Egal ob in der Landwirtschaft, im Bildungswesen, in der Pflege oder in der Gastronomie. Eines haben all diese Branchen, unabhängig davon, wie unterschiedlich sie erscheinen mögen, gleich: den Personalmangel. Besonders betroffen sind hierbei offene Lehrstellen. Österreichs Unternehmen stellen zwar deutlich mehr Lehrlinge ein als in den vergangenen Jahren, viele Lehrstellen bleiben allerdings dennoch offen. „Wir reden daher schon lange nicht mehr von einer Lehrstellenlücke, sondern wir haben einen echten Lehrlingsmangel“, stellt Mariana Kühnel, die Vize-Generalsekretärin der WK Österreich, in diesem Zusammenhang klar. Das Lehrlingsplus lässt sich bei allen sieben Wirtschaftssparten verzeichnen. Dennoch können rein rechnerisch viele Lehrstellen gar nicht besetzt werden. Damit verschärft sich der Lehrstellenüberhang Jahr für Jahr, wie die Daten zeigen. Laut Prognosen werden im Jahr 2040 bis zu 363.000 zusätzliche Arbeitskräfte fehlen, die am Arbeitsmarkt benötigt werden.

Niederösterreichs Rekordjahr

Das Land Niederösterreich konnte ebenso wieder mehr Zuspruch für die Lehre erleben. Ende Juni wurden 5.464 Lehrlingsanfänger gezählt und damit 114 Personen mehr als im Vorjahr zum selben Zeitpunkt. Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Sparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer, spricht in diesem Zusammenhang gar von einem „Boom“. Und obwohl die Tendenz nach oben zeigt und für ein Rekordjahr sorgte, bleiben viele Lehrstellen auch in Niederösterreich weiterhin offen. Ein Problem dabei sei laut Renate Scheichelbauer-Schuster, dass Eltern ihre Kinder aus Prestigegründen zur Matura drängen würden. Die Entwicklung der Bildungsstatistik unterstreicht das. Der Anteil der Akademiker in Österreich verdoppelte sich seit Anfang der 2000er-Jahre von 9,9 auf 19,7 Prozent, während jener der Lehrlinge von 39,4 auf 32,6 Prozent sank. 

Niederösterreichische Lehrlingsoffensive

Aus Sicht von Mariana Kühnel sei es wichtig, Maßnahmen ins Auge zu fassen, um die Schnittmenge an Personen, für die die Lehre attraktiv ist, zu erhöhen und damit insgesamt die Zahl der Lehrabschlüsse zu steigern. Eine aktuelle WIFO-Studie geht davon aus, dass der Trend weiterhin in Richtung AHS- oder BHS-Matura zulasten der Lehrlingsausbildung geht. Maßnahmen und Initiativen werden vonseiten der WKO gefordert. 

Um dieser Forderung nachzukommen und die Lehre wieder attraktiver zu gestalten, setzt das Land Niederösterreich zum fünften Mal zu einer Lehrlingsoffensive an. 2019 vereinbarte die Niederösterreichische Landesregierung zusammen mit dem Arbeitsmarktservice eine Ausbildungsgarantie. Aufgrund der positiven Bilanz der vergangenen vier Jahre wird sie auch dieses Jahr fortgeführt. Mithilfe der Initiative wird allen in Niederösterreich lebenden Personen bis zum Vollenden des 25. Lebensjahres der Einstieg in zukunftsorientierte Ausbildungsprogramme vereinfacht. 

Am 22. und 23. November finden weiters zum mittlerweile 20. Mal die Aktionstage der Bildungsmeile in Amstetten statt. Zum ersten Mal kooperieren dieses Jahr die regionalen Lehrlingsinitiativen Bildungsmeile, karriere clubbing und die Lehrlingsinitiative des Vereines westwinkel. Schulen, Eltern und Jugendliche profitieren an diesen Tagen von einem einheitlichen und übersichtlichen Auftritt der Lehrbetriebe, die die Möglichkeit bekommen werden, sich im Rahmen der Messe zu präsentieren. Seit über einem Jahr unterstützt außerdem die App „Berufsorientierung To Go“ Kinder und Eltern dabei, den Überblick über den Arbeitsmarkt zu bewahren. Mit ihrer Hilfe soll den jungen Menschen das Finden des richtigen Berufs vereinfacht werden.

- Bildquellen -

  • Lehrer mit Schülerinnen: goodluz - Stock.adobe.com
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AUTORMartin Machtlinger
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