Das Winterpaket der EU-Kommission trägt den Titel “saubere Energie für alle Europäer” und besteht aus Gesetzesvorschlägen zur Europäischen Energieunion. Diese soll die nationalen Energiemärkte stärker integrieren und Versorgungssicherheit gewährleisten. Die Maßnahmen sollen die “Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union trotz der Veränderungen, die sich durch den Übergang zu umweltfreundlicher Energie für die globalen Energiemärkte ergeben werden, erhalten”, teilte die Kommission mit.
Die EU will Vorreiter sein
Dabei strebt sie an, dass “die EU beim Übergang zu einem umweltfreundlichen Energiesystem eine Vorreiterrolle übernimmt und sich nicht nur einfach anpasst”. Aus diesem Grund hat sich die EU verpflichtet, die CO2-Emissionen bis 2030 um mindestens 40 Prozent (%) zu reduzieren – bei gleichzeitiger Modernisierung der EU-Wirtschaft und der Förderung von Beschäftigung und Wachstum für alle EU-Bürger.
Die Vorschläge haben drei Hauptziele. Sie sollen die Energieeffizienz als oberste Priorität behandeln, eine weltweite Führungsrolle im Bereich der erneuerbaren Energien erreichen und ein faires Angebot für die Verbraucher bereitstellen. Der Energiebedarf der EU soll bis 2030 zu mindestens 27 % aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden. Ein Lichtblick in diesem Winterpaket ist laut Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter auch die Ankündigung der Kommission, dass die Subventionen für fossile Energieträger sukzessive abgebaut werden sollten. Doch der Weg hin zu einem Energiesystem aus Erneuerbaren ist nicht so einfach.
Ökostrom ohne Vorrang
So ist im Maßnahmenpaket der EU-Kommission vorgesehen, die vorrangige Einspeisung von Erneuerbaren in den Strommarkt bis auf wenige Ausnahmen abzuschaffen. Das heißt, für Ökostrom bestünde dann kein Vorrang mehr. Die Ausnahmen für die vorrangige Einspeisung sollen nur für bestehende Anlagen, kleine Erneuerbare-Energien-Anlagen und Vorhaben zur Demonstration innovativer Technologien weiterbestehen. Die Kommission sieht darin weder die Klimaschutz- und Energieziele gefährdet, noch einen Nachteil für die Erneuerbaren.
Klingt soweit gut, doch die Maßnahmen im Detail lassen zu wünschen übrig. Rupprechter betonte: “So funktioniert die Energiewende nicht.” Europa müsse ein starkes Zeichen für den Klimaschutz setzen, doch das Gegenteil sei der Fall. Man würde konventionelle Kraftwerke laufen lassen und dafür Strom aus Wind und Photovoltaik gefährden, erklärte Rupprechter. Zudem würde eine derartige Regelung die Wettbewerbsbedingungen für Erneuerbare in Europa drastisch verschlechtern, solange für fossile und Nuklear-Energie die Folgekosten des Klimawandels oder der Luftverschmutzung nicht im Marktpreis mitgerechnet sind.
Biokraftstoffe bedroht
Für den Bereich der Biokraftstoffe wird ein kontinuierliches Absenken des Einsatzes von herkömmlichen auf landwirtschaftlichen Rohstoffen basierenden Biokraftstoffen vorgeschlagen. Die Obergrenze soll von derzeit 7,0 % im Jahr 2021 auf 3,8 % im Jahr 2030 gesenkt werden. Der Einsatz von fortschrittlichen und aus Abfällen hergestellten Biokraftstoffen soll bis 2030 stufenweise auf 6,8 % erhöht werden. Fortschrittliche Biokraftstoffe können in den bestehenden Anlagen nicht produziert werden: “Für Österreich bedeutet das, dass die Produktion von Biokraftstoffen aus heimischen landwirtschaftlichen Rohstoffen stark bedroht ist, das betrifft auch die dabei anfallenden gentechnikfreien Futtermittel”, erklärte der Landwirtschaftsminister.
Auch LK Österreich-Präsident Hermann Schultes übte Kritik an dem Paket. Speziell zum Thema Biomasse betonte Schultes: “Biomasse ist in der EU der wichtigste erneuerbare Energieträger.” Erneuerbare Wärme, biogene Treibstoffe und Ökostrom würden auf vielfältigste Weise aus Pflanzenmaterial generiert, vom kostengünstigen traditionellen Holzofen bis zur millionenschweren Hightech-Bioraffinerie stünde eine immense Infrastruktur zur Energieerzeugung für unterschiedlichste Ansprüche zur Verfügung, so Schultes. Der Bioenergiesektor der EU erzielt einen Beschäftigungseffekt von 500.000 Arbeitsplätzen, ein hoher Anteil davon in ländlichen Gebieten. “Österreich gilt bei Energie aus Biomasse als Vorzeigeland. Viele unserer Unternehmen gelten als internationale Technologieführer in diesem Bereich, und mit dem Pariser Klimaschutzvertrag eröffnen sich nun neue Chancen auf internationalen Märkten”, erklärte der LK-Präsident.
Barrieren statt Chancen
Mit den vorliegenden Entwürfen der EU-Kommissionen würden laut Schultes die immensen Leistungen des Bioenergiesektors für die Energiezukunft nicht entsprechend gewürdigt. In den Reformplänen der Kommission finde man mehr neue Barrieren als neue Chancen. Schultes fordert deshalb, das Winterpaket zu verbessern und die Energieerzeugung aus Pflanzenmaterial endlich als Teil der Lösung anzuerkennen. Das jetzige Paket würde die Absicherung der großen Energiekonzerne in den Vordergrund stellen und die Frage, wie die EU eine Energiezukunft ohne Atomstrom erreichen kann, offen lassen, sagte Schultes.
Mit ihrer Kritik stehen die österreichischen Agrarpolitiker nicht alleine da. Auch der Deutsche Bauernverband (DBV) sowie die EU-Dachverbände für Landwirte und Genossenschaften, Copa und Cogeca, können dem Winterpaket nicht viel abgewinnen. Auch diese Verbände kritisieren die Absenkung der Anteile von Biokraftstoffen.
Warten auf Novelle
Und auch hierzulande gibt es Probleme beim Ökostrom. So warten die Erzeuger von erneuerbarem Strom bereits seit drei Jahren auf eine Novelle zum Ökostromgesetz. Fünf Jahre sind seit der letzten Anpassung bereits vergangen. Zudem braucht es Nachfolgeregelung für Biomassekraftwerke und Biogasanlagen. Nur eine Novelle zum Ökostromgesetz könne den Reformstau lösen. Das erklärten die österreichischen Erneuerbaren-Verbände Kleinwasserkraft Österreich, Arge Kompost und Biogas, Photovoltaic Austria, IG Windkraft und Österreichischer Biomasse-Verband vergangene Woche. Die Verbände forderten geschlossen die Regierung auf, noch dieses Jahr das Ökostromgesetz zu novellieren und den Reformstau zu beseitigen.
Eva Zitz