Laut Umdenken

Kommentar von Bernhard Weber,
Chefredakteur.

Die vergangene Woche vom Agrana-Konzern angedrohte Schließung der vorletzten Zuckerfabrik im Land trifft viele Ackerbauern hart – nach verlustreichen Jahren durch die Trockenheit, den Rüsselkäfer und das weitgehende Verbot von Saatgutbeizen gegen den gefräßigen Schädling. Nicht wenige mussten im Frühjahr mehrmals ihre Felder teuer bestellen. Von einst hohen Deckungsbeiträgen für ihre Zuckerrüben können viele Bauern ohnehin nur noch träumen. Die Aufforderung, zwecks Erhalt der Fabrik weiterhin Rübenverträge abzuschließen, um mit zumindest 38.000 Hektar Anbaufläche die Auslastung beider Raffinerien zu garantieren, stößt vielen bitter auf – angesichts von fast 50 Mio. Euro an Dividende, die das börsennotierte Unternehmen erst kürzlich an seine Aktionäre überwiesen hat.
Dabei ist die aktuelle Misere ein Paradebeispiel für die etwa vom NÖ. Bauernbund geforderte Autarkie mit Lebensmitteln (im konkreten Fall eben Zucker) durch Verankerung in der Verfassung. Laut Angaben der LK Österreich beträgt die Eigenversorgung bei Zucker derzeit rund 120 Prozent. Diese würde mit der Schließung auf 70 bis 80 Prozent sinken. Und vermutlich alsbald durch Billig-Rohrzucker aus Übersee kompensiert.
Dass an der heimischen Agrarproduktion auch viele Arbeitsplätze von Nicht-Bauern hängen, haben nun sogar nahmhafte Vertreter der SPÖ bemerkt. So drängt etwa die SPÖ-Umweltsprecherin darauf, die Selbstversorgung Österreichs mit Zucker zu erhalten. Mal sehen, wer sich in den kommenden Wochen noch beim laut Umdenken hervortut.
 bernhard.weber@bauernzeitung.at
- Werbung -
Vorheriger Artikel„Corona-Krise hat gezeigt: Unsere Landwirtschaft ist systemrelevant“
Nächster ArtikelEin richtungsweisender Bauernherbst