Nur zwei Standorte, an denen aus Baumzapfen die Samen beispielsweise von Lärchen, Fichten, Kiefern, Tannen oder Laubbaumarten wie Bergahorn oder Stieleichen gewonnen und gelagert werden, gibt es in ganz Österreich. Einer davon befindet sich im Landesforstgarten in Nikolsdorf in Osttirol. Doch dieser ist den Anforderungen nicht mehr gewachsen. Das Land Tirol plant deshalb am Standort Nikolsdorf die Errichtung eines neuen Saatgut-Hauses. Baubeginn soll voraussichtlich 2025 sein.
„Ein klimafitter Wald beginnt mit dem richtigen Saatgut“, betonen Bundesminister Norbert Totschnig und LHStv Josef Geisleranlässlich eine Lokalaugenscheins im Landesforstgarten Nikolsdorf. Forstliches Saatgut und Forstpflanzen verschiedenster Baumarten sind nach den Schadereignissen der vergangenen Jahre und aufgrund der Notwendigkeit, die Wälder an die sich ändernden klimatischen Bedingungen anzupassen, gefragt. „Es gibt europaweit einen großen Bedarf an Forstpflanzen. Die Pflanzenproduktion ist jetzt schon ein großes Thema und wird es auch bleiben. Nur mit angepassten Waldbäumen können wir einen Wald der Zukunft sicherstellen“, ist Minister Totschnig überzeugt.
Nadel- und Laubbäume
„Vom Samen bis zum starken, stabilen Wald ist es ein langer Weg. Mit dem neuen Saatgut-Haus wollen wir den Bedarf an Forstpflanzen aus eigener Qualitätsproduktion nachhaltig sichern und vor allem im Bereich der Mischbaumarten steigern. Die entsprechenden Räumlichkeiten für die Aufbereitung und langfristige, fachgerechte Lagerung sind die Voraussetzung dafür“, betont LHStv Josef Geisler. Noch stehen die Planungen für das Saatgut-Haus am Anfang. „Dieses Projekt ist wichtig für ganz Tirol. Wir streben einen Baubeginn im kommenden Jahr an“, betont LHStv Georg Dornauer als für den Hochbau zuständiges Regierungsmitglied. Während der Bau vom Land Tirol finanziert wird, „stehen für die technische und maschinelle Ausstattung stehen jedenfalls Bundesmittel zur Verfügung“, versichert Bundesminister Norbert Totschnig.
Für den Umbau des Tiroler Waldes aufgrund des Klimawandels braucht es eine Vielzahl von Baumarten. „Die Samen müssen baumartenspezifisch vorbehandelt und je nach Baumart bei unterschiedlichen Temperaturen gelagert werden. Diese Möglichkeit haben wir in Nikolsdorf derzeit nicht“, weiß Landesforstdirektor Josef Fuchs. Zwar steht im Forstgarten Nikolsdorf Westösterreichs einzige Samenklenge mit angeschlossenem Kühlraum, wo die Samen von Lärche, Kiefer und Fichte bei minus sechs Grad Celsius über 30 Jahre lang ohne Qualitätsverlust gelagert werden können. Für andere Baumarten ist der Forstgarten Nikolsdorf aktuell aber nicht ausgerüstet. Die Samen von Tanne und vor allem von Laubholz werden deshalb im Forstgarten Laufen der Bayerischen Staatsforste zwischengelagert. Doch auch dort gibt es Engpässe.
Durchgängige Versorgung durch fachgerechte Lagerung
In Spitzenjahren wie zuletzt im Samenjahr 2018 wurden 58.000 Tonnen Zapfen unterschiedlichster Baumarten geerntet und in den Landesforstgarten Nikolsdorf gebracht. 2023 gab es zwar viele Zapfen, die jedoch kaum Samen enthielten. „Die Saatgutgewinnung richtet sich nach der Natur. Über die fachgerechte Lagerung stellen wir eine durchgängige Versorgung sicher“, erklärt Christian Annewanter von den Tiroler Landesforstgärten. Und gutes Saatgut ist im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert: Rund 900 Euro kostet ein Kilo Lärchensamen.
Vom Zapfen zur Jungpflanze
Die angelieferten Baumzapfen und Früchte werden in Nikolsdorf zuerst getrocknet. In der sogenannten Samenklenge werden daraus Samen gewonnen. Diese werden anschließend entflügelt, gereinigt und gelagert, bis sie auf den Flächen der drei Landesforstgärten zu kleinen Bäumen heranwachsen. Für die Arbeiten in den Landesforstgärten steht jeweils nur ein kurzes Zeitfenster zur Verfügung. Die Jungpflanzen müssen bei trockenem, kühlen Wetter ausgehoben, gesammelt und sortiert werden.
Knapp drei Millionen Forstpflanzen verlassen Jahr für Jahr die Landesforstgärten in Stams (Bezirk Imst), Bad Häring (Bezirk Kufstein) und Osttirol. Für die Wiederbewaldung der durch Sturm- und Borkenkäfer geschädigten Wälder werden heuer und im kommenden Jahr in Tirol bis zu 4,4 Millionen Forstpflanzen benötigt. Um den Arbeitsanfall zu bewältigen, werden in allen drei Landesforstgärten MitarbeiterInnen gesucht. Auch kommen vermehrt externe Arbeitskräfte zum Einsatz.
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