„Miteinander etwas weiterbringen“

„Nütze, was du in dir hast“ lautet das Credo von Johanna Haider. Als Landesbäuerin wünscht sie sich viele Bäuerinnen, die sich und ihre individuellen Stärken in die politische Arbeit einbringen. Nach einem Jahr im neuen Amt hat die BauernZeitung die Biobäuerin zum Interview gebeten.

BauernZeitung: Wie geht es dir nach einem Jahr als Landesbäuerin?

HAIDER: Es geht mir gut. Es war ein sehr spannendes und herausforderndes Jahr. Corona hat uns schon kurz nach meinem Einstieg ziemlich gebremst. Gerade in der Zeit, in der zum gegenseitigen Kennenlernen viele Besuche von Orts- und Bezirksgruppen geplant waren. Wir mussten uns andere Wege suchen, um in Kontakt zu bleiben. Das ist mir mit Unterstützung aus dem Bauernbund auch gelungen. Schnelles Reagieren auf neue Gegebenheiten ist aber auch etwas, das in der Landwirtschaft generell gefragt und mir auch wichtig ist.

Was hat dich am meisten überrascht an deiner neuen Aufgabe?

Überrascht hat mich, wie weitreichend sie ist. Auch wenn ich mit meiner Vorgängerin viele Gespräche geführt und von ihr viel gelernt habe, so ist es doch was ganz anders, plötzlich selbst mittendrin zu sein.

Schon nach wenigen Monaten im Amt hat Corona eine Krise losgetreten, die alle betrifft. Welche bäuerlichen Themen sind dadurch eher liegengeblieben, welche eventuell schneller vorangetrieben worden?

Schneller gegangen ist, dass die Konsumenten erkannt haben, wie wichtig heimische Lebensmittel sind. Die Produkte unserer Bauern haben einen besonderen Aufwind bekommen, vor allem Direktvermarkter sind schon fast gestürmt worden. Politisch ist das Reagieren auf die Krise im Vordergrund gestanden.

Dass Frauen alles zusammenhalten, hat sich in der Krise deutlich gezeigt. Das gilt natürlich auch für Bäuerinnen. Wie kann man es schaffen, dass mehr Frauen den Sprung in Entscheidungsgremien schaffen – beziehungsweise diesen überhaupt wollen?

Es ist wichtig, Frauen miteinzubinden, ihnen die Aufgaben zuzutrauen und sie auch direkt anzusprechen, gleichzeitig aber nicht zu überfordern. Für Frauen hat die Familie immer oberste Priorität. Oft braucht es mehrere Gespräche bis zu einer Entscheidung. Und Frauen Mut zu machen, damit sie einen neuen Schritt wagen, ist auch sehr wichtig. Bei uns Bäuerinnen ist es die Vielfalt, die uns so wertvoll macht. Jede einzelne Sichtweise ist wichtig und Jüngere haben genauso Platz wie Ältere.

Welche Forderungen sind vor allem für die Zukunft der Bäuerinnen wichtig?

Die Pflegereform, die ich sehr befürworte, ist für uns besonders wichtig. Pflege bleibt meist an den Frauen hängen. Hier ist eine Entlastung notwendig. Pflege sollte auch anrechenbar sein, so dass klar ist: Das ist keine Selbstverständlichkeit.
Auf der anderen Seite haben auch wir Bäuerinnen zwei wichtige Forderungen: Dass das Thema Ernährungswissen und Lebensmittelkompetenz ein verpflichtendes Unterrichtsfach in allen Schulformen wird und, besonders wichtig, der Erhalt der bäuerlichen Familienbetriebe für die nächste Generation. Auch unsere Kinder sollen noch Landwirtschaft betreiben können, die sich lohnt, das ist mir ein großes Anliegen.

Das Thema Lebensmittel ist maßgeschneidert für Bäuerinnen, Regionalität ist im Aufwind. Trotzdem hapert es bei der Herkunftskennzeichnung noch. Warum?

Man denkt sich vielleicht, da ist eh nix dabei, wenn man Kennzeichnung hört. Doch es ist ein sehr komplexes Thema, das viele Bereiche und Interessen betrifft. Wir brauchen auch die Gemeinschaftsküchen, Gastronomie und Hotellerie dazu. Aber wir bleiben dran, denn nur dann kann jeder Konsument sich wirklich entscheiden.

Bäuerinnen und Bauern sichern die Ernährung der Bevölkerung. Das ist ein großer Auftrag für eine kleine Gruppe in der Gesellschaft. Was können Bäuerinnen dafür tun, um den Konsumenten mehr Verständnis dafür abzuringen?

Wir sind nur mehr circa drei Prozent, bewirtschaften aber 90 Prozent der Fläche und könnten in vielen Bereichen zu 100 Prozent versorgen. Diese Botschaft müssen wir immer wieder unter die Leute bringen. Meiner Meinung nach muss sich jeder Betrieb positionieren, das argumentieren und schließlich auch kommunizieren. Die Existenz der Landwirtschaft hängt auch von der Akzeptanz der nicht-bäuerlichen Gesellschaft ab.

Kommunikation und Vermarktung gelten als Stärken von Bäuerinnen. Wie könnte die Kommunikation in Richtung Konsumenten weiter verbessert werden?

Man darf nicht müde werden beim Aufklären und Erklären. Wenn ich kompetent bin in meinem Tun, dann glauben mir die Konsumenten auch. Die Gesellschaft ist ohnehin so viel im Zweifel, weil so viele Einflüsse da sind.

Das Wahljahr in Oberösterreich beginnt gleich im Jänner mit der Landwirtschaftskammerwahl. Du bist im Spitzenteam für den Bauernbund vertreten. Welches Hauptargument für den Bauernbund willst du Bäuerinnen mitgeben?

Wenn ich in der Landwirtschaft etwas voranbringen will und Forderungen habe, brauche ich die Politik dazu, damit ich diese auch umsetzen kann. Ich brauche aber auch eine Mehrheit. Der Bauernbund ist die einzige politische Interessensvertretung, die für die Bäuerinnen und Bauern auch etwas weiterbringt.

Was wünscht du dir als oberste Bäuerin vom Jahr 2021 und was als Privatperson?

Als Landesbäuerin wünsche ich mir, dass sich viele Bäuerinnen engagieren und sich politisch einbringen. Und dass viele Frauen aus dem Bauernbund in Entscheidungsgremien vertreten sind. Ein gutes Zusammenarbeiten zwischen Männern und Frauen ist überall wichtig, im Betrieb genauso wie in der Partnerschaft, im Funktionärswesen und in der Politik.
Privat wünsche ich mir, dass ich meine Freunde wieder treffen kann und zu Veranstaltungen gehen, ebenso zum Tanzen.

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