„Die Märkte geraten immer mehr aus dem Gleichgewicht, die Situation für die bäuerlichen Betriebe wird täglich schlimmer!“, fasst Landwirtschaftskammerpräsident Johann Mößler die aktuelle Lage für die Bauern zusammen. Denn nach stagnierenden bzw. sinkenden Einkommen in den letzten Jahren stellt die COVID-Krise die heimische Land- und Forstwirtschaft nun vor eine neue, extrem belastende Herausforderung.
EU-Hilfspaket gefordert
Durch den Wegfall der Gastronomie und des Tourismus sind europaweit die Preise auf den Agrarmärkten ins Trudeln geraten. Das gilt insbesondere für die für Kärntens Landwirtschaft so wichtigen Bereiche Milch und Rindfleisch, die gemeinsam knapp 50 % der landwirtschaftlichen Produktionsleistung ausmachen. Knapp 6.700 Kärntner Betriebe sind hier betroffen.
„Wir haben ein europaweites Problem, es braucht also europaweite Antworten“, betont LK-Präsident Johann Mößler. In einer einstimmigen Resolution wendet sich die LK-Vollversammlung deshalb an die EU-Kommission und fordert unter anderem einen von der EU bezuschussten Milchlieferverzicht. „Diese Maßnahme hat bereits im Krisenjahr 2016 Wirkung gezeigt. Sie kann auch jetzt helfen, Schaden von den Milchbauern abzuwenden und die Märkte zu beruhigen“, erklärt Mößler. Bei Rindfleisch fordern die LK-Kammerräte von der Kommission einen Import-Stopp durch die Aktivierung von Schutzmechanismen, die im EU-Recht bei Marktverwerfungen vorgesehen sind. „Während die Preise für heimisches Rindfleisch in den Keller fallen, wird dieses weiterhin fleißig aus aller Welt zu uns importiert. Dieser Wahnsinn muss ein Ende haben – nicht nur in der Krise, aber besonders jetzt“, fordert der LK-Präsident stellvertretend für alle Kammerräte.
An den österreichischen EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn richten die Kärntner Interessenvertreter die Forderung, dass die Finanzmittel für die EU-Agrarprogramme auch in Zukunft auf „zumindest gleicher Höhe wie bisher“ erhalten bleiben und inflationsangepasst werden. „Die Landwirtschaft hat in den letzten Wochen gezeigt, dass sie in der Krise die unverzichtbare Versorgung mit hochwertigen Lebensmitteln sicherstellt. Dass das so bleiben kann, ist keine Selbstverständlichkeit. Dafür braucht es vielmehr eine starke EU-Agrarpolitik, die den Bauern eine Perspektive bietet. Wir fordern nichts Unverschämtes, nur eine faire Abgeltung unserer Leistungen“, stellt Mößler klar.
Importstopp für Rundholz
Auch die Lage auf dem Holzmarkt ist dramatisch: „Die Stürme der letzten Jahre haben unsere Wälder arg in Mitleidenschaft gezogen. Noch liegt viel Schadholz in den Wäldern. Jetzt droht eine Borkenkäfer-Invasion“, erklärt Mößler, denn die Trockenheit und die hohen Temperaturen der letzten Wochen seien ein „explosiver Mix“ und bieten dem Borkenkäfer ideale Brutbedingungen. „Bereits letztes Jahr hat der Käfer rund 230.000 Festmeter Schadholz verursacht, heuer könnte es wesentlich schlimmer kommen“, warnt der LK-Präsident. Die mehr als 20.000 heimischen Waldbauern sind gesetzlich verpflichtet, Schadholz aus dem Wald zu verbringen. Sie sehen sich infolge der Corona-Krise jedoch einer sinkenden Nachfrage gegenüber, da die Holzindustrie ihre Kapazitäten eingeschränkt hat. Folge: der Holzpreis ist im Keller. Dazu kommen lange Abfracht-Zeiten, was nicht nur Qualitätsverluste für das Holz, sondern auch die Gefahr einer weiteren Ausbreitung des Borkenkäfers mit sich bringt. Die öffentliche Hand ist daher gezwungen, aus forsthygienischen Gründen öffentliche Gelder einzusetzen, um die Aufarbeitung und Lagerung des Holzes zu unterstützen.
Vor diesem Hintergrund ist es für die LK-Kammerräte völlig unverständlich, dass von der holzverarbeitenden Industrie nach wie vor Holz nach Kärnten importiert wird. Sie appellieren daher mit einer Resolution an die Vertreter der Holzindustrie, „Rundholzimporte zu stoppen, um das heimische Schadholz zügig und ohne weiteren Wertverlust“ aus Kärntens Wäldern verbringen zu können. „Die meisten ausländischen Holz-LKW sind nachts unterwegs. Wer mit offenen Augen auf der Autobahn unterwegs ist, dem werden aber auch tagsüber genügend Holz-LKW mit ausländischem Kennzeichnen auffallen“, zeigt sich Mößler enttäuscht von der mangelnden Solidarität der Holzindustrie mit den heimischen Waldbauern.