 vom Zaun gebrochenen Zollzwist, allen voran mit den Chinesen, entstanden ist. Binnen eines Jahres hatten sich die US-Agrarexporte auf nur noch 9 Milliarden Dollar mehr als halbiert, worauf allein 2019 jede fünfte Farm aufgegeben werden musste. Und das trotz milliardenschweren Rettungsprogramms über drei Jahre hinweg. Washington verteilte zuletzt 16 Milliarden Dollar an landwirtschaftliche Betriebe – zusätzlich zu den üblichen Subventionen.
„Hier ist Ihr Scheck“
Alsbald wurde Kritik an diesem laut: Die meisten Agrargelder sollen nämlich ins „Dairyland“ Wisconsin, also Amerikas Milchkammer, oder in den US-Bundesstaat Iowa (mit einer höheren Schweinedichte als Einwohner) geflossen sein. Auch habe es keine nachhaltigen Auflagen und Bedingungen seitens des USDA für deren Auszahlung gegeben. Das Motto lautete vielmehr „Hier ist Ihr Scheck“, schreibt Politico. Generell habe die Trump-Regierung das Rettungspaket eher für den Handel genutzt und für Agrarbetriebe in für die Republikaner wichtigen Wahlkreisen, um dort das politische Ansehen des Präsidenten zu stärken.
Indes verteidigten Trump und sein Agrarminister Sonny Perdue gegenüber allen Farmern den „Amerika first“-Handelsstreit nicht nur mit China, auch mit der EU: „Diese werden zu einer besseren Welt führen.“ Man werde sich aus den aus Sicht der US-Regierung auch für die Landwirtschaft bisher „unfairen, ja illegalen Handelsvereinbarungen rauskaufen. Um sicherzustellen, dass alle Amerikaner einmal freien Handel mit Ländern auf der ganzen Welt genießen“.
In den vergangenen Monaten hat aber das Coronavirus in den USA alle Hoffnungen auf eine Erholung der Landwirtschaft im Jahr 2020 zunichte gemacht. Seit Monaten zählt die Supermacht zu den am schwersten von der Covid-Pandemie betroffenen Staaten. „Allein durch Corona könnten die Schäden für den US-Agrarsektor in den nächsten zwei Jahren bis zu 50 Milliarden Dollar betragen“, so ein Sprecher des USDA. Bereits vor der Pandemie war der Sektor nach sieben dürren Jahren hoch verschuldet. Auch reichten die 16 Milliarden Rettungs-Dollar bisher nicht, alle Agrarsparten mit massiven Verlusten überhaupt zu bedienen, darunter etwa die Ethanolproduktion. Etwa 50 % davon wurde zuletzt wegen des sinkenden Kraftstoffverbrauchs eingestellt.
Trotz aller Unterstützung hat Trumps Handelskrieg den Bauern enorm viel Geld gekostet. Sein mit den Chinesen 2017 beschlossener „Deal“, um den Wert der US-Agrarexporte ins Reich der Mitte zu verdoppeln, halten aber viele heute längst für unrealistisch. Unter Obama betrug das Nettoeinkommen der landwirtschaftlichen Betriebe 2013 noch 139 Milliarden Dollar. Heuer rechnet man nur noch mit 90,6 Milliarden Dollar, und 2021 dürften diese auf knapp 80 Milliarden Dollar sinken. Im ersten Quartal 2020 hätten so viele US-Farmer aufgegeben wie seit acht Jahren nicht, wurde nun bekannt.
Die Folgen der Pandemie – von Trump anfangs völlig negiert, die USA beklagen mittlerweile mehr als 160.000 Menschenleben – waren für die Farmer umso dramatischer: Mangels Absatz mussten Agrarprodukte in großem Stil vernichtet, zigtausende Nutztiere notgeschlachtet werden.
Seinen Anhängern hat Trump da-
raufhin noch mehr Rettungsgelder versprochen und hofft so auf deren Stimmen. Nach wie vor sammelt er laut Umfragen rund die Hälfte der Farmer hinter sich. Dagegen warnte Agrarminister Perdue diese wiederholt davor, auf weitere Handelshilfe zu bauen. Diese Direktzahlungen seien nicht als dauerhaftes Preisstützungsprogramm gedacht, so Perdue.
Unzufriedenheit mit Trump wächst
Mittlerweile liegt Herausforderer Joe Biden in Umfragen vor Donald Trump. Aber auch Bidens Demokraten setzen auf die Farmer, seit sie 2016 im Mittleren Westen fast ausgelöscht wurden. Ob Biden ihnen als Präsident genauso viel Aufmerksamkeit – und finanzielle Unterstützung – schenken wird, wird angesichts der bisherig geflossenen Summen aber von den meisten bezweifelt. Und die Unzufriedenheit mit Trump nimmt zu. In der neuen, nationalen Kampagne „Rural America 2020“ kritisieren sie das Versagen der Trump-Regierung in den ländlichen Gemeinden, die angezettelten Handelskriege sowie die unkoordinierte Reaktion auf Covid-19, welche die traditionellen Versorgungsketten durcheinandergebracht und die Lage für die Bauern nur noch schlimmer gemacht habe.
Bernhard Weber