Kommentar von Conrad Seidl,
Redakteur “Der Standard”
In unserer von Markenwahrnehmungen geprägten Welt gibt es Top-Marken, die einem sofort einfallen, wenn man etwa an Energy Drinks, an Selbstbaumöbel oder an Suchmaschinen denkt. Ihnen sind beim Lesen des vorigen Satzes wahrscheinlich Red Bull, Ikea und Google eingefallen – und das, obwohl es viele andere gute Energy Drinks, Möbel und auch Such-Software gibt. Die stärkste Marke der Welt hat aber nichts mit Markenartikeln zu tun: Es ist das Rote Kreuz – eine weltweit anerkannte Marke der medizinischen und humanitären Hilfe.
Ihre führende Stellung hat sie wegen ihrer langen Geschichte und ihrer internationalen Vernetzung – diese Vernetzung verdankt sie wiederum ihrem strikten Neutralitätsversprechen. Das erklärt auch, warum weltweit Regierungen bevorzugt mit dem Roten Kreuz zusammenarbeiten, auch unsere. In der Corona-Krise wird das besonders sichtbar. Und es passt vor allem dem Arbeiter-Samariterbund und dessen Chef Franz Schnabl nicht: Von der Marke Arbeiter-Samariterbund würde man in dieser Krise nichts hören, würde Schnabl nicht die „Konkurrenzsituation der Hilfsorganisationen“ beklagen und in ebendieser Konkurrenzsituation dem Roten Kreuz parteipolitisch motivierte Regierungsnähe unterstellen.
Nun muss man wissen, dass der durchaus honorige Samariterbund seine Wurzeln in der Sanitätsorganisation der roten Bürgerkriegsarmee der Ersten Republik, dem Schutzbund, hat und bis heute rot dominiert ist. Schnabl wünscht sich also mehr und nicht weniger Parteieinfluss in der Corona-Hilfe. Keine gute Idee.