Kommentar von Clemens Wieltsch,
Redakteur
Polen macht es derzeit, Deutschland tat es während der Corona-Pandemie. Das Senken oder Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel gilt unter an Rezessionsangst leidenden Politikern als probates Mittel zur Eindämmung der allgegenwärtigen Teuerung. Auch hierzulande fordern SPÖ und Gewerkschafter vehement die vorübergehende Streichung der Steuern auf Grundnahrungsmittel – und das obwohl Analysten längst deren inflationsdämpfende Wirkung widerlegt haben.So auch jene des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo). Sie haben die in der Pandemie vorübergehend beschlossene Umsatzsteuersenkung für Gastronomie und Hotellerie genauer unter die Lupe genommen.
Ihr Fazit: Die Steuersenkungen wurden nur teilweise an die Gäste weitergegeben, im Nachhinein aber fast vollumfänglich aufgeschlagen. Dies wäre laut den Wifo-Experten auch bei den Lebensmitteln zu befürchten, wegen der hohen Marktkonzentration durch nur vier große Handelsketten.
Österreichs Diskonter scheint das nicht zu tangieren. Unter dem Motto „Mehrwertsteuer geschenkt“ senkten Lidl und Hofer vergangene Woche für einen Monat ihre Preise auf 100 ausgewiesene Grundnahrungsmittel – verlautbart mit ganzseitiger Werbung in Boulevardzeitungen.
Für die Landwirte am anderen Ende der Wertschöpfungskette bleibt die Frage, wer die proklamierte Steuerfreiheit wird schlucken müssen. Dass just zur selben Zeit bei Penny tschechisches Geflügelfleisch aus einer in Österreich längst verbotenen Haltungsform verramscht wurde, verheisst allerdings nichts Gutes für die Bauern.