„Wenn schon regional, dann aber richtig“, ist die Devise von Ulrike und Martin Puchegger in Hochwolkersdorf (NÖ). Dieses Motto setzen sie mit ihren Bioputen konsequent um – vom Stallbau über die Fütterung bis zur Vermarktung der Tiere.
Eva Riegler
Das „Land der 1000 Hügel“ wird die Bucklige Welt auch gerne genannt – und das zu Recht. Inmitten dieser sanften Hügel und Buckel, mit ihren breiten Talsohlen und runden Höhenrücken, liegt auf rund 625 Meter Seehöhe die 1000-Seelen-Gemeinde Hochwolkersdorf (Bezirk Wiener Neustadt). Die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe der Region sind eher kleinstrukturiert und werden vielfach bereits im Nebenerwerb geführt.
Auf der Suche nach dem zukünftigen Betriebszweig
„Für uns war klar, wenn wir den Betrieb übernehmen, werden wir ihn auch selber weiterführen“, erzählen Ulrike und Martin aus dem Jahr 2012, als sich Ulrikes Eltern entschlossen, den Betrieb zu übergeben. Mittelfristig sollte zumindest einer der beiden – Ulrike arbeitet als Umwelttechnikerin, Martin als Heizungstechniker – am Betrieb arbeiten können.
Dass eine entsprechende Wertschöpfung nur mit Tierhaltung zu erzielen wäre, waren sich Ulrike und Martin sicher. Nach ersten Versuchen mit Gänsen beziehungsweise Kaninchen fiel die Entscheidung der Jungbauern zu Gunsten der Bio-Putenmast. „Ganz einfach, weil das Angebot an Putenfleisch aus Österreich generell überschaubar ist und weil die Pute im Gegensatz zur Gans ganzjährig gefragt ist“, betonen die Beiden. Die Planungsphase mit regionalen Planern zog sich über drei Jahre: Ulrike und Martin Puchegger besuchten zahlreiche andere Betriebe und ließen sich von der Landwirtschaftskammer beraten.
Geplant war ein Stall für 2500 Puten, um einen Großabnehmer zu beliefern. „Wir sind extra nach Deutschland gefahren, um mit diesem die Zusammenarbeit zu besprechen“, erinnern sich die Beiden. Dort wurde ihnen ein Vertrag vorgelegt, den sie unterschreiben sollten. Für ihre Fragen fühlte sich niemand zuständig. „Das ist nicht unser Weg. Wir wollen nicht von einem einzigen Abnehmer abhängig sein“, waren sich Ulrike und Martin sofort einig. Sie wollten lieber die Vermarktung in die eigene Hand nehmen und damit eine bessere Wertschöpfung erzielen.
„Wir wollen nicht von einem Abnehmer abhängig sein“
„Wenn schon regional, dann aber richtig“, war für Ulrike und Martin die Devise. Für den Bau des „nun nur mehr für 500 Tiere ausgelegten“ Stalls wurden Firmen der Region beauftragt – von den Baggerarbeiten über den Holzbau bis hin zur technischen Ausstattung. Innerhalb eines halben Jahres wurde ein heimeliger Holzbau mit funktionaler, technischer Ausstattung errichtet, in dem sich die Tiere sichtlich wohlfühlen. Nur wenn es sehr kalt ist, bleiben die Tiere im Stall, ansonsten steht ihnen mit dem Wintergarten ein Scharrraum zur Verfügung. In den Sommer-Monaten haben sie zudem Zugang in den rund einen halben Hektar großen Auslauf mit Wiese und Wald.
Geheizt wird der Stall elektrisch mittels Infrarotpaneelen. Den Strom – für den gesamten Betrieb – liefert eine 30 KWp Photovoltaikanlage auf dem Dach des Gebäudes. Die im Stall angebrachten Kameras ermöglichen eine regelmäßige Kontrolle, auch aus der Entfernung. Bei technischen Störungen bekommt Martin Puchegger sofort eine SMS auf sein Handy.
Die Bio-Jungputen kommen im Alter von vier bis sechs Wochen auf den Betrieb. Sie werden mit einer Mischung von Fertigfutter und hofeigenem Getreide gemästet und sind nach rund drei Monaten schlachtreif. „Theoretisch wären so vier Umtriebe pro Jahr möglich“, erklärt Martin Puchegger. In der Praxis habe es sich aber bewährt, die Tiere etwas schwerer werden zu lassen, um größere Bruststücke – die begehrtesten Teile der Pute – zu erhalten. Die Schlachtung erfolgt bei kleineren Gruppen, von bis zu zwanzig Tieren, im hofeigenen Schlachtraum. Werden größere Mengen gebraucht, werden die Puten zu einem Bio-Lohnschlachtbetrieb, im angrenzenden Burgenland, gebracht. Zerlegt, verpackt und etikettiert wird wieder direkt am Hof. Mittlerweile wurde auch ein Gefrierraum eingerichtet, um ständig lieferbereit zu sein.
Verkauft werden die Puten an private Kundinnen und Kunden im eigenen kleinen Hofladen sowie mittels „Next Day Fresh“-Service der Post als Kühlversand österreichweit. Dazu werden auch Krankenhausküchen und die Gastronomie in der Region beliefert. Unterstützung in der Vermarktung gibt es auch durch die Mitgliedschaft im Verein „Sooo gut schmeckt die Bucklige Welt“, der die bäuerliche Direktvermarktung und die Gastronomie miteinander vernetzt. Infos dazu unter „www.buckligewelt.at/Kulinarik_Genuss“.
„Bei uns wird alles von der Pute verwertet“, ist Ulrike stolz. Krägen und Knochen werden als Suppenpakete vermarktet. Fleischabschnitte und Leber werden von einem Fleischer in der Region zu Wurst sowie Streichwurst verarbeitet und stehen ebenfalls zum Verkauf. „Die Tierhaltung braucht durch die moderne Stalltechnik wenig zeitlichen Einsatz von uns. Vielmehr ist die Direktvermarktung zur Hauptarbeit geworden“, weisen Ulrike und Martin auf erste Erfahrungen hin. Die Konsumenten sind durchaus bereit, für bessere Qualität auch einen höheren Preis zu bezahlen. „Und das können wir unseren Kunden direkt am Hof zeigen“, ist Familie Puchegger überzeugt.
„Nach einem Jahr haben wir bereits 400 Puten im Stall. Das hat unsere Erwartungen übertroffen“, ziehen Ulrike und Martin eine erste positive Bilanz ihrer Arbeit. Für die Zukunft ist geplant, Schritt für Schritt die volle Belegung von 500 Puten zu erreichen. Mittelfristig wollen die Beiden, anstelle der Jungputen, Putenküken einstellen und so noch mehr Wertschöpfung am Betrieb erzielen. Doch zuvor ist noch die Erneuerung des Hofladens geplant. Ulrike und Martin sind überzeugt: „Es gibt noch Weiterentwicklungsmöglichkeiten für unseren Betrieb. Diese müssen jedoch innovativ in die Tiefe gehen. Denn nur ,wachsen oder weichen‘ ist für uns keine Lösung.“
Betriebsspiegel Bioputen Puchegger
• Kontakt:
Ulrike und Martin Puchegger
Bauernhöfe 6, 2802 Hochwolkersdorf
Telefon: 0664/3956044 oder 0664/4311022
E-Mail: info@bioputen.at
Homepage: www.bioputen.at
• Öffnungszeiten:
Jeweils am ersten Samstag im Monat,
von 10 bis 16 Uhr.
Außerhalb der Öffnungszeiten und Betriebsführungen gerne auf Anfrage.
• Flächenausstattung:
Eigenbewirtschaftung: 8 Hektar Acker, 6 Hektar Grünland, 32 Hektar Wald,
verpachtet: 20 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche.
• Arbeitskräfte:
Ulrike und Martin Puchegger, Ulrikes Eltern und Tante sowie zusätzliche Helfer bei der Schlachtung, Zerlegung und Verpackung der Puten.
- Bildquellen -
- 05 04 51 52 18 NO: C Puchegger
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