Das Zuckerrübenjahr 2024 wird Rübenbauern wohl alles andere als einfach in Erinnerung bleiben. Auf einen trockenen Hitzesommer folgten Starkniederschläge und massives Hochwasser im September. Auf die Rübenkampagne hatte das unmittelbare Auswirkungen, die Verarbeitung in den Zuckerfabriken der Agrana nahm erst mit einer Woche Verspätung den Betrieb unter Volllast auf. Anfängliche logistische Schwierigkeiten durch den Ausfall der Westbahnverbindung konnten zwar rasch behoben werden, vor allem in Niederösterreich wirkt das anfängliche Durcheinander offenbar aber bis heute nach, wie der Dachverband „Die Rübenbauern“ kürzlich informierte.
„Die Verschiebung des Kampagnenbeginns und Einschränkungen in der Bahnlogistik erforderten kurzfristige Anpassungen der Rübenlieferpläne“, teilt man bei Agrana auf Nachfrage mit. Bekanntlich erfolgt die Anlieferung abseits der auf die Bahn angewiesenen Anbauregionen durch ein Mischsystem aus Anlieferungen an die Rübenlagerplätze, Direktanlieferungen in die Zuckerfabriken sowie von am Feldrand gelagerten Rüben mittels Verlademaus und Lkw.
Ungewohnt hohe Lagerstände
Üblicherweise werden bis zum 26. Oktober nur so viele Rüben geerntet, wie auch verarbeitet werden können. Dies soll an den oft noch warmen Oktobertagen die Zuckerverluste gering halten. „Durch den zögerlichen Erntestart heuer entstand von den Landwirten und den Rodeorganisationen immer mehr Druck, die Rüben bis zu einem noch vertretbaren Zeitpunkt ernten zu können“, berichten „Die Rübenbauern“. Deshalb seien heuer schon im Oktober „unverständlich hohe Lagerstände“ aufgebaut worden.
Agrana: „Die Verschiebung des Kampagnenbeginns und Einschränkungen in der Bahnlogistik erforderten Anpassungen der Rübenlieferpläne.“
Dies habe sich insofern als problematisch erwiesen, da heuer der Anteil an gefaulten Rüben ungewöhnlich hoch sei, was bei längerer Lagerung zu entsprechenden Zuckerverlusten führe. Mitte Oktober sah man sich schließlich gezwungen, einige Übernahmestationen temporär zu schließen um Lagerstände abzubauen. Das wiederum stieß jenen Bauern sauer auf, die ausschließlich über Lagerplätze anliefern. Jene Berufskollegen, die ihre Rüben vom Feldrand per Mausverladung in die Fabriken transportieren, hätten nämlich weiterhin ernten und abliefern können, teilten sie ihrem Dachverband mit.
Feldrandlagerung bindet Kapazitäten
„Es ist grundsätzlich verständlich, dass Landwirte, die sich für die Feldrandlagerung entscheiden, relativ zeitnah einen Abtransport ihrer Rüben wünschen, um die Zuckerverluste so gering wie möglich zu halten“, kommentieren „Die Rübenbauern“ den Disput. Allerdings würden dadurch Lkw- Kapazitäten gebunden, die zum Abfrachten der Rüben andernorts fehlen, was eben kurzfristige Sperren der Lagerplätze mit sich bringe. Überhaupt habe die Menge der am Feldrand gelagerten Rüben in den vergangenen Jahren ein Ausmaß erreicht, das „das Übernahme- und Logistiksystem zum Kippen bringt“, monieren die Bauernvertreter, die auch in der Flächenausweitung im heurigen Anbaujahr einen negativen Effekt auf die aktuelle Misere ausmachen.
„Je mehr Mausabfrachtung gewünscht und etabliert wird, umso länger wird die Lagerdauer dieser Rüben am Feldrand sein müssen“, schlussfolgern sie. Im Übrigen seien die Rübenbauernorganisationen für die Logistik der Ernte auch nicht verantwortlich. „Das obliegt der Agrana“, heißt es. Dort bezeichnet man den Ablauf der heurigen Kampagne nach dem hochwasserbedingt verzögerten Start als „reibungslos“, wiewohl man ergänzt: „Wir bedauern, die bewährte „Just in time“- Lieferkette dieses Jahr angesichts der außergewöhnlichen Umstände nicht immer aufrechterhalten zu können.“
Geringe Zuckergehalte, weniger Geld
Nebst der Logistikdebatte verstimmt die Bauern derzeit wohl auch der erwartbare Rübenpreis. „Die momentane Preissituation lässt für die Ernte 2024 einen Rübenpreis von etwa 45 Euro bei einem Zuckergehalt von 17,5 Prozent erwarten“, prognostizieren die Rübenbauern. Die tatsächlichen Zuckergehalte seien heuer allerdings deutlich geringer. „Wir erwarten einen Zuckergehalt am Ende der Kampagne von etwa 15 Prozent“, heißt es. Das ergäbe einen Rübenpreis von etwa 38 Euro je Tonne Lieferrechtsrüben.
Die Rübenbauern: „Das bedeutet fast eine Halbierung des effektiven Rübenpreises gegenüber dem Vorjahr.“
„Das bedeutet fast eine Halbierung des effektiven Rübenpreises gegenüber dem Vorjahr“, rechnet man beim Dachverband vor. Den genannten Zuckergehalt hält man auch in den Zuckerfabriken für realistisch. Agrana muss dort heuer ebenfalls Mehrkosten in Kauf nehmen, was sich auch in ihrer vergangene Woche präsentierten Geschäftsbilanz niederschlug. „Die Mehrkosten entstehen heuer vor allem durch den notwendigen höheren Energieeinsatz in der Zuckerproduktion aufgrund des niedrigeren Zuckergehalts in der Rübe“, informiert der Konzern.
Für Kontrahierung 2025 laufen die Gespräche
Völlig offen ist indes noch, wie viel Rübenfläche für das kommende Jahr kontrahiert wird. Sowohl Rübenbauern als auch Agrana sprechen von laufenden Verhandlungen. Während die Rübenbauern eine „deutliche Flächenreduktion zur Stabilisierung des Marktes“ als „unumgänglich“ erachten, will man im Zuckerkonzern noch keine Prognose zum geplanten Flächenausmaß abgeben.
- Bildquellen -
- Verlademaus im Einsatz: agrarfoto.com