Für seine 33 Jahre hat er schon einiges erreicht, mit dem Stalltechnikzentrum wagt er schon wieder den nächsten Schritt. Doch bevor wir einen gedanklichen Stallrundgang machen, noch ein paar Sätze zur Person.
Aufgewachsen ist Philipp Paleczek in St. Martin im Mühlkreis. Seine Familie bewirtschaftet nur zwei Kilometer vom jetzigen Standort entfernt einen konventionellen Milchviehbetrieb. Einer seiner Brüder bewirtschaftet diesen, aber auch er wollte unbedingt in die Landwirtschaft einsteigen. „Den elterlichen Betrieb habe ich nicht bekommen, aber Bauer wollte ich immer werden“, sagt Paleczek. Nachdem es „trotz intensiver Suche“ mit einer Bäuerin nichts geworden ist, nahm er sein Schicksal selbst in die Hand und erwarb 2020 einen landwirtschaftlichen Betrieb ganz in der Nähe des elterlichen Hofes, direkt an einer viel befahrenen Bundesstraße im Mühlviertel.
Schon während seiner Ausbildung zum „Ackerdemiker“ auf der Boku hatte Paleczek viele Begegnungen mit „Menschen, die nicht sudern, sondern die am eigenen Betrieb einfach machen“, wie er erzählt. Das hat ihn bei seiner Suche nach einem neuen Standort und zugleich Firmensitz für seine Stallbaufirma, die er schon 2015 gegründet hatte, inspiriert. „Entweder jetzt oder gar nicht“, dachte er sich vor zwei Jahren und erwarb den alten Hof, der mit gut 20 Hektar Fläche, davon acht Hektar Grünland, ebenso viel Acker und vier Hektar Wald ausgestattet ist.
Mit diesem Schritt hat er sich dafür entschieden, neben der Stallbau-Firma einen Rinderbetrieb zu managen und zugleich Synergien zu nutzen. Nach rund zwei Jahren Planungs- und Bauphase hat der Boku-Absolvent ein einzigartiges Stalltechnikzentrum errichtet, das für über 60 Kalbinnen beste Voraussetzungen bietet. Die Kalbinnenaufzucht funktioniert laut Paleczek auch deshalb gut, weil alle Jungrinder vom elterlichen Betrieb stammen, der Bruder gelegentlich mithilft und darüber hinaus auch die Maschinen gemeinschaftlich genutzt werden. Nicht zuletzt ist der Stall technisch so eingerichtet, dass die klassische Handarbeit beim Füttern oder Entmisten zur Nebensache geworden ist. Seine Aufgaben als Betriebsführer sind beobachten und managen, was auch vom hofzugehörigen Planungsbüro aus möglich ist.
Den Handgriff, den der Mühlviertler wohl am häufigsten tätigen muss, ist das Tippen auf diversen Stallmanagement-Apps über sein Mobiltelefon. Das fängt schon bei der vollautomatischen Fütterungsentnahme „Lift“ der Firma Wasserbauer an, deren Fräse Silage jeglicher Art vollautomatisch aus dem Fahrsilo entnimmt und über dicke Leitungen den Fütterungsroboter befüllt – per Knopfdruck am Mobiltelefon. Und geht bei den vier verschiedenen Ausführungen der Curtains und den Schrappern bis hin zur Lichtanlage weiter.
Mit Ausnahme von veterinärmedizinischen Notfällen funktioniert beinahe alles mit einem oder mehreren Swipes über den Bildschirm seines Mobiltelefons. Zudem ist der gesamte Stall samt umliegendem Areal videoüberwacht. Und das aus guten Gründen. „Meine Arbeit im Stall ist die Kontrolle. Ich muss nur auf meine Kamera schauen, wie es meinen Tieren geht. Das kann ich von überall aus und zu jeder Zeit“, erklärt er. Das Erkennen der Brunst bei den Kalbinnen erfolgt mittels Kamera, der Bruder kommt anschließend zum Besamen vorbei. Und noch einen Vorteil hat die Kamera. „Aufgrund der Nähe zur Straße kommen mittlerweile viele Interessenten spontan vorbei, um sich Inspirationen zu holen“, sagt Paleczek. Und das war auch das Ziel des Jungunternehmers. „Ich möchte mit diesem Stalltechnikzentrum zeigen, welche Möglichkeiten es beim Bau von Rinderställen gibt“, so Paleczek weiter. Der Stall soll zum Schauprojekt für jene werden, die sich mit Stallneu- oder umbau für Rinder befassen. Landwirtinnen und Landwirte sollen sich bei ihm am Hof ein Bild von verschiedenen Gewerken und Ausführungen machen, Systeme direkt vergleichen können und sich im besten Fall für eine Investition in Zusammenarbeit mit Stallbau Paleczek entscheiden, schmunzelt er.
Viele Systeme an einem Ort
So einen Schaustall gibt es in Österreich noch nicht im großen Stil. Deshalb kommen – ohne eigens dafür Werbung gemacht zu haben – jetzt schon Exkursions- und Schulgruppen, um sich umzuschauen. In seinem Stalltechnikzentrum gibt es bei jedem Gewerk mindestens zwei und bis zu zehn verschiedene Systeme. Schon allein die Fressgitter hat er in zehn verschiedenen Varianten und Höhen. Auch gibt es sechs verschiedene Trennbügel bei den Liegeboxen, vier unterschiedliche Stärken und Materialien bei den Gummimatten, vier verschiedene Schiebefenster und ebenso viele Curtains, sechs Tränker, vier Kratzbürsten und vieles mehr. Bei den Säulen, dem Hallenrahmen und beim Dach wurde ebenfalls viel experimentiert. Acht verschiedene Ausführungen bei den Bindern und fünf Lichtfirstvarianten wurden verbaut. Von außen betrachtet wirkt das Gebäude zwar sauber, aber etwas bunt durch die unterschiedliche Materialisierung bei den Wandvertäfelungen in Blech und Holz.
Damit Besucher bei den eingebauten Systemen und Materialien nicht den Überblick verlieren, wurde alles beschildert und soll damit selbsterklärend sein. Apropos Überblick: War der Bau mit den unterschiedlichen Systemen nicht sehr kompliziert? „Ja, die Handwerker haben mich teilweise verflucht“, lacht Paleczek. Im Endeffekt war dank der detaillierten Planung aber alles gut machbar.
Planung bis Einzug
Seit 2015 führt er die Stallbaufirma und baut pro Jahr fünf bis zehn Rinderställe, hauptsächlich im Mühl- und Mostviertel. Bauherr Paleczek bietet seinen Kunden eine „All-in-one-Lösung“ an. Von der ersten Entwurfsplanung bis zum Einzug wird für die Auftraggeber alles übernommen. „Das wird von Kunden sehr geschätzt, da einer die Verantwortung für alles trägt. Außerdem haben Betriebsführer heute kaum mehr Zeit, sich neben den alltäglichen Arbeiten noch um die Abstimmung der Gewerke zu kümmern. Genau das ist meine Stärke“, so der Mühlviertler.
Die Zulieferer der Betonfertigteile und Liegeboxen kommen hauptsächlich aus Deutschland. Der Vertrieb für die Betonfertigteile läuft über die Firma Hartmann, welche Spezialplatten für Laufgänge und Liegeboxen anfertigt. Diese haben die höchste Betonqualität, verkürzen die Bauzeit und kosten auch nicht mehr, wie Paleczek erklärt. Neuerdings auch bei ihm erhältlich sind Fahrsilowände für Traunsteinsilos oder L&T-Elemente für gerade Wände. Der nächste Schritt ist eine eigene Baufirma, die gerade gegründet wurde, wie er uns beim Betriebsbesuch verrät.
www.stallbau-paleczek.at/stalltechnikzentrum
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