Milchgeld-Plus für verbesserte Tierhaltung

Berglandmilch, Österreichs größte Molkerei, startet mit 1. September 2024 ihr adaptiertes Tierwohlbonus-Modell. Mit der Differenzierung sei der Haupt-Exportmarkt Deutschland auch weiterhin abgesichert, außerdem komme man damit auch den Wünschen von Konsumentenschaft und heimischem Handel nach. Bäuerinnen und Bauern bekennen sich großteils zu diesem Qualitätsweg, der aber auch mit mehr Aufwand verbunden ist.

Für das AMA-Zusatzmodul „Tierhaltung plus“ braucht es mehr Bewegung, Scheuermöglichkeiten, europäisches Futter, ein erweitertes Gesundheitsmonitoring (in Entwicklung) sowie jährliche Kontrollen.

Tierwohl, Qualität, Regionalität, Nachhaltigkeit: Schlagworte, die rasch fallen, wenn Konsumenten zum Thema Lebensmittel befragt werden. Auch der Handel will höhere Standards. Die österreichische Milchwirtschaft setzt daher mit dem Modul „Tierhaltung plus“, das seit Jahresbeginn im AMA-Gütesiegel für Milchviehbetriebe beheimatet ist, auf den Qualitätsweg.   

Das neue Modul sei ein bedeutender Schritt, betont LK Oberösterreich-Präsident Franz Waldenberger – vor allem für Oberös­terreich, wo es aktuell exakt 5581 Milchlie­feranten gibt und ein Drittel der bundeswei­ten Milchmenge erzeugt wird. Der Druck in Richtung Differenzierung kam auch durch das Nachbarland Deutschland, den wichtigsten Exportmarkt, wo der Handel Haltungsformen von Milchkühen eingeteilt und dekla­riert hat. Man könne es sich schlichtweg nicht leisten, diesen Markt zu verlieren, immerhin gehen fast 49 Prozent der milchwirtschaftlichen Exporte Österreichs dorthin.

Für Bäuerinnen und Bauern bedeuten geänderte Haltungsbedingungen auch mehr finanziellen und teils auch bürokratischen Aufwand. „Wichtig ist, dass Mehrleistungen auch abgegolten werden. Das heißt, dass auch die Molkereien gemeinsam mit dem Handel gefordert sind“, sagt Franz Waldenberger, Präsident der Landwirtschaftskammer OÖ.

Österreichs größte Molkerei, die Berglandmilch, hat am Montag bei einem Pressegespräch in Linz ihr neues Milchpreis-Modell erläutert. Anreize zu mehr Kuhkomfort bietet Berglandmilch mit einem Tierwohlbonus schon seit Juli 2019. Die Milchgeldzuschläge unterlagen bislang einem dreistufigen Programm. Ab 1. September 2024 gibt es vier verschiedene Stufen. Neu ist die nunmehrige Stufe drei, für die Haltung in einem Offenfrontstall oder Laufstall mit überdachtem Laufhof. Diese bringt einen Zuschlag von zwei Cent je Kilogramm Rohmilch. Für die höchste Stufe (Stufe vier) braucht es einen Laufstall mit täglichem Auslauf ins Freie oder mindestens 120 Tage Weidehaltung, honoriert wird sie mit drei Cent mehr je Kilogramm. Unverändert bleiben Stufe eins (plus 0,2 Cent für Kombinationshaltung mit mindestens 120 Tagen Auslauf/Weide) und Stufe zwei (plus ein Cent für Laufstall ohne Auslauf oder Kombinationshaltung mit täglichem Auslauf/Weide).

„Langer, intensiv diskutierter Weg“ zum neuen Qualitätsprogramm

„Es war ein langer, intensiv diskutierter Weg bis hierher“, resümiert Berglandmilchobmann Stefan Lindner. „Qualität, Tierwohl und Nachhaltigkeit“ seien die für die Markenpositionierung gewählten Kernbotschaften. Der überwiegende Teil der Bäuerinnen und Bauern wolle das auch mittragen. Knapp 80 Prozent der bei Bergland angelieferten Milch würden bereits aus den beiden höchsten Tierwohl-Stufen kommen. Laut Berglandmilch-Geschäftsführer Josef Braunshofer haben von den 8400 Mitgliedsbetrieben der Genossenschaft bislang 23 (mit einer Jahresliefermenge von zwei Millionen Kilogramm) das neue Qualitätsprogramm nicht unterzeichnet. Mit ihnen gebe es weiterhin Gesprä­che – und einen „Amnestielösung“: Wer möchte, könne per 1. September ohne Auflagen aus dem Liefervertrag aussteigen.

Der Milchpreis selbst hat sich in der ersten Jahreshälfte 2024 positiv entwickelt. Bergland­milch-Obmann Lindner berichtet von einem aktuellen Durchschnittspreis von 49,5 Cent netto. Bei Biomilch liegen die Preise je nach Qualität zwischen 55,6 und 63,5 Cent.

„Höhere Auflagen bedeuten höhere Kosten. Wichtig ist daher, dass die Mehrleistungen auch abgegolten werden.“
Franz Waldenberger

Josef Braunshofer ergänzt, dass die Erwartungshaltung von heute nicht nur um das Wohl von Tier und Umwelt kreist, sondern auch Nachhaltigkeit fordert, etwa beim Energieeinsatz und der Verpackung. Die Wertschöpfung in der Region zu halten, sei Berglandmilch dank Biomasse und Biogas auch bei der Energie gelungen.

Für Milchviehbetriebe bleiben die wirtschaftlichen Herausforderungen aber dennoch groß, betont LK-Präsident Franz Waldenberger. Hohe Kosten und auch eine hohe Arbeitsbelastung durch veränderte Strukturen verlangen ihren Tribut: „Ein oberösterreichischer Familienbetrieb hat im Durchschnitt bereits 29 Kühe.“ Das stete Wachsen sei notwendig, um genug Einkommen zu generieren. „Trotz Digitalisierung und Mechanisierung geschieht die Arbeit nicht von selbst, viele sind rund um die Uhr gefordert“, so Waldenberger.

Dass Konsumenten zu den Produkten der heimischen Milchbauern greifen, sei unerlässlich. Ebenso müsse der Handel die Produkte anbieten, ohne selbst einen großen Anteil der Marge einzubehalten. Dass Lebensmittel mehr Wert haben als nur ihren Preis, mag eine schöne und wahre Botschaft sein. Trotzdem ist dieser nur allzu oft das Kriterium Nummer eins. Der sehr konzentrierte Handel in Österreich ist zudem gekennzeichnet von einem hohen Aktionsanteil. Vereinbarungen dazu werden ein Jahr im vorhinein ausgemacht, erklärt Braunshofer – und betont: „Wir versuchen, den Anteil zu reduzieren.“

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  • Milchkühe: LK OÖ
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