Wie es Winzerin Silvia Toth aus Lutzmannsburg (Burgenland) gelingt, ihre persönlichen Wertvorstellungen über ihren Wein zu vermitteln und was sie motiviert, sich neben der Arbeit am Betrieb auch im Ehrenamt für Berufsstand, Bäuerinnen und Pfarrgemeinde zu engagieren.
Nutze den Tag – wer mit der Winzerin Silvia Toth (55) aus Lutzmannsburg spricht, merkt sehr bald, dass diese Bäuerin ihr Motto „carpe diem“ tagtäglich lebt. Die vierfache Mutter und Großmutter von zwei Enkeln leitet einen 14 Hektar großen Weinbaubetrieb und engagiert sich zudem in der bäuerlichen Inte-
ressenvertretung und als Bezirksbäuerin von Oberpullendorf ganz besonders auch für die Anliegen ihrer Berufskoleginnen. Bei der LK-Wahl im Burgenland am 11. März kandiert Silvia Toth auch wieder als Landeskammerrätin.
Sukzessive in den Betrieb reingewachsen
Ihre große Liebe zur Landwirtschaft hat sich bei Silvia Toth erst allmählich entwickelt. Zwar ist sie in der Weinbaugemeinde Lutzmannsburg aufgewachsen, wo früher zu fast jedem Haus ein eigener Weingarten gehörte, ihr Berufsziel war allerdings Hauswirtschaftslehrerin. Dafür absolvierte Silvia auch die entsprechende Ausbildung. Da jedoch nach und nach ihre vier Kinder auf die Welt kamen, keine entsprechende Lehrerstelle frei war, die Schwiegermutter Pflege benötigte und ihr Mann schon immer mit Leib und Seele am kleinen elterlichen Weinbaubetrieb hing, entschloss sich die Familie, intensiver in die Winzerei einzusteigen. „Eigentlich bin ich sukzessive in den Betrieb reingewachsen“, erzählt Silvia Toth, die sich anfangs viel weinbauliches Wissen aus ihrer nahen Umgebung aneignete, dann jedoch auf gezielte Aus- und Weiterbildung setzte.
Silvia: „Da ich den Wein ja nicht nur produzieren, sondern auch verkaufen sollte, habe ich neben Seminaren an der Weinakademie auch zahlreiche Rhetorik- und Computerkurse besucht und Weinzeitschriften gelesen. Das Meiste war jedoch immer noch learning by doing.“
War ursprünglich noch der Schwager in den Betrieb eingebunden, konnte Silvia Toth den Hof im Jahr 2009 zur Gänze übernehmen. Heute hilft neben Ehemann Günther, hauptberuflich Polizist, auch der gemeinsame Sohn Stefan tatkräftig mit, der gerade die Ausbildung zum Weinbau- und Kellermeister macht und in einigen Jahren Betriebsführer werden möchte. Auf den mittlerweile 14 Hektar Rebfläche, die zu etwa zwei Dritteln gepachtet sind, wird vor allem die regionstypische Sorte Blaufränkisch kultiviert. Weitere Rebsorten auf dem Betrieb Toth sind Zweigelt, Cabernet, Merlot, Chiraz und Blauburgunder. Doch wie ist Silvia Toth zur Bäuerinnen-Organisation und zur Bildungsinitiative „ZAMm unterwegs“ gestoßen? Dazu die Winzerin: „Ehrenamtliches Engagement sind für meinen Mann und mich schon immer selbstverständlich gewesen. Und so habe ich auch gerne zugesagt, als die Bäuerinnen an mich herangetreten sind, bei ZAM mitzumachen.“ Anfangs, so die Winzerin, sei es gar nicht einfach gewesen alle Termine als Orts-, Gemeinde- und Bezirksbäuerin, als Pfarrgemeinderätin und auch als Landeskammerrätin unter einen Hut zu bringen.
Letztlich habe sich für sie das neue Bäuerinnen-Netzwerk im Rahmen von ZAM als „enorm bereichernd“ erwiesen. Allein die Erfahrung, wie andere Haus, Hof und Familie managen, habe aufbauend und stärkend gewirkt. Es tue gut, sich mit Frauen auszutauschen, die genauso im ländlichen Raum beziehungsweise in der Landwirtschaft arbeiten, so Silvia. Man bekomme etwa bei verschiedensten Veranstaltungen vermittelt, wie man sich als Frau besser präsentiert, artikuliert und behauptet. Es sei wichtig, sich nicht immer nur in den Schatten des eigenen Mannes zu stellen. Die Initiative „ZAMm unterwegs“ stärke das Selbstbewusstsein, und „das ist gut so“, betont Silvia Toth.
Sich selbst bezeichnet die Winzerin als „moderne Bäuerin mit gewissen Traditionen“. Ihr sei es wichtig, allem gegenüber offen zu sein. So hält sie etwa die Digitalisierung in der Landwirtschaft für entscheidend, um mit der Zeit zu gehen und bei der allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung am Ball zu bleiben.
Aus dem Geschenk der Natur das Beste machen
Besonders am Herzen liegt Silvia Toth außerdem, ihren (Enkel-)Kindern und auch ihrer Kundschaft zentrale Werte zu vermitteln. Silvia: „Im Zusammenleben sollten alle am Ende des Tages das Gefühl haben: Wir sind füreinander da, wir halten zusammen.“ Diese Einstellung ist bei Silvia Toth aus einigen schweren, kraftzehrenden Schicksalsschlägen gewachsen, die die Familie verkraften musste. „Trotz allem darf man die eigenen Ziele nie aus den Augen verlieren. Aus dem, was man von Gott und der Natur geschenkt bekommen hat, sollte man das Beste machen und es schätzen. Uns ist sehr wichtig, diese Qualität und Liebe zu unserer Arbeit schlussendlich auch in die Flasche zu bekommen und an unsere Kunden weiterzugeben“, betont die Winzerin.
Positive Rolle der Landwirtschaft vermitteln
Ein Anliegen, für das sie sich einsetzt, ist Silvia Toth auch, dass die allgemeine Bevölkerung die Arbeit in der Landwirtschaft nicht immer so negativ bewertet und nur von Förderungen spricht. Die Leute sollten vielmehr das Positive erkennen und die hohe Qualität bäuerlicher Leistungen schätzen. Ohne Bäuerinnen und Bauern gäbe es ja auch keine Naturlandschaft mit Wiesen und Feldern mehr. Silvia: „Da steckt viel Leidenschaft und knochenharte Arbeit dahinter. Das wollen wir Bäuerinnen gerne verstärkt anderen Menschen vermitteln.“
Jungen Frauen, die in die Landwirtschaft einsteigen oder einen Hof übernehmen, rät Silvia Toth, dass sie da-
rauf achten sollen, sich selbst treu zu bleiben. Neben aller „Frauen-Power“ empfiehlt sie aber auch, „gemeinsam mit dem Partner an einem Strang zu ziehen“.
Claudia Jung-Leithner, LK Österreich
„ZaMm unterwegs“: Bildungsinitiative für Bäuerinnen
Die Bildungsprojekte „ZAM“ (Zukunftsorientierte Agrarwirtschaftliche Motivation) und „ZAMm unterwegs“ wurden von der ARGE Bäuerinnen, dem Ländlichen Fortbildungsinstitut (LFI) und dem Landwirtschaftsministerium initiiert. Mit dem ZAM-Zertifikatslehrgang „Professionelle Vertretungsarbeit im ländlichen Raum“ werden Bäuerinnen zu einem professionellen Engagement in agrarischen und regionalen Gremien motiviert. Inhalte des Lehrgangs sind, persönlichen Kompetenzen zu stärken, agrarpolitisches und agrarwirtschaftliches Wissen zu vermitteln, sowie der richtige Umgang mit Medien. Im Projekt „ZAMm unterwegs“ liegt der Schwerpunkt auf Kommunikation und gegenseitigem Austausch, so Projektleiterin Birgit Bratengeyer.
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