Kommentar von Thomas Weber,
Herausgeber von Biorama und Buchautor.
Ein Bauer ohne Traktorführerschein? Undenkbar in Mitteleuropa? In Kautzen, im tiefsten Waldviertel, hat Felix Münster Anfang des Jahres seine Marktgärtnerei eröffnet. Traktor braucht er zur Bewirtschaftung der für seinen Gemüsegarten umgebrochenen Wiese keinen; Führerschein hat er als Quereinsteiger keinen. Bis vor kurzem war der 40-jährige Volkswirt bei der Beschaffungsagentur engagiert, den Anteil an regionalen Lebensmitteln in öffentlichen Kantinen zu erhöhen. Als Unternehmer setzt er nun auf extreme Lokalität – und Handarbeit. Sein Gemüse verkauft er direkt ab Hof und auf kleinen Märkten in der Umgebung. „Theoretisch reichen mir 60 Haushalte, die regelmäßig Gemüse kaufen“, sagt der Familienvater. „Davon werde ich nicht reich, davon kann ich aber gut leben.“ Manchen in der Gegend ist Münster vermutlich suspekt. Doch das Interesse wächst; und das Gemüse in den Folientunnels gedeiht. Die Idee ist vielfach erprobt: als „Market Farm“, „Market Garden“ oder Marktgärtnerei im deutschsprachigen Raum. Was alle Marktgärtnereien eint: wenig Fläche, große Sortenvielfalt, hohe Biodiversität, lokale Direktvermarktung, kaum Landtechnik. Oft würden sie aber nicht als Landwirtschaft anerkannt, bedauert Münster. Mit drei Gleichgesinnten hat er nun deshalb den Verein Marktgärtnerei gegründet. Bis Jahresende rechnen sie mit 20 Mitgliedern. Vierzig bis achtzig Marktgärtnereien gebe es hierzulande. Gemeinsame Weiterbildung, Gründungsunterstützung, Lobbyarbeit für kleinstrukturierte Landwirtschaft – darum gehe es dem Verein. Was die Idee der Marktgärtnerei derzeit beflügle: „Man ist von den Preissteigerungen bei den Inputfaktoren völlig abgekoppelt“, sagt Münster. Bei Gemüse ist diese Gleichung im Kleinen möglich: Kein Traktor, keine Kosten.
- Bildquellen -
- Weber Thomas: Michael Mickl